Osthoff, Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 20.02.1879;  Heidelberg
Sterbedatum/-ort: 13.12.1918;  Seelbach/Schuttertal
Beruf/Funktion:
  • Landschafts- und Tiermaler
Kurzbiografie: 1895 Nach Abschluß der Realschule Lehre als technischer Zeichner in einer Maschinenfabrik, anschließend Eintritt in die Kasseler Kunstgewerbeschule zur Ausbildung als Zeichenlehrer. In Düsseldorf Fortsetzung der künstlerischen Ausbildung in den Ateliers der Tier- und Landschaftsmaler Carl Friedrich Deiker (1836-1892) und Christian Kröner (1838-1911). Zurückgekehrt nach Karlsruhe, Abschluß der Studien bei Julius Bergmann (1861-1940), ohne jedoch an der Akademie eingeschrieben zu sein
1903 Mietet in Karlsruhe ein Atelier. Mitglied des Karlsruher Künstlerbundes und der freien Künstlervereinigung Baden
1905 Nach Heirat Übersiedlung in das Schloß Augustenburg in Grötzingen bei Karlsruhe, Sitz der Künstlerfreunde Otto Fikentscher und Gustav Kampmann, wo er die Wohnung des nach Leipzig verzogenen Malers Franz Hein bezieht
1906 Verlust des rechten Auges durch Jagdunfall; Umzug in das nahe gelegene Berghausen, vorübergehende Anmietung der Villa des zwei Jahre zuvor verstorbenen Malers Carl Heinrich Hoff (1866-1904)
1909 Übersiedlung nach Seelbach/Schuttertal, wo er 1907 ein Grundstück erworben hatte. In den folgenden Jahren während der Sommermonate häufige Aufenthalte in Herrenwies, Moosbronn und Kaltenbronn
1915 Zum Zivildienst nach Konstanz eingezogen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1905 Honnef, Charlotte, geb. von Holleben (1882-1972)
Eltern: Vater: Hermann Osthoff, Prof. Dr., Indogermanist, seit 1878 ordentlicher Prof. an der Universität Heidelberg
Mutter: Emilie, geb. Weeren
Geschwister: 2 Schwestern: Cornelie und Gertrud
Kinder: 2 Töchter:
Waldtraut, verheiratete Pfrommer (1906-1978)
Rose (geb. 1909)
GND-ID: GND/1012292355

Biografie: Rudolf Theilmann (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 209-211

