Häußler, Johannes 

Andere Namensformen:
  • Taufname: Johann Nepomuk
Geburtsdatum/-ort: 24.11.1879;  Arnegg
Sterbedatum/-ort: 16.09.1949;  Neckarsulm
Beruf/Funktion:
  • Bürgermeister von Neckarsulm
Kurzbiografie: 1894 Lehrerausbildung bis zur Aspirantenprüfung an der Präparandenanstalt in Saulgau, dann jedoch Eintritt in die Verwaltungslaufbahn zunächst als Gehilfe im Gemeindedienst
1901 Verwaltungsprüfung (als Externer); dann als Assistent in Steinbach (bei Schwäbisch Hall), zugleich selbständiger Gehilfe des Bezirksnotars und Assistent der Ortsarmenbehörde in Schwäbisch Hall
1903 Eintritt in die Zentrumspartei
1904 Übertritt in den Staatsdienst, zunächst als Assistent im Oberamt Göppingen
1906 Oberamtssekretär in Ravensburg
1913 Wahl zum Schultheiß von Neckarsulm
1917 Mitbegründer der Heimstättengenossenschaft Neckarsulm
1923 Wiederwahl zum Schultheiß (Amtsbezeichnung seit 1930: Bürgermeister)
1928 Aufnahme in den Aufsichtsrat der NSU Werke
1933 Verbleib im Amt, jedoch Verlust aller Nebenämter
1941 Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen
1945 Wiedereinsetzung als Bürgermeister, jedoch im September wieder seines Amtes enthoben
1946 Wiedereinsetzung als Bürgermeister nach einstimmiger Wahl durch den Gemeinderat; Wahl in den Kreistag
1948 Wiederwahl zum Bürgermeister
1949 Eintritt in den Ruhestand und Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Neckarsulm
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Mitgliedschaften: Mitgliedschaften: Mitglied im Aufsichtsrat der NSU Werke (1928–1949), der Weingärtnergenossenschaft und der Heimstättengenossenschaft; Geschäftsführer des Schwäbischen Siedlungsvereins; Mitglied in Ausschüssen des Innen- und Finanzministeriums; Kreisobmann des Landkreises Heilbronn; Vorstandsmitglied des Württ. Gemeindetags; Mitglied des Bezirksrats sowie in Amtsversammlung, Kreisrat und Kreistag. Häußler wirkte auch in der katholischen Diözesanverwaltung mit.
Verheiratet: 1. 15.10.1907 (Steinbach) Antonie Kreszentia, geb. Merkle (* 15.6.1882, † 5.4.1938) aus Neckarsulm
2. 1.3.1941 (Neckarsulm) Beata Franziska, geb. Merkle (Schwester von 1)
Eltern: Vater: Franz Xaver Häußler (* 2.7.1854, † 31.10.1908), Sattler und Schultheiß von Arnegg
Mutter: Maria Anna, geb. Gertis (* 24.5.1858, † 30.5.1893), Hausfrau
Geschwister: 11: Franz Hugo (1878–1947); Franziska (1881–1959); Joseph (* 1883); Maria Anna (1884–1963); Elisabetha (1885–1933); Genovefa (1887–1922); Joseph (* 1888); Paulina (1889–1969); Franz Xaver (1890–1977); Ottilia (1891–1973); N. N. (* 1893)
Kinder: 3: Hugo (1910–1974); Dr. Alfred Anton (* 1917); Maria Johanna (1919-1981)
GND-ID: GND/1012403696

Biografie: Barbara Löslein (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 103-104

