Siegfried, Helene 

Geburtsdatum/-ort: 18.05.1867;  Lörrach
Sterbedatum/-ort: 27.06.1966;  Rothaus-Grafenhausen
Beruf/Funktion:
  • Konzertsängerin
Kurzbiografie: 1912 Bau des „Hüsli“ in Rothaus-Grafenhausen; heute Schwarzwaldmuseum
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1890 Walter Siegfried, Schweizer Schriftsteller
Eltern: Vater: Albert Aichele, Fabrikant
Mutter: Maria, geb. vom Hove
Geschwister: 3
Kinder: 1 Tochter
GND-ID: GND/1012363503

Biografie: Berthold Hänel (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 1 (1982), 250

Die dem Lörracher Fabrikantengeschlecht Entstammende, an das noch heute die im Zentrum der Stadt in einem weitläufigen Park gelegene Villa Aichele erinnert, wurde, wie es einem Mädchen ihres Standes entsprach, sorgfältig erzogen; doch schon bald, nach einigen Jahren Volksschule, verließ sie ihre Geburtsstadt. Sie heiratete 1890 in Partenkirchen den Schweizer Schriftsteller Walter Siegfried. Um die Jahrhundertwende zog das Paar nach Berlin, und hier erlebte Siegfried dann ihre hohe Zeit. Sie ließ sich musikalisch ausbilden und wurde bald eine gefeierte Konzertsängerin. Das Sammeln von Antiquitäten bereitete ihr große Freude, und so stattete sie ihre geräumige Berliner Wohnung mit vielen kostbaren Stücken aus. Schon bald galt dieses Domizil als ein geistiges und kulturelles Zentrum, in dem bekannte Künstler ein- und ausgingen. Franz von Lenbach malte ihr Porträt, den großen Geiger Joachim kannte sie ebenso wie den Tenor Caruso, und auch der Komponist Richard Strauß und der Maler Arnold Böcklin zählten zu ihrem Bekanntenkreis. Neben der Musik gehörte Siegfrieds besondere Liebe der Literatur; selbst schriftstellerisch tätig, erschienen mehrere Bücher von ihr; am bekanntesten wurden die Bände „Goethe als Begleiter“, „Einkehr bei Gottfried Keller“ sowie „Weisheit und Schönheit der Bibel-Themen“.
Die hochgebildete und kunstverständige Frau weilte schon vor dem Ersten Weltkrieg öfters im Schwarzwald, und 1911 faßte sie den Entschluß, sich in Rothaus-Grafenhausen einen Sommersitz zu errichten. Ihr „Hüsli“, wie sie es nannte, 1912 erbaut, wurde nun eine Stätte ganz besonderer Art. Sie suchte fast alle Bauernhäuser in der näheren und weiteren Umgebung auf und sammelte dabei nicht nur dörfliche Kunstgegenstände, sondern auch alte Treppen, Geländer, Türen und Möbel, so daß schließlich das Gebäude zusammen mit seiner Einrichtung sich als ein echtes, altes Schwarzwaldhaus, entpuppte. Die kostbaren Sammlungen bilden noch heute einen Schatz seltener Schwarzwälder Volkskunst, der seinesgleichen sucht. Im zweiten Weltkrieg verlor Siegfried ihre gesamte Habe in Berlin. So zog sie sich ganz auf ihr idyllisch gelegenes Domizil in Rothaus zurück. Um diese einmalige Sammlung der engeren Heimat zu erhalten, entschloß sich 1958 der damalige Kreistag des Landkreises Hochschwarzwald auf Betreiben von Landrat Mallebrein hin, das „Hüsli“ mit all seinen Schätzen zu erwerben und es nach dem Tod von Siegfried als Schwarzwaldmuseum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Besitzerin stimmte dieser Regelung zu. Sie konnte sich allerdings noch lange ihres Besitztums erfreuen; zwar nahezu blind, doch geistig von einer außerordentlichen Beweglichkeit bis zu ihrem Tod erreichte sie ein Alter von 99 Jahren. Mit dem „Hüsli“ hat sie sich ein Denkmal gesetzt.
Nachweis: Bildnachweise: Villa Aichele, Lörrach (farbige Porträtstudie).

Literatur: Das Hüsli in Rothaus-Grafenhausen, eine Sammlung Schwarzwälder Volkskunst, herausgegeben vom Landkreis Hochschwarzwald, 1959.
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