Sutter, Otto Ernst 

Andere Namensformen:
  • Pseudonyme: Chronist; Erdgeist; Kalendermann; Landschreiber (von Liel); Hieronymus Distelzweig; Franz Xaver Fromherz; Leomontanus (Löwenberger); Balthasar Mooser; Nostradamus; Lambert Rebholz; Jodocus Vydt
Geburtsdatum/-ort: 02.07.1884;  Freiburg
Sterbedatum/-ort: 28.02.1970;  Gengenbach, beigesetzt 06.03.1970 Gengenbach
Beruf/Funktion:
  • Ingenieur, Journalist, Medienreporter
Kurzbiografie: 1890-1894 Volksschule Neustadt/Schw.
1894-1903 Berthold-Gymnasium Freiburg, mit Abitur
1903-1904 Militärdienst als Einjähriger Karlsruhe
1904-1909 Studium Ingenieurwissenschaften Karlsruhe
1909-1915 Korrespondent der FAZ Karlsruhe
1915-1931 Redakteur in der Hauptredaktion der FAZ Frankfurt
1919-1929 Geschäftsführer des Messeamtes (Frankfurter Ausstellungsgesellschaft)
1923 (19.02.) Senator e. h. der TH Karlsruhe
1926 Beauftragter für den Aufbau der Deutschen Abteilung der Internationalen Wasserbau-Ausstellung Basel
1927 Organisation der Internationalen Ausstellung „Musik im Leben der Völker“ Frankfurt
1931-1937 freischaffender Schriftsteller in Liel
1942-1970 Wohnsitz Gengenbach
1955 Mitwirkung bei der Organisation der Landesausstellung „Baden-Württemberg“ Stuttgart
1960 Organisation der Ausstellung „J. P. Hebel“ anläßlich des 200. Geburtstages Karlsruhe
1969 Ehrenbürger der Stadt Gengenbach
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1. 1910 Ilse, geb. Wolp
2. 1922? Beatrice, geb. Kottlar (gest. 1935)
3. 1941 Lina, geb. Carstens
Eltern: Vater: Ernst Sutter, Holzhändler
Mutter: Theresia, geb. Mayer
Geschwister: 1 Bruder, 2 Schwestern
Kinder: 1 Sohn, 2 Töchter
GND-ID: GND/117383007

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 360-362

Sutters starke Bindung an die Heimat des südlichen Schwarzwaldes war bereits durch das Elternhaus vorgegeben. Sein protestantischer Vater kam aus dem Markgräflerland, seine katholische Mutter aus dem Schwarzwald. Durch seine Eltern vereinigte er so in sich beide Ausprägungen und Traditionen des Alemannentums.
Seine Kindheit verbrachte Sutter in Neustadt, doch zum Besuch des Gymnasiums kam er wieder in seine Geburtsstadt Freiburg. Unmittelbar nach dem Abitur meldete er sich als Freiwilliger bei den Leibgrenadieren in Karlsruhe. An der dortigen Technischen Hochschule begann er danach ein Studium, das er 1909 mit dem Ingenieurdiplom abschloß.
Schon als Schüler und Student hatte Sutter seine besondere Liebe zur Schriftstellerei entdeckt. Daher ergriff er zunächst nicht einen technischen Beruf, wie es seine Ausbildung erwarten ließ, sondern wurde Korrespondent bei der „Frankfurter Allgemeinen“ in Karlsruhe. Einige Jahre später zog er nach Frankfurt, um dort bei derselben Zeitung die Stelle eines Redakteurs einzunehmen.
Für Sutters weiteren beruflichen Werdegang als Journalist blieb bestimmend, daß er auch die an der Hochschule erworbene akademische Qualifikation einfließen lassen konnte. Er galt als ein einfallsreicher Ingenieur, und daher betraute man ihn als Geschäftsführer des Frankfurter Messeamtes mit dem Aufbau einer Reihe bedeutender Ausstellungen. Selbst noch in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg war Sutters fachmännischer Rat für diesen Bereich wiederholt gefragt.
