Straub, Roderich 

Geburtsdatum/-ort: 11.05.1847;  Stockach
Sterbedatum/-ort: 07.11.1925;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Landeskommissär und Mitglied des Landtags – Nationalliberale
Kurzbiografie: 1865 Gymnasium in Karlsruhe und Konstanz, dort Abitur
1865-1869 Jurastudium in Heidelberg, München, Freiburg
1871 I. Juristische Staatsprüfung in Karlsruhe, Rechtspraktikant
1873-1877 II. Juristische Staatsprüfung, anschließend Referendär
1877-1883 Amtmann, Bezirksamt Heidelberg, dann Bonndorf
1883-1891 Oberamtmann, Bezirksamt Achern
1889-1900 Abgeordneter der 2. Badischen Kammer, Wahlbezirk 2, Meßkirch-Stockach
1891-1898 Bezirksamt Bruchsal
1896-1910 Geheimer Regierungsrat, 1902 Geheimer Oberregierungsrat, 1910 Geheimer Rat II. Klasse
1898-1906 Ministerialrat im Ministerium des Innern
1906-1918 Landeskommissär in Konstanz
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1881 (Meßkirch) Sofie, geb. Ostner, Tochter des fürstenbergischen Forstverwalters Albert Ostner (1847-1943)
Eltern: Vater: Sebastian (1810-1883), Bürgermeister und Rechtsanwalt in Stockach
Mutter: Kreszentia, geb. Weeh (1814-1883)
Geschwister: Otto
Kinder: 4: ein Sohn, 3 Töchter
GND-ID: GND/1012770648

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 274-275

„Straub ist sehr befähigt, bewies einen rühmlichen Fleiß ... und verband damit ein musterhaftes dienstliches und außerdienstliches Betragen.“ Damit entfernte sich die erste dienstliche Beurteilung, 1872 ausgestellt im Amtsgericht Stockach, mutig von der Note „hinlänglich“ im Ersten Staatsexamen und traf, wie die anschließende Karriere zeigte, ins Schwarze. Straub verfügte über die Begabung, rasch gangbare Lösungen zu finden, ohne neue Fragen aufzuwerfen.
Ehe er 1877 in Heidelberg „etatmäßig“ wurde, tat er an sieben verschiedenen badischen Orten Dienst: Mosbach, Ettenheim, Rastatt, Konstanz, Überlingen, Lörrach und Pforzheim. In Heidelberg fungierte er, zusätzlich zur Leitung des Bezirksamtes, als akademischer Disziplinarbeamter und als Rechtsreferent in der Kommission des akademischen Krankenhauses, was jeweils mit einer zusätzlichen Vergütung verbunden war. Die Versetzung nach Bonndorf scheint er als Sackgasse empfunden zu haben. Trotz der Beförderung zum Oberamtmann monierte er gegenüber dem Ministerium des Innern, dass die Karrieren der gleichaltrigen Kollegen in der Justizverwaltung weiter gediehen seien, und bat um Versetzung. Er erhielt das Oberamt Achern, wo es ihm und seiner Frau offenbar gut gefiel. Hier kamen zwischen 1886