Erhart, Alfred 

Geburtsdatum/-ort: 12.03.1928;  Freiburg im Br.
Sterbedatum/-ort: 18.01.1984;  Stegen-Eschbach
Beruf/Funktion:
  • Goldschmied und Metallbildhauer
Kurzbiografie: Grundschule, dann Bertholdgymnasium Freiburg
1944-1945 Kriegseinsatz, Flak bei Kehl-Auenheim
1947 Abitur
1948-1952 Studium an der Höheren Fachschule für das Edelmetallgewerbe in Schwäbisch Gmünd, Abschlussprüfung „mit Auszeichnung“
1953 Einrichtung der eigenen Werkstatt in einem Hintergebäude der Talstraße 6, Freiburg
1958 Nach Heirat wohnhaft in der Rosegger Straße 6
1964 Umzug in die Dreikönigstraße 40
1968 Umzug in einen geräumigen Neubau am Sommerberg 15 in Stegen-Eschbach
1972 Verpflichtung als Werklehrer (mit Teillehrauftrag) am Kolleg St. Sebastian in Stegen
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1958 (Freiburg) Maria Stella, geb. Karle (geb. 1936)
Eltern: Vater: Eugen, Raumausstatter
Mutter: Emma, geb. Lenz
Geschwister: 3
Kinder: 5
GND-ID: GND/1012567834

Biografie: Hermann Brommer (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 70-72

Als ältester von vier Söhnen in der Zasiusstraße 32 im Freiburger Stadtteil Wiehre aufgewachsen, holte sich der talentierte Erhart schon in der Jugendzeit bei Kunstmaler Franz Valentin Hemmerle (1898-1968) viele Anregungen. Er folgte dem Rat, nicht Maler zu werden, sondern sich als Goldschmied und Metallbildhauer ausbilden zu lassen. Bei den Besuchen im Haus Hemmerle ließ sich Erhart oft von seinem Freund und Klassenkameraden Klaus Hemmerle, dem späteren Bischof von Aachen, auf dem Klavier sein Lieblingsstück vorspielen, den 1. Satz der Sonate in B-Dur Franz Schuberts. Schon als Kind sammelte Erhart Bilder, kopierte gotische Stücke, versuchte sich an Metalltreibarbeiten und las viel über Kunst. Nach der Ausbildung in Schwäbisch Gmünd wagte er in Freiburg den Sprung in eine freiberufliche Künstlertätigkeit. Es war für Erhart ein Glücksfall, dass er 1953 in Stadtpfarrer Eugen Walter gleich einen Förderer fand und mit der Herstellung großer Bronzetüren für das Hauptportal der neuen Freiburger Dreifaltigkeitskirche beauftragt wurde. Das verhalf Erhart unmittelbar zum Durchbruch und zu vielen Aufträgen für künstlerische Arbeiten, meist in der südlichen Hälfte des Erzbistums Freiburg. Tabernakel, Altarleuchter, Vortragekreuze, Hängekreuze, Kelche, Bronzeportale und das Grabmal Karle-Manke in Ballrechten gingen in reicher Fülle aus seinem Atelier hervor. Die Kleinwerke, wie etwa Kelch und Ring seines Schulfreundes, Bischof Hemmerle, sind kaum mehr zu erfassen. Vorwiegend Bronze, Silber, Gold und Edelsteine verwandelte Erhart in Werke, mit denen er ganz persönlich Talent und Hände seinem Schöpfergott zur Verfügung stellte. Werkausstellungen in Besançon, Karlsruhe, Freiburg und Stuttgart machten ihn über Südbaden hinaus bekannt.