Sutters frühe Hinwendung zur journalistischen Betätigung lag wohl auch in seiner politischen Neigung begründet. Schon als Student in Karlsruhe war er 1905 zur Demokratischen Partei gestoßen, und nach 1918 bekannte er sich, entgegen vielen seiner Zeitgenossen, aus echter Überzeugung zur republikanischen Staatsform. Bis ins hohe Alter war er stolz darauf, daß ihm 1923 anläßlich der 75. Wiederkehr des Zusammentritts der Deutschen Nationalversammlung die Ehre zuteil geworden war, dem Reichspräsidenten voran im Festzug die schwarzrot-goldene Fahne zur Paulskirche tragen zu dürfen.
Obwohl Sutter in Frankfurt sein wirtschaftliches Auskommen hatte, verspürte er doch den inneren Wunsch, dem Getriebe der Großstadt zu entfliehen und sich in die Idylle der angestammten alemannischen Heimat zurückzuziehen. Zu einer schriftstellerisch überaus fruchtbaren Phase seines Lebens wurden die Jahre, die er an der Seite der Kammersängerin Lauer-Kottlar, mit der er in 2. Ehe verheiratet war, im Lieler Schlößchen verlebte. Dort hatte er sich dem Studium der badischen Geschichte, der Tier- und Pflanzenwelt des Markgräflerlandes gewidmet, und er schrieb nicht nur, sondern aquarellierte auch. Ausgedehnte Studien, Wanderungen und Naturbeobachtungen erschlossen ihm das Land, das ihm erst so im eigentlichen Sinn vertraut wurde. Schon damals bediente er sich gern der ihm eigenen Pseudonyme; sie entsprangen nicht einer augenblicklichen Laune, sondern waren Ausdruck seines vielseitigen schriftstellerischen Interesses. Er ist dieser Manier bis ins hohe Alter treu geblieben.
Der Tod seiner Frau (1935) veranlaßte ihn, den Lieler Wohnsitz aufzugeben, und nach einem Zwischenaufenthalt im Karlsruher Raum (Durlach, Grötzingen) fand er seit 1942 in Gengenbach auf Dauer eine neue Heimat.
Sutters Fähigkeit und Sachverstand waren unter den ganz anderen Gegebenheiten der Nachkriegszeit auch am neuen Wohnort gefragt. Daß dort schon am Beginn des Jahres 1947 die „Volkshochschule Vorderes Kinzigtal“ gegründet werden konnte, war zu einem guten Teil sein Verdienst; durch seine Vortragstätigkeit war er ihr zeitlebens verbunden geblieben. Ebenso geht auf seine Anregung die Einrichtung der Städtischen Bibliothek in Gengenbach zurück.
Zusammen mit Bürgermeister Schrempp und im Verein mit verständnisvollen Freunden trug Sutter entscheidend zum Erhalt des historischen Stadtbildes von Gengenbach bei. Und wie die Denkmalpflege fand auch der Heimatschutz in ihm einen mutigen und sachkundigen Vorkämpfer. Seiner Initiative ist die Wiederherstellung u. a. der alten Holzbrücke bei Forbach im oberen Murgtal sowie der Landschaft rund um den Mummelsee zu verdanken. Aus seiner Heimatliebe heraus war er auch ein wirksamer Förderer des Fremdenverkehrs und der badischen Gastlichkeit. Einige Jahre hat er das Fremdenverkehrsblatt „Schwarzwald-Bodensee“ redigiert und gleichzeitig zukunftsweisende Maßstäbe für diese Branche gesetzt.
Neben der Schriftstellerei war Sutter ganz besonders mit dem Rundfunk und Fernsehen verbunden. Er übernahm hier die Rolle des ehemaligen „Kalendermannes“ mit neuen originellen Mitteln. Seine Beiträge waren so lebendig und lebensnah, weil er immer, wenn auch bis zur einzelnen Pointe bestens vorbereitet, frei sprach. Als ein Meister des gesprochenen Wortes trat Sutter nie mit einem Manuskript vor das Mikrophon. Vor allem im Landesstudio Freiburg des SWF war er ein geschätzter Mitarbeiter, und im ZDF war er in den Sendereihen „Drehscheibe“ und „Mosaik“ regelmäßig vertreten. Gerade diese Reportagen haben ihn weithin bekannt gemacht und seine überregionale Popularität begründet.
