Imhoff, Eugen 

Geburtsdatum/-ort: 30.11.1876;  Görwihl (Amtsbezirk Säckingen)
Sterbedatum/-ort: 02.05.1951;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Ministerialrat, Präsident der Badischen Gebäudebrandversicherungsanstalt
Kurzbiografie: 1880er/1890er Jahre Gymnasium Baden-Baden und Konstanz
bis 1899 Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Freiburg
1899 Dr. jur. Heidelberg (ohne Dissertation)
1902-1903 Einjähriger Militärdienst
1903 (15.10.) Eintritt in die badische Innenverwaltung
1909 (2.1.) Amtmann am Bezirksamt Lörrach, 2.8.1909 Oberamtmann
1913 (14.2.) Oberamtmann am Bezirksamt Mannhein, 1.10.1913 verwendet im Innenministerium, 1.7.1914 dort Hilfsreferent (Titel Regierungsrat)
1914-1918 (2.8.) Kriegsdienst (Hauptmann der Reserve, Eisernes Kreuz I. und II. Klasse)
1919 (14.4.) Vortragender Rat (Titel Ministerialrat) im badischen Innenministerium
1919 (1.7.) Ministerialrat im badischen Arbeitsministerium, Leiter der Wohnungsbauabteilung
1924 (1.10.) Ministerialrat im Innenministerium, Leiter der Bau- und Wohnungsabteilung
1925 (22.1.-31.10.) kommissarischer Leiter der Unterabteilung Wohnungs- und Siedlungswesen des Reichsarbeitsministeriums
1930 (21.7.-20.10.) Reichskommissar für das Wohnungsbauprogramm der Reichsregierung im Reichsarbeitsministerium
1934 (29.10.) Vorsitzender, 1.4.1935 Präsident der Badischen Landeswohnungsfürsorgeanstalt/ Landeskreditanstalt für Wohnungsbau (im Nebenamt)
1938 (1.7.) Präsident der Badischen Gebäudebrandversicherungsanstalt, 29.5.1945 von der französischen Militärregierung dienstenthoben, 1950 endgültig zuruhegesetzt
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1. 1909 Emilie (Milli), geb. Schröder (1885-1943)
2. 1944 Martha, geb. Schinzing (geb. 1892)
Eltern: Vater: Franz Christoph Imhoff (geb. 1831, gest. wohl 1896), Apotheker
Mutter: Adeline, geb. Mutter (geb. 29.5.1849 Görwihl)
Geschwister: 3:
Emilie Luise (geb. 1869)
Eduard Josef (1872-1941)
Elise Barbara (geb. 1873)
Kinder: 3:
Wolfgang (geb. 10.3.1910), Dr.-Ing.
Volker (geb. 1912, nach 1941 vermißt im Osten)
Helga (1914-1932)
GND-ID: GND/1012561747

Biografie: Michael Ruck (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 149-151

Imhoff war ein typischer Vertreter jener nationalliberalen Verwaltungselite, welche die badische „Beamtenrepublik mit einem Großherzog an der Spitze“ (J. Becker) seit den 1860er Jahren de facto regierte. Obschon aus dem katholischen Honoratiorentum Südbadens stammend, schloß er sich als Student dem Kösener Corps Suevia an. Zum illustren Kreis der Heidelberger Sueven gehörte auch Großherzog Friedrich II. Sofern katholische Studenten in Baden vor 1914 überhaupt einer Verbindung beitraten, entschieden sich gerade angehende Verwaltungsjuristen häufig für eine überwiegend protestantische Korporation. Angesichts der antikatholischen Personalpolitik des badischen Großblocks konnte eine solche Geste die Einstellungs- und Karrierechancen nur fördern. Für den Beitritt zur Nationalliberalen Partei galt das erst recht. Imhoff vollzog diesen Schritt im Jahre 1900, vier Semester vor seiner ersten höheren Justizdienstprüfung.
