Walter, Felix 

Geburtsdatum/-ort: 19.09.1890;  Ludwigsburg
Sterbedatum/-ort: 17.02.1949;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Justizbeamter, Ministerialrat, MdL Württemberg-Baden, Mitglied des Parlamentarischen Rats
Kurzbiografie: 1908 Abitur, anschließend Studium der Rechts- und Staatswiss. in Tübingen und Berlin
1913 1. jur. Staatsexamen
1917 2. jur. Staatsexamen
1917–1919 Amtsrichter und Hilfsanwalt Stuttgart, Ulm
1919–1933 württ. Justizministerium (1929 Oberregierungsrat)
1919 Mitglied der Zentrumspartei
1922 Vorsitzender der Zentrumspartei Stuttgart/West
1924–1933 von Groß-Stuttgart
1933–1945 Landgerichtsrat Stuttgart
1945 Mitgründer der CSVP (CDU)
1945 Justizministerium Stuttgart, 1946 Ministerialrat
1946 Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung Württemberg-Baden (Wahlkreis Aalen-Neresheim)
1946–1949 MdL
1948–1949 Mitglied des Parlamentarischen Rats
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 31.1.1919 Maria, geb. Emer
Eltern: Vater: Karl Ludwig Walter (29.11.1858–28.5.1930), Landgerichtsdirektor, 1906–1918 MdL Württemberg, 1919–1920 VLV Württemberg, 1920–1924 MdL (Zentrum)
Mutter: Mina, geb. Sienz
Geschwister: 2: Maria; Alfons
Kinder: 3: Felizitas Marie Anne (* 3.11.1919); Karl Rudolf (19.6.1924–1944); Kuno (* 1.3.1928)
GND-ID: GND/101237016X

Biografie: Günter Buchstab (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 298-300

Walter zählte zu den fünf Vertretern des Landes Württemberg-Baden, die der Landtag in den Parlamentarischen Rat entsandte. Sein unerwartet früher Tod am 17. Februar 1949 verhinderte, dass er die Abschlussberatungen des Parlamentarischen Rats und die Unterzeichnung des Grundgesetzes noch miterleben konnte.
Geboren wurde Walter am 19. September 1890 in Ludwigsburg, wo sein Vater Karl Ludwig als Richter am Amtsgericht tätig war. 1901 ans Landgericht Ellwangen versetzt, wirkte dieser dort von 1919 bis zu seiner Pensionierung 1926 als dessen Direktor. In Ellwangen legte Walter 1908 das Abitur ab; anschließend studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und Berlin. Sein Studium beendete er 1913 mit dem ersten Staatsexamen. Nach dem zweiten Examen arbeitete er als Amtsrichter und Hilfsanwalt in Stuttgart, nach Ende des Ersten Weltkriegs kurzzeitig als Hilfsanwalt in Ulm. Im November 1919 verließ er den Justizdienst und wechselte als Oberregierungsassessor in das württembergische Justizministerium. 1929 wurde er zum Oberregierungsrat befördert.
Schon im Elternhaus war er mit der Politik in Berührung gekommen, nachdem sein Vater 1906 als Vertreter der Zentrumspartei in den württembergischen Landtag gewählt worden war. Als Student trat Walter wie sein Vater der katholischen Verbindung Alamannia bei und kam dadurch in Kontakt zu den bedeutenden Politikern der Weimarer Republik und Nachkriegsdeutschlands wie Josef Beyerle, Lorenz Bock, dem Anfang 1945 hingerichteten Eugen Bolz, Gebhard Müller und Kurt Georg Kiesinger. Auch schloss er sich dem Windthorstbund an, dem Jugendverband des Zentrums; dem Zentrum trat er 1919 bei. Bereits 1922 wurde er Vorsitzender des Parteibezirks Stuttgart/West, 1924 von Groß-Stuttgart. Vergeblich kandidierte er zwischen 1924 und 1932 immer wieder für den württembergischen Landtag, hatte aber in Stuttgart, einer Hochburg von SPD und DVP, keine realistische Aussicht auf ein Mandat.
Aufgrund seines politischen Engagements in der Weimarer Republik verwundert nicht, dass Walter 1933 zu einem Opfer der nationalsozialistischen „Säuberungen“ des Beamtenapparats wurde. Vermutlich der Intervention des Rottenburger Bischofs Johann Baptista Sproll hatte er zu verdanken, dass er nicht seine berufliche Existenz verlor, sondern nur an das Landgericht Stuttgart versetzt wurde, wo er bis Kriegsende als Landgerichtsrat amtierte.