Häußler entstammte einer Familie, die in seinem Geburtsort Arnegg seit zwei Generationen den Schultheißen stellte. Zwar begann er auf Wunsch der Mutter zunächst die Ausbildung zum Lehrer, brach diese jedoch ab und wandte sich dem Verwaltungsdienst zu. Militärdienst hatte er nicht zu leisten, da er wegen eines angeborenen Herzfehlers untauglich war. Seine Ausbildung begann er als Ortsvorstehergehilfe und bereitete sich daneben autodidaktisch auf die Staatsprüfung vor. Nach verschiedenen Stationen u. a. als Oberamtssekretär in Ravensburg wurde er 1913 zum Schultheiß von Neckarsulm gewählt. Häußler trat sein Amt in schwieriger Zeit an, seine Pläne ließen sich zunächst wegen des bald ausbrechenden Ersten Weltkriegs nicht umsetzen. Nach Kriegsende bewirkte Häußler trotz oft widriger Umstände große Fortschritte: so im Bereich der städtischen Infrastruktur (z. B. Bau der Stadtkanalisation, Gas- und Wasserversorgung, Bau der Karlsschule), im Wohnungsbau, in der Landwirtschaft (Sulmkorrektur) sowie im Verkehr (Straßenbau, Förderung des Neckarkanalbaus). Er trieb zudem die Schaffung eines zusammenhängenden Industriegeländes voran, was der ortsansässigen Industrie zugute kam – vor allem den in den 1920er Jahren in die Krise geratenen NSU-Werken. Das Ergebnis seiner Wiederwahl 1923 (1371 von 1374 Stimmen) zeigt, wie sehr Häußler von der überwiegend katholischen Bevölkerung geschätzt wurde. Über die Stadt hinaus war er als hervorragender Verwaltungsbeamter bekannt und in zahlreichen Gremien tätig. Das Oberamt urteilte 1920 über Häußler: „ein ausgezeichneter Beamter von großem Fleiß, hervorragender Gewandtheit und bedeutender Erfahrung … sein Auftreten befähigt ihn zu höheren Stellen im Staatsdienst“.
Seine Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat war über alle Parteigrenzen hinweg vertrauensvoll. Dies änderte sich mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft 1933, die die Zusammensetzung des Gemeinderats zugunsten der NSDAP stark veränderte. Der dem Zentrum angehörende, gläubige Katholik Häußler verblieb im Amt, da sich die entzweite örtliche NSDAP nicht auf einen Kandidaten einigen konnte und man auf den erfahrenen Verwaltungsfachmann, der über einen großen Rückhalt in der Bevölkerung verfügte, nicht verzichten wollte. Häußler verlor jedoch alle öffentlichen Nebenämter (z. B. im Kreistag und in der Bürgermeistervereinigung des Landkreises) und wurde – obwohl Bürgermeister der größten Landkreiskommune – nicht in den Kreisausschuss des Landkreises berufen. Seine Amtszeit bis 1941 war geprägt von ständigen Auseinandersetzungen mit der NSDAP bzw. deren Ratsherren, die von Hetzkampagnen in der Zeitung bis zum tätlichen Angriff und der drohenden Verhaftung durch die Gestapo reichten. Von Oktober 1934 bis Mai 1935 amtierte Häußler allerdings ohne den Gemeinderat, der wegen Differenzen zurückgetreten war. Es gelang Häußler, die Aufhebung der konfessionellen Kleinkinderschulen zu verhindern, ebenso konnte er den Einsatz von NSV-Schwestern („braunen Schwestern“) in diesen und im Krankenhaus abwenden.
Unter den Belastungen seines Amtes verschlechterte sich sein Gesundheitszustand, so dass er 1938 – allerdings vergeblich – um seine Entlassung bat. 1941 wurde sein Zustand lebensbedrohlich, diesmal gab man seinem Gesuch statt. „Gesiegt hat, der alles ertrug. Ich habe in diesen 27 Jahren auch vieles, manchmal auch alles ertragen, viel mehr als ich mag sagen“ – so Häußler in seiner Abschiedsrede 1941. Ab 1942 stellte er sich der Stadtverwaltung wegen des Personalnotstands jedoch ehrenamtlich wieder für Aufgaben im Bereich des Finanzwesens als Verwaltungsbeamter zur Verfügung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte man Häußler im Juni 1945 wieder in sein Amt ein, das er – abgesehen von einer halbjährigen Amtsenthebung durch die Militärregierung – bis zu seinem Tod im Jahr 1949 versah. Häußlers Hauptaugenmerk galt nun dem Wiederaufbau der am 1. März 1945 durch Bomben zerstörten Stadt und der Beseitigung der Wohnungsnot. Er sah seine Aufgabe jedoch nicht nur im äußerlichen Wiederaufbau, ebensosehr lag ihm der „innere Wiederaufbau“ vor allem der Jugendlichen am Herzen. Als Häußler wegen erneuter gesundheitlicher Probleme im Dezember 1948 seinen Rücktritt erklärte, lag der Wiederaufbauplan für die Stadt vor. Bei seiner Verabschiedung im April 1949 erhielt Häußler die Ehrenbürgerwürde, zudem trug die Karlschule nun seinen Namen. „Ich weiß, manche Geschäfte hätte ich besser ausrichten können, manche Versäumnisse habe ich mir zu Schulden kommen lassen, manchem bin ich nicht gerecht geworden, aber mein Wollen war recht und gut“ – so sein Fazit. Seine Mitmenschen achteten den beliebten Bürgermeister dafür, dass er sein Amt trotz seiner angegriffenen Gesundheit mit vollem Einsatz und pflichtbewusst ausgeübt hatte. Als Häußler im September desselben Jahres starb, kam dies durch die große Anteilnahme der Bevölkerung zum Ausdruck.
Quellen: StadtA Neckarsulm: A 1 A Fl. 1201 und 1230 (Stellenakte), A 675–676 (Spruchkammerverfahren), B 140, 150, 160 f., 173–174 (Gemeinderatsprotokolle 1913, 1923, 1933–1934, 1945/1946; S 7 1. 3 H. (zeitgeschichtliche Sammlung). StAL: EL 902/12 Bü 11 889 (Spruchkammerverfahrensakten); E 173/I Bü 257); Auskünfte GemeindeA Blaustein Arnegg und DAR und Dr. Alfred Häußler, Neckarsulm.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Neckarsulm (Fotosammlung S 26 Y 2).

Literatur: Barbara Griesinger, Ehrenbürger Johannes Häußler (1879–1949). Stadtschultheiß und Bürgermeister, in: Heimatverein Neckarsulm (Hg.), Historische Blätter, H. Nov./Dez. 1988.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)