Nach dem Erwerb des Reserveoffizierspatents kam der überdurchschnittlich qualifizierte Nachwuchsbeamte rasch voran. Seine frühzeitige Verwendung im Ministerialdienst und der zwischenzeitliche Dienst in zwei wichtigen Bezirksämtern stellten bereits vor Beginn des Ersten Weltkrieges die Weichen für eine außerordentliche Laufbahn. Als Imhoff nach über vier Jahren Fronteinsatz in die Verwaltung zurückkehrte, nahm seine Karriere den vorgezeichneten Verlauf. Bereits nach wenigen Monaten wurde er – vergleichsweise jung – zum Ministerialrat im Innenministerium ernannt; im Sommer 1919 erhielt er die Leitung der Wohnungsbauabteilung im neuerrichteten Arbeitsministerium übertragen. Im Rahmen des Weimarer „Sozialstaatskompromisses“ maß Artikel 155 der neuen Reichsverfassung dem Kampf gegen die grassierende Wohnungsnot einen zentralen politischen Stellenwert bei. Mithin übernahm Imhoff einen der politisch wichtigsten Verwaltungsposten, den die Karlsruher Koalitionsregierung nach der Revolution zu besetzen hatte. Daß sich Imhoff dem zahlenmäßig beachtlichen, personalpolitisch besonders einflußreichen Kreis der DDP-Parteigänger in der badischen Innenverwaltung angeschlossen hatte, wird seine Ernennungen begünstigt haben. Den Ausschlag hatte aber zweifellos seine hervorragende Qualifikation gegeben.
Imhoff füllte die administrative Schlüsselposition ebenso engagiert wie erfolgreich aus. „Ich war durchdrungen von der Überzeugung, daß eine gute Lösung der Wohnungsfrage nicht nur für das Schicksal des einzelnen Menschen, sondern auch für das Wohl des Staates von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ich widmete mich deshalb dieser Aufgabe mit ganzer Kraft“, gab Imhoff 1946 wahrheitsgemäß zu Protokoll. Binnen weniger Jahre erwarb sich der badische Ministerialrat den Ruf eines reichsweit anerkannten Experten für die öffentliche Wohnungsbaufinanzierung. Als solchen holte ihn Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns (Zentrum) 1925 als kommissarischen Leiter seiner Unterabteilung Wohnungs- und Siedlungswesen nach Berlin. Auch dort hinterließ Imhoff den denkbar besten Eindruck. Seinem weiteren beruflichen Aufstieg stand nichts mehr im Wege. Doch mit Rücksicht auf seine Familie lehnte er die endgültige Übernahme in den Reichsdienst ab.
Nach Baden zurückgekehrt, betrieb Imhoff die Gründung einer Landeswohnungsfürsorgeanstalt. Dieses neue Institut sollte die öffentliche Baufinanzierung nach württembergischen Vorbild besser koordinieren. Innenminister Adam Remmele, in dessen Ressort Imhoffs Abteilung seit Oktober 1924 wieder eingegliedert worden war, unterstützte diesen Plan mit Nachdruck. Daß sein Abteilungsleiter 1926 zur oppositionellen DVP übertrat, focht den Sozialdemokraten dabei nicht an. Die Finanzminister Heinrich Köhler und Josef Schmitt vom Zentrum blockierten jedoch 1926 und 1928 die Verwirklichung der Reformvorschläge.
Nach ihrer Machtübernahme entfernte die Karlsruher NS-Führung 1933 ein Dutzend leitender Beamter der Innenverwaltung aus dem Dienst; andere wurden zwangsweise zurruhegesetzt oder auf „unpolitischen“, geringerwertigen Positionen kaltgestellt. Dieses Personalrevirement betraf nahezu die gesamte Führungsspitze des Ministeriums. Als einer der wenigen Spitzenbeamten wurde Imhoff belassen, obwohl er sich zunächst nicht der NSDAP anschließen mochte. Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald (Zentrum) hatte den führenden Experten 1930 als Reichskommissar für das Wohnungsbau-Notprogramm nach Berlin gerufen. Die badische NS-Landesregierung griff nun ebenfalls auf sein Fachwissen zurück, um ihr „Wiederaufbauprogramm“ rasch zum Erfolg zu führen. Ob der katholisch-rechtsliberale Ministerialrat im Frühjahr 1933 tatsächlich versuchte, den Staatsdienst zu verlassen, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls wurde ihm sein Bleiben dadurch erleichtert, daß die neuen Machthaber alsbald jene Hemmnisse beiseite räumten, an denen sein dringendstes Anliegen bisher gescheitert war.