Nach Kriegsende holte ihn Justizminister Josef Beyerle wieder in die Verwaltung zurück und ernannte ihn zum Ministerialrat und Kanzleidirektor im Justizministerium des neugeschaffenen Landes Württemberg-Baden. An den Gesprächen zur Neugründung der CDU war Walter anders als sein Mentor nicht von Anfang an beteiligt. Zunächst hatte er sogar für die Wiedergründung der Zentrumspartei plädiert, bevor er dann – wohl unter dem Einfluss Beyerles – doch die CSVP, die spätere CDU, mitgründete. Sein Wiedereintritt in die Politik war damit vorgezeichnet.
Als Sachverständiger der Regierung bereitete er den Verfassungsentwurf von Württemberg-Baden mit vor; der Verfassunggebenden Landesversammlung von 1946 gehörte er als Vertreter des Wahlkreises Aalen-Ellwangen-Neresheim an. Für seine Partei wurde er in den Wahlprüfungs- sowie in den Verfassungsausschuss gewählt, in dem er den stellvertretenden Vorsitz übernahm. Nach den Erfahrungen mit dem Dritten Reich drängte er auf eine Präambel in der künftigen Verfassung, in der „auf Gott als die ewige Quelle des Rechts und des Hüters des Rechts“ Bezug genommen werden müsse. Aufgrund der kirchenfeindlichen und antichristlichen Politik der Nationalsozialisten, der er auch persönlich ausgesetzt gewesen war, weil er seine drei Kinder auf Konfessionsschulen geschickt hatte, und nicht zuletzt aufgrund seiner politischen Arbeit in der Zentrumspartei, die immer für diese Schulform gekämpft hatte, gehörte er zu den vehementen Befürwortern der Konfessionsschule sowie einer „freien, verantwortungsbewussten Zusammenarbeit von Staat und Kirche“. Auch setzte er sich für einen Senat ein, dessen Mitglieder nach seiner Vorstellung aus dem Landtag, in ihrer Mehrzahl aber aus Repräsentanten der gesellschaftlichen Gruppen rekrutiert werden sollten. In der Gesetzgebung sollte der Senat ähnliche Funktionen wie der Reichsrat in der Weimarer Republik erhalten.
Mit derartigen Vorstellungen konnten sich Walter und seine Partei aber nicht durchsetzen. Dennoch stimmte auch er für die neue Verfassung, bedauerte aber, dass „auf dem Gebiet des Schul- und Erziehungswesens die berechtigten Forderungen des christlichen Volkes nicht in genügendem Umfang erfüllt worden“ seien.
Nach der Landtagswahl vom 24. November 1946 war er als Landtagspräsident im Gespräch, doch beharrte seine Fraktion auf dem ehemaligen Wirtschaftsminister Josef Andre, der allerdings gegen Wilhelm Keil (SPD) bei der Wahl unterlag. So wurde er Mitglied im Entnazifizierungsausschuss, in dem er eine scharfe Bestrafung der Hauptschuldigen und wirklich belasteten Personen forderte, sowie im Rechts-, Finanz- und Verwaltungsausschuss, blieb aber gleichzeitig Beamter im Justizministerium. Mit Arbeit war er also bereits reichlich eingedeckt, als er am 13. August 1948 in den Parlamentarischen Rat gewählt wurde. Die CDU/CSU-Fraktion entsandte ihn in den kombinierten Ausschuss für die Organisation des Bundes, Verfassungsgerichtshof und Rechtspflege, in den Ausschuss für Wahlrechtsfragen, in dem er Schriftführer wurde, und als stellvertretendes Mitglied in den Hauptausschuss, der eine zentrale Bedeutung bei den Beratungen einnahm.
An den Sitzungen des Hauptausschusses nahm er anfangs fast regelmäßig teil und bezog zu vielen, höchst unterschiedlichen Beratungskomplexen Stellung. In der Regel waren seine Wortbeiträge recht kurz, wobei es ihm vor allem um juristische Klärungen oder die sprachliche Glättung der für einzelne Artikel vorgesehenen Formulierungen ging. Nicht selten intervenierte er, wenn der Redaktionsausschuss nicht nur in die Textvorlagen der Fachausschüsse sprachlich eingegriffen, sondern sie auch inhaltlich verändert hatte. Damit hatte er häufig Erfolg. Ausführlicher äußerte er sich zu Fragen des zukünftigen politischen Staatsaufbaus, wobei er immer wieder die Schatten der Weimarer Republik beschwor und dazu aufrief, Regelungen zu schaffen, die eine vergleichbare demokratische Instabilität von vornherein ausschlossen und die neue Verfassung und den zu schaffenden Staat „diktaturfest“ machen sollten.