Indessen blieb Sutter stets der ihm angeborenen Bescheidenheit treu; auf öffentliche Auszeichnungen legte er nur geringen Wert. Anläßlich seines 85. Geburtstages verlieh ihm die Stadt Gengenbach die Ehrenbürgerwürde. Bereits im nachfolgenden Winter starb er an den Folgen einer schweren Grippe.
Werke: Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums (GV); 1911-1965, Bd. 129, 434/35, München 1980; BbG, Bd. 9 (Register), 262, Stuttgart 1984; Schallplatte, Hg. SWF Landesstudio Freiburg, Guten Abend, Kalendermann. Radioplaudereien von Otto Ernst Sutter
Nachweis: Bildnachweise: Fotos StAF, Bildnissammlung. Otto Ernst Sutter-Brunnen Sulzburg (1976) von Ludwig Weber; Otto Ernst Sutter-Gedenkstein Mummelsee; Otto Ernst Sutter-Gedenktafel und Gedenkstube Gengenbach; Otto Ernst Sutter-Medaille der Stadt Gengenbach (seit 1984)

Literatur: N. N., Otto Ernst Sutter, in: Ortenauer Heimatblatt, 2. Jg., Nr. 7, 6/7, Offenburg 1959; W. Zentner, Otto Ernst Sutter 85 Jahre, in: Gengenbacher Blätter, hg. E. Schrempp, 2. Heft, 46-48, Gengenbach 1969; ders., Otto Ernst Sutter – 85 Jahre, in: Das Markgräflerland, Hg. AG Markgräflerland für Geschichte und Landeskunde, 31. Jg., 273. Heft, 75-77, Schopfheim 1969; F. Fischer, Ein Meister des Gesprächs, in: BZ, 25. Jg., Nr. 52, 11, Freiburg 1970; G. Imm, Der Rest ist Hoffen ... Otto Ernst Sutter zum Gedenken, in: Zwischen Murg und Kinzig. Heimatblätter des Badischen Tagblatts für Geschichte, Brauchtum, Wirtschaft, Kultur, Nr. 357, 1/2, Baden-Baden 1970; N. N., Otto Ernst Sutter, in: Jahrbuch für Geschichte der oberdeutschen Reichsstädte, Hg. AG für reichsstädtische Geschichtsforschung, Denkmalpflege und bürgerliche Bildung, 16. Bd., 292-295, Stuttgart 1970; R. Thieringer, Alemannisch-schwäbischer Nekrolog. Erinnerung an Otto Ernst Sutter, in: Baden-Württemberg. Südwestdeutsche Monatsschrift für Kultur, Wirtschaft und Reisen, 17. Jg., 778, Heft, 51, Rottweil 1970; W. Zentner, Otto Ernst Sutter zum Gedächtnis, in: Der Schwarzwald, Hg. Schwarzwaldverein, 2. Heft, 77, Freiburg 1970; R. Feger, Otto Ernst Sutter zum Gedächtnis, in: Ekkhart, 1971, 173-175; O. Kähni, In memoriam Otto Ernst Sutter, in: Die Ortenau, Hg. Historischer Verein für Mittelbaden, 51. Jg., 6/7, Offenburg 1971; F. Reiser, Otto Ernst Sutter. Traumgespräch mit einem Unvergessenen, in: Der Lichtgang, 24 (1974), 29-30; N. N., Das Bild des Kalendermannes am Oberrhein nachgezeichnet, in: BZ, 36. Jg. 1976, Nr. 195, 16; W. Heidenreich, Andenken an einen Hausfreund. Zum 100. Geburtstag von Otto Ernst Sutter, in: SWF-intern, Hg. Südwestfunk, Nr. 10, 22, Baden-Baden 1984; 100 Jahre Otto Ernst Sutter, in: Gengenbacher Blätter, hg. J. Eggs, 16 (1984), 1-41
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