Im Herbst 1934 wurde endlich die badische Landesfürsorgeanstalt (Landeskreditanstalt für Wohnungsbau) aus der Taufe gehoben. Imhoffs Hoffnung indessen, er werde nun ungestört von den parlamentarischen Querelen der „System-Zeit“ arbeiten können, erwies sich nur allzu bald als technokratischer Wunschtraum. Immer häufiger geriet Imhoff mit dem Reichsstatthalter und NSDAP-Gauleiter Robert Wagner aneinander, weil dieser politischen Gesichtspunkten im Konfliktfall durchweg Priorität vor Sacherwägungen einräumte. Auch Imhoffs Selbstdeklaration zum gänzlich unpolitischen Beamten, der er Zeit seiner Karriere eben nicht gewesen war, erwies sich Ende der dreißiger Jahre als Illusion. Als 1938 ein Nachfolger für den verunglückten Ministerialdirektor Dr. Jakob Bader gesucht wurde, galt der hochqualifizierte Ministerialrat zunächst als Favorit. Doch seine Beförderung scheiterte an politischen Vorbehalten der Gauleitung gegen das ehemalige DVP-Mitglied, obwohl Imhoff 1937 der NSDAP beigetreten war. Daraufhin wurde er zum Präsidenten der Badischen Gebäudebrandversicherungsanstalt ernannt. Dieser „unpolitische“, gut dotierte Posten galt seit jeher als gehobene Abschiebeposition für verdiente Ministerialräte. Hier erhoffte sich Imhoff eine ehrenvolle Zurruhesetzung, doch auch die blieb ihm versagt. Seit 1941 mußte er über die reguläre Pensionierungsgrenze hinweg auf seinem Verwaltungsposten verharren, bis ihn die französische Besatzungsmacht im Sommer 1945 absetzte. Erst nach jahrelangem Hin und Her wurden Imhoff Ende 1950 die vollen Ruhestandbezüge gewährt. Als Rehabilitierung wird dieser badische Spitzenbeamte, der unter drei Regimen eine vermeintlich „unpolitische“ Karriere absolviert hatte, diesen pauschalen Gnadenakt kurz vor seinem Tode nicht mehr empfunden haben.
Quellen: GLAK: 466, 1979/2, Nr. 3588 (Haupt-PA; mit Bild); 431, Nr. 6751 (PA Gebäudebrandversicherung); 465c, Nr. 587 (NS-Rechtswahrerbund; mit Bild); 465a, Az. 51/5/656-415 (Spruchkammerakten). STAF: A3/Vorakten, Nr. 952 (1992 im GLAK kassiert. – BDC [jetzt BA Berlin] (NSDAP-Karteikarte).
Werke: Wohnungsbau in Baden. Rückblick u. Ausblick, in: Zs. f. bad. Verwaltung 56, 1934, 85-89, 101-104.
Nachweis: Bildnachweise: GLAK vgl. Q.

Literatur: Alphabet. Verzeichnis d. aktiven Hof- u. Staatsbeamten d. oberen Klassen d. Gehaltstarifs d. Großherzogtums Baden nebst kurzen Personalnachrichten [...]. Achte Ausgabe, Karlsruhe 1912, 173; Corps Suevia zu Heidelberg 1810-1935. Zum 125. Stiftungsfeste Juni 1935, Duisburg 1935,134; Kösener Corpslisten 1960, bearb. Otto Gerlach, Jever 1961, 770; Michael Ruck, Administrative Eliten in Demokratie u. Diktatur. Beamtenkarrieren in Baden u. Württemberg von den zwanziger Jahren bis in die Nachkriegszeit, in: Cornelia Rauh-Kühne/Michael Ruck (Hg.), Regionale Eliten zw. Diktatur u. Demokratie. Baden u. Württemberg 1930 bis 1952, München 1993, 58f; ders., Kollaboration – Loyalität – Resistenz. Administrative Eliten u. NS-Regime am Beispiel d. südwestdt. Innenverwaltung, in: Thomas Schnabel/Angelika Hauser-Hauswirth (Hg.), Formen d. Widerstandes im Südwesten 1933-1945. Scheitern u. Nachwirken, Stuttgart u. a. 1994, 143 u. 146; ders., E. Imhoff, in: Die Amtsvorsteher d. Oberämter, Bezirksämter u. Landratsämter in B.-W. 1810 bis 1972, Hg. Arbeitsgemeinschaft d. Kreisarchivare b. Landkreistag B.-W., Stuttgart 1996; ders., „Der Korpsgeist hat alles überstanden.“ Zur Rolle d. administrativen Eliten in Südwestdeutschland, München 1996.
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