Hecht, Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 13.01.1877;  Odenheim bei Bruchsal (heute Östringen)
Sterbedatum/-ort: 27.02.1969; New York
Beruf/Funktion:
  • Rheinschiffahrtsunternehmer, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1892 Mittlere Reife am Gymnasium Bruchsal
1892-97 kaufmännische Lehre und Angestellter bei der Zigarrenfabrik Gebrüder Mayer, Mannheim
1895-1903 in Firmen der Getreidespedition und der Rheinschiffahrt
1903 Übernahme der Schiffsagentur S. Rosenberg, Mannheim
1908 Gründer der „Rhenania Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft mbH“
1938 Erzwungenes Ausscheiden aus der „Rhenania“
1939 Emigration in die Schweiz und später nach USA
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr.
Verheiratet: 1904 Mannheim, Antonie, geb. Rosenberg (1880-1958)
Eltern: Vater: Simon Hecht, Lehrer
Mutter: Johanna, geb. Rosenberg
Kinder: 2 Töchter
GND-ID: GND/1012271013

Biografie: Karl Otto Watzinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 120-121

Im Jahre 1897 verließ Hecht die Zigarrenfabrik Mayer, um in ein Getreideagenturgeschäft in Mannheim und zwei Jahre später in eine Getreideimportfirma in Rotterdam einzutreten. Der plötzliche Tod seines Onkels rief ihn 1903 nach Mannheim zurück, wo er dessen Schiffsagentur übernahm. Bald erkannte er, daß sich eine Spedition ohne Schiffe und Speicher nicht entwickeln konnte. So gründete er 1908 die „Rhenania Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft mbH“ und errichtete die ersten Speicher mit elektrischen Kranen im Mannheimer Hafen. Da die Gesellschaft einen lebhaften Verkehr vom Hafen Ludwigshafen nach der Pfalz und der Schweiz unterhielt, nahm der bayerische Staat Verhandlungen mit ihr auf, um die Benutzung des Hafens Ludwigshafen durch die Gesellschaft sicherzustellen. Der Abschluß der Verhandlungen 1913 führte zu einer Beteiligung des Staates Bayern an der Gesellschaft. In demselben Jahr errichtete die „Rhenania“ in Straßburg einen Getreidespeicher mit Werfthalle und Kranen. Der Bedeutung der Gesellschaft entsprechend gehörte Hecht dem Vorstand des „Vereins zur Wahrung der Rheinschiffahrtsinteressen“ und dem „Zentralverband der deutschen Binnenschiffahrt“ an.
Der Erste Weltkrieg unterbrach die stetige Aufwärtsentwicklung und aufgrund des Versailler Vertrags mußte die Gesellschaft ihre Speicher in Straßburg und Schiffsraum an Frankreich abgeben. An den Verhandlungen, die darüber 1920/21 in Paris geführt wurden, nahm Hecht als deutscher Sachverständiger teil. Im Jahre 1920 wurde unter Leitung von Hechts Bruder in Basel eine neue Gesellschaft, die „Neptun Transport- und Schiffahrts AG“ errichtet. Nach der Inflation ging es wieder aufwärts, so daß neue Schiffe angeschafft und Speicheranlagen in vielen deutschen Häfen erbaut wurden. Mit der Basler Gesellschaft besaß der Konzern 50 Niederlassungen und war damit das größte Unternehmen seiner Branche in Europa.
Nach 1933 versuchte die Reichsgetreidestelle, das Ausscheiden von Hecht über seine Mitarbeiter zu erreichen, stieß dabei aber auf einhellige Ablehnung. Im Jahre 1934 wurde ein Abkommen zwischen der bayerischen Regierung und dem Unternehmen geschlossen, wonach der Anteil Bayerns erhöht und die jüdischen Anteile auf 40 % herabgesetzt wurden. So konnte Hecht noch bis zum Februar 1938 Generaldirektor seiner Gesellschaft bleiben. Nachdem bei den Pogromen vom 9./10. November 1938 auch seine Wohnung verwüstet worden war, blieb ihm nur die Emigration in die Schweiz übrig, wo er als Aufsichtsrat in die Gesellschaft seines Bruders eintrat. Im März 1941 wanderte er in die USA ein, wo seine beiden Töchter mit ihren Familien schon lebten. Es war ihm noch vergönnt, den Wiederaufstieg seines Unternehmens nach dem Zweiten Weltkrieg mitzuerleben und 1953 Ehrenmitglied des „Vereins zur Wahrung der Rheinschiffahrtsinteressen“ zu werden. Im Jahre 1956 wurde ihm das „Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland“ verliehen.
Werke: Die Entstehung des Rhenania-Konzerns. Die ersten dreißig Jahre, Heidelberg 1983.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Mannheim.

Literatur: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration, 1933, 1, 276; Gustav Jacob, H. Hecht, in: Mannh. Hefte 1957, Heft 1, 20 f.; Karl Otto Watzinger, Geschichte der Juden in Mannheim 1650-1945, 2. verbess. Aufl., 1987, 98-100.
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