Mit Nachdruck bestand er deshalb auf einer Reduzierung des Einflusses des Bundespräsidenten, einer starken Stellung des Kanzlers und seiner Regierung gegenüber dem Parlament, der Schaffung einer kompetenzstarken Zweiten Kammer neben dem Bundestag, eines Mehrheiten fördernden Wahlrechts und der Verankerung des Elternrechts.
Zwar waren die meisten seiner Vorstellungen im Grundsatz unumstritten, er vermochte aber nur in wenigen Fällen, seine Formulierungsvorschläge durchzusetzen. Dies lag nicht nur an seiner schwäbischen Zurückhaltung und seiner Kompromissbereitschaft, sondern auch daran, dass die Vertreter der CDU/CSU-Fraktion nicht immer mit einer Stimme sprachen, so dass sie sich gegen die Phalanx der anderen Parteien nicht zu behaupten vermochten.
Im Organisationsausschuss plädierte er aufgrund eines Fraktionsbeschlusses zunächst für einen Vorschlag für den späteren Grundgesetz-Artikel 38, der jede Art von Fraktionszwang für die Abgeordneten ausschloss. In der Diskussion ließ er sich dann aber auf die schwächere Formulierung ein, dass ein Abgeordneter nicht an „Aufträge und Weisungen“ gebunden sein dürfe.
So unterlag er auch mit dem Antrag der CDU/CSU, dass das künftige Bundesparlament der Regierung nur insgesamt das Vertrauen entziehen konnte. Die von ihm im Organisationsausschuss vorgelegte Fassung eines konstruktiven Misstrauensvotums, die weitgehend aus der württembergisch-badischen Verfassung übernommen war, wurde nicht akzeptiert. Auch mit seinen Vorstellungen über ein Mehrheitswahlrecht hatte er keinen Erfolg. An den abschließenden Beratungen, bei denen das Modell eines personalisierten Verhältniswahlrechts gegen die Stimmen der CDU/CSU verabschiedet wurde, konnte er nicht mehr mitwirken. Tatsächlich scheiterte der Wahlrechtsartikel an der Ablehnung der Militärgouverneure, die dann den Ministerpräsidenten den Auftrag zur Ausarbeitung eines einheitlichen Wahlgesetzes gaben.
Auch die Ausgestaltung einer Länderkammer war innerhalb der CDU/CSU-Fraktion umstritten. Sie schwankte zwischen einer Senats- und Bundesratslösung. Walter war stets für einen kompetenzstarken Bundesrat eingetreten, dessen Mitglieder auf Vorschlag der Länderregierungen von den Landtagen gewählt werden sollten. Während sich die süddeutschen Unionsvertreter mit dieser Lösung identifizierten, setzen sich die meisten nord- und westdeutschen CDU-Abgeordneten zwar ebenfalls für einen Bundesrat ein, allerdings mit geringeren Kompetenzen als der Bundestag. Walter plädierte auch für die Beteiligung der Länderkammer an der Wahl des Bundespräsidenten in einem „Nationalkonvent“, konnte sich aber auch in diesem Punkt nicht durchsetzen. Großes Gewicht legte Walter auch auf die Landesfinanzverwaltung, d. h. bedeutendere Kompetenzen der Länder gegenüber dem Bund, so dass er – vor allem in Bayern – zu den überzeugten Föderalisten gerechnet wurde.
Ein besonderes Anliegen war ihm schließlich die Verankerung des Elternrechts im Grundgesetz, was in der württembergisch-badischen Verfassung nicht gelungen war. Er stieß aber wie in der Beratenden Landesversammlung in Stuttgart auch in Bonn nicht auf Gegenliebe der anderen Fraktionen.
Walter zählte sicher nicht zu den hervorgehobenen Persönlichkeiten des Parlamentarischen Rats; seiner Bedeutung würde man aber nicht gerecht, wenn man ihn als „Hinterbänkler“ bezeichnen würde. Er wirkte an den Beratungen mit der ihm eigenen Sachkunde mit, die er als Mitglied der Verfassunggebenden Versammlung für die Verfassung von Württemberg-Baden bereits gezeigt hatte. Der Präsident des Parlamentarischen Rats, Konrad Adenauer, würdigte ihn am 24. Februar 1949 mit den Worten: „Er ist uns allen lieb geworden durch seinen Pflichteifer, seine Zuverlässigkeit, seine Ausgeglichenheit und seine starke Hilfsbereitschaft.“
Quellen: ACDP.

Literatur: Frank Raberg, Felix Walter (1890 – 1949), in: Ellwanger Jb. 1997 – 1998, Band XXXVII, 152–163; Günter Buchstab, Felix Walter (1890 – 1949), in: In Verantwortung vor Gott und den Menschen. Christliche Demokraten im Parlamentarischen Rat 1948/49, 2008, 365–373.
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