Erhart suchte nicht monumentale Fernwirkung, sondern lockte mit Kleinarbeit zum näheren Betrachten seiner Werke. Als Aufgabe reizte ihn besonders das Gestalten der Altarräume in Kirchen. Bei figürlichen Darstellungen wählte Erhart gern Gottes Handeln an den Menschen als Thema, so, wie er es in der Heiligen Schrift und im Leben der Heiligen erkannte. Christliche Symbole verarbeitete er zu ornamentalen Darstellungen. Seine Reliefbilder in Bronze formte er mit Karton, Wachs, Gips, Styropor, textilen Materialien und Schnur; manche Modelle schnitzte Erhart aus Holz; die Silberarbeiten schlug er beidseitig mit dem Hammer und punzte sie von der Rückseite, so dass meist sehr feine Musterungen entstanden. Dass Erhart sein künstlerisches Wirken nicht in einer Werkliste registrierte, zeigt, wie wenig es ihm um seine Person ging. Dadurch erschwerte er aber den Überblick über sein Schaffen. Umso verdienstvoller sind die Nachforschungen, die seine Frau Maria Stella unternommen hat. Sie konnte 104 Tabernakel, 92 Hänge-, Wand-, Vortrage- und Altarkreuze, 87 Leuchtergruppen, 16 Altäre, 15 Lesepulte, 13 Türgestaltungen an Portalen, 11 Taufsteindeckel, vier Entwürfe für Bildfenster, drei Bischofsstäbe und 28 Kelche neben Kleinserien feststellen. Werkverzeichnisse Erharts wurden als Nachschlagemöglichkeit im Erzbischöflichen Archiv und im Augustinermuseum Freiburg deponiert. Wie sehr die Auftraggeber Erhart als Künstler schätzten, geht aus einem Brief des Mainzer Bischofs Karl Lehmann hervor. Zumal Erhart schon den Hirtenstab des Freiburger Erzbischofs Oskar Saier hergestellt hatte, vertraute ihm das Ordinariat auch den Auftrag für den Hirtenstab an, den der neue Mainzer Bischof Lehmann 1983 als Geschenk des Heimatbistums überreicht bekam. Kardinal Lehmann urteilte darüber: „Der Stab verkörpert in seiner einfachen, soliden Art, in der Ausdrucksstärke und in der ungewöhnlichen Einarbeitung meines Leitwortes genau das, was ich mir wünschte.“
Beim künstlerischen Schaffen war sich Erhart der Eingebundenheit in seine Zeit bewusst: Er lebte mit der Geschichte. Bewundernswerte Kenntnisse der Freiburger und oberrheinischen Kunstgeschichte machten ihn zu einem kompetenten Gesprächspartner, schärften aber auch seinen Sinn für die eigenen Gestaltungen. Bischof Hemmerle wies auf die Bedeutung der Geschichte für den Verstorbenen hin: „Geschichte ... war ein Widerstand, an dem sich seine Kraft entzündete. Dieser Widerstand machte es ihm einerseits schwerer als es einer hat, der daran einfach vorbei lebt und vorbei gestaltet. Andererseits hielt solche Auseinandersetzung mit der Geschichte ... jedes Abgleiten ins Modische, jedes bloß äußerlich Effektvolle, hinter dem nichts steckt, von innen fern. Und so wuchs vielen Werken von Alfred eine verhaltene Kostbarkeit zu.“
Aus seinem Geschichtsinteresse erklärt sich die Mitgliedschaft im Breisgau-Geschichtsverein, in der Badischen Heimat, im Münsterbauverein Freiburg, im Förderkreis für Ur- und Frühgeschichte und in der Historisch-Archäologischen Arbeitsgemeinschaft des Kollegs St. Sebastian in Stegen. Zur Heraldik und Siegelkunde steuerte Erhart eigene Entwürfe für das Wappen der Gemeinde Stegen (1976) und das Pfarreisiegel Merdingens (1979) bei. Archäologische Grabungen und Burgen faszinierten ihn besonders. An manchen Samstagen unternahm er mit seinen Kindern Geländebegehungen. Erhart hatte einen besonderen Sinn für alles Erhaltenswerte und er suchte, dieses Verständnis weiterzugeben. Erharts Geschichtsleidenschaft wirkte auch auf seine Tätigkeit als Werklehrer des Kollegs St. Sebastian in Stegen zurück. Einfache, von seiner Frau entdeckte Pfostenschnitzereien am Gartenzaun eines Schwarzwaldhofs regten ihn z. B. an, Rundhölzer im Unterricht zu phantasievollen Figuren umgestalten zu lassen.
Nur Weniges seiner reichen heimatgeschichtlichen, volkskundlichen und kunsthistorischen Kenntnisse hat Erhart schriftlich festgehalten oder in Publikationen ausgewertet. Ein Beispiel dafür ist seine Erforschung des Freiburger Münsterschatzes, die dann von Hermann Gombert 1965 in seinem Buch „Der Freiburger Münsterschatz“ verwertet wurde. Der Freiburger Generalvikar Robert Schlund umschrieb das Wesen des Künstlers treffend, als er bemerkte: „Ich habe die stille, eher versonnene Art seines Wesens ... geschätzt. ... Er war bescheiden, aber sich selbst treu und eher im echten Sinn eigenwillig, ein richtiger Alemanne.“
Werke: Werkverzeichnis Erharts, zusammengestellt von Maria Stella Erhart, im EAF u. im Augustinermuseum Freiburg. – (Auswahl) Altäre: Werthmannhaus-Kapelle Freiburg, 1971; Altenheim St. Franziskus Achern, 1978. Tabernakel, in Messing: Köndringen, St. Marien, 1950; in Bronze: Achkarren, St. Georg, 1967; Falkau, St. Gertrud, 1967; Sulzburg, St. Bernhard, 1967; in Silber: Ettlingen, St. Martin, 1956; Freiburg, Konviktskirche, 1957; Offenburg, Dreifaltigkeitskirche, 1959; Konstanz, Konradihaus, 1962. Hängekreuze: Bischofsgruft Münster Freiburg, 1963; Hauskapelle Kloster St. Lioba Freiburg, 1965; Ottenhöfen, St. Anna, 1966; Filialkirche Mauchen bei Stühlingen, 1967. Wandkreuze: Weiler Fischerbach, St. Michael, 1958; Kapelle des Rosmann-Krankenhauses Breisach, 1980. Vortragekreuz: ULF Freiburg-Günterstal, 1962. Altarkreuz: Maria Trost Beuron, 1960. Messkelche: Bischof Klaus Hemmerle, 1952; Kardinal Augustin Bea (jetzt im Bea-Museum, Riedböhringen), 1959; Pfarrer Kurt Behrle,1960; Missio-Präsident Dr. Dietmar Bader, Freiburg, 1961. Speisekelche: Merdingen, 1979; Sainte-Croix-en-Plaine, Oberelsass, 1980. Monstranz: Kolpinghaus-Kapelle Freiburg, 1955. Lesepulte: St. Urban Freiburg, 1974; Institut für pastorale Bildung der Erzdiözese, Freiburg, Turnseestraße 24, 1981. Bischofsstäbe: Erzbischof Hermann Schäufele, 1956: Erzbischof Oskar Saier, 1972; Kardinal Karl Lehmann Mainz, 1983. Taufsteindeckel: St. Johann Pfohren, 1964; St. Bernhard Sulzburg, 1968. Leuchtergruppen: St. Josef Freiburg, 1956; Reichenau-Mittelzell, 1970. Entwürfe für Bildfenster: Taufkapelle Buchenbach, 1961; Privathäuser in Stegen und Eschbach. Portale: Dreifaltigkeitskirche Freiburg, 1952; St. Stephan Karlsruhe, 1959; St. Fridolin Lörrach-Stetten, 1964. – Publikationen: Der Kirchenschatz von St. Peter, in: St. Peter i. Schw. Zur 250-Jahrfeier d. barocken Klosterkirche hg. von H. O. Mühleisen, 1977, 124-143; (Zusammen mit seiner Frau) Figuren aus Rundholz, 1980; Kruzifixe aus Gelbguss in und um St. Märgen, in: Ekkhart 1981, 129-134.
Nachweis: Bildnachweise: Schau-ins-Land 103, 1984, 210 (vgl. Lit.).

Literatur: Ein Werk barocker Goldschmiedekunst – Die Monstranz d. Merdinger Pfarrkirche wurde restauriert, in: BZ, Ausg. FL, 215 vom 17. 9. 1966, 22; Neue Kirchenbauten im Erzbistum Freiburg 1947-1967, in: das münster, Zs. für christl. Kunst u. Kunstwissenschaft 1967, H. 6, 418-428; H. Meisner, Der Goldschmied A. Erhart, in: Konradsblatt vom 15. 12. 1968, 12/13; H. Brommer, Die Orgel d. Gengenbacher Abteikirche, in: Schau-ins-Land 86, 1968, 87 – Abb. 2; ders., B. Saums Kirchenmusikstiftung in St. Peter, in: Schau-ins-Land 87, 1969, 55 – Abb. 1; M. Müller, Archäologisch-historische Arbeitsgemeinschaft, in: Kolleg St. Sebastian Stegen, Kollegsbrief 1980, 37-39; M. Müller, Der Historiker, ebd. 1984, 55/56; H. Meisner, Zum Tod des Bildhauers A. Erhart – Viel Wertvolles geleistet, in: Konradsblatt 11 vom 11. 3. 1984, 18; H. Brommer, A. Erhart (1928-1984) – Zum Tod des Freiburger Bildhauers, in: Schau-ins-Land 103, 1984, 209-217; M. Müller, Besondere Aktivität, in: Die Archäologisch-Historische AG. Rückblick u. Laudatio, in: Kollegsbrief St. Sebastian Stegen 1995, 53.
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