Im Gegensatz zu den Künstlern der Grötzinger Malerkolonie, denen er freundschaftlich verbunden war, hatte der Tier- und Landschaftsmaler Osthoff kein akademisches Studium absolviert. Aber enge Kontakte mit den Ateliers von Carl Friedrich Deiker und Christian Kröner in Düsseldorf sowie von Julius Bergmann in Karlsruhe – sie zählten zu den angesehensten Tiermalern in Deutschland – ermöglichten ihm dennoch eine solide Ausbildung. Die gerade von diesen Künstlern meisterhaft beherrschte Verbindung von Landschaft und Tierstaffage war das sichere Fundament, auf dem sich seine eigene Malerei konstant entwickeln konnte. Waren zu Beginn seiner Laufbahn der Teutoburger Wald und das hessische Bergland die bevorzugten Studienziele, so richtete er nach der 1909 erfolgten Übersiedlung nach Seelbach sein Augenmerk auf das malerische Umland des Schuttertals wie auch auf die nahe gelegenen Höhenzüge des Schwarzwalds.
Die zeitweilig enge Verbindung zum Kreis der Grötzinger Malerkolonie machte ihn mit den differenzierten ästhetischen Vorstellungen und den daraus resultierenden unterschiedlichen Arbeitsmethoden dieser Künstlergruppe vertraut. Osthoffs aufmerksame Beobachtung der Natur in ihren mannigfachen Erscheinungsformen, sein lebhaftes Interesse für jahres- und tageszeitlich bedingte Stimmungswechsel brachte ihn zwangsläufig mit dem verwandten Landschaftsideal der Grötzinger Freunde in Berührung, deren dominierender Einfluß seinem Schaffen fortan die Richtung wies. Vor allem Carl Bieses Vorliebe für die besonderen malerischen Qualitäten einer winterlichen Szenerie müssen Osthoff beeindruckt und ihn in seinem Hang zur Darstellung des schneebedeckten Landes bestärkt haben, wenngleich er in einem Brief an Hans Richard von Volkmann (1860-1927) vom 1. Februar 1908 gerade auf diese Neigung mit ausgesprochener Lustlosigkeit und Selbstironie reagierte: „Ein größeres Schneebild hab ich gemalt. Aber diese Weißbinderei verleidet einem doch auf die Dauer, besonders jetzt, wo das Herz nach dem Frühling schreit. Man muß so viel an kalte Füße denken dabei. Und zu guter letzt ist so ein weißer Fladen kaum noch zu hängen und wandert über die Türen.“ Aber auch die Tierbilder Otto Fikentschers waren für den leidenschaftlichen Jäger Osthoff ein wichtiger Ansporn zur Beschäftigung mit dieser Thematik. Aber im Gegensatz zu Fikentscher ist in seinem Oeuvre die reine, staffagelose Landschaft von weit größerer Bedeutung.
Bei aller Naturtreue und Gewissenhaftigkeit malte Osthoff jedoch keine photographisch getreuen Abbilder. Vielmehr war er immer bestrebt, im Geiste Bieses oder Gustav Kampmanns die geographischen Eigentümlichkeiten einer Landschaft, ihr spezifisches Erscheinungsbild, zu formen. Die in einem Schreiben vom 21. Juli 1906 an Hans Richard von Volkmann enthaltene kurze Würdigung des Malers Karl Küstner (1861-1934) beschreibt auch den Standort seines eigenen künstlerischen Selbstverständnisses: „Küstner malt eben nicht die Natur irgendwo ab, sondern aus ihrer unendlichen Fülle holt er sich Töne hervor, die er braucht, um die Klänge seines Innern in schöne Sichtbarkeit umzusetzen.“ Auf langen Wanderungen lernte Osthoff die Physiognomie seiner Umwelt mit all ihren formalen Ausprägungen und koloristischen Besonderheiten kennen. Als passionierter Beobachter der Tierwelt war er in Geduld und Ausdauer geübt. Und diese eindringlichen Studien eines bestimmten Landschaftscharakters waren die Voraussetzung für sein Schaffen.
Aus der intimen Kenntnis der vom Motiv vorgegebenen Grundstrukturen konzipierte er seine überlegt geordneten, von zufälligem Beiwerk unbelasteten Ansichten. Osthoff registrierte Geschautes nicht prosaisch-nüchtern, sondern übersetzte einfühlsam die Poesie und Stimmung eines Landstrichs. Ein herausragendes Beispiel seiner Kunst ist das 1909 entstandene Gemälde „Seelbach bei Tauwetter“. Über verschneite Felder und gegenläufige Höhenzüge lenkt das dunkle Band der diagonal geführten Häuserkette den Blick in die Weite der Winterlandschaft zu den blaugrauen Bergen im Hintergrund. Die glückliche Wahl des Bildausschnitts mit den die Tiefe in verschiedenen Etappen erschließenden Raumschrägen beweist eine stupende Sicherheit im Umgang mit den künstlerischen Mitteln und zeigt Osthoff im Vollbesitz seiner Schaffenskraft. Der formal überzeugenden kraftvollen Komposition entspricht das sparsame, auf den Dreiklang Weiß-Braun-Blau reduzierte Kolorit, das das Thema der Schneeschmelze auf ästhetisch hohem Niveau behandelt. Die Beschäftigung mit Licht, Luft und Atmosphäre spielt im Werk des Künstlers eine wichtige Rolle, Bildtitel wie „Morgenstimmung“, „Augusttag“, „Im Nebel“, „Abend im Hochmoor“, „Trüber Tag“, „Sonnenflecken im Buchenwald“, „Sommertag unter der Brücke“ oder „Schneeverhangen“ belegen die immer wiederkehrende Auseinandersetzung mit vergleichbaren Vorwürfen. Als Osthoff knapp vierzigjährig 1918 verstarb, kondolierte der greise Hans Thoma seiner Witwe mit den Worten: „Ich habe den Verewigten als hochbegabten eigenartigen Künstler hochgeschätzt. – Sein Tod ist ein Verlust für die Kunst.“
Werke: Osthoffs malerisches und zeichnerisches Œuvre zum überwiegenden Teil im Besitz seiner Nachkommen, einige Bilder in privaten Sammlungen. Für die von B. G. Teubner und R. Voigtländer in Leipzig verlegte Lithographienfolge „Künstlerischer Wandschmuck für Haus und Schule“ (die sog. „Künstler-Steinzeichnungen“) lieferte Osthoff einen Entwurf.
Nachweis: Bildnachweise: Akat. Seelbach 1979.

Literatur: Beringer-Theilmann 189/190, 265 (mit weiteren Literaturangaben); Seelbach im Schuttertal. Marktflecken und Luftkurort im Geroldseckerland, Schriftleitung und Gestaltung G. Finkbeiner, Freiburg i. Br. 1979, 339/340 (Beitrag von F. Singler); Akat. H.-Osthoff-Gedächtnisausstellung, Gemeinde Seelbach, 1979; Lahrer Zeitung, 22. 9., 24. 9., 25. 9. 1979; Lahrer Anzeiger, 22. 9., 25. 9. 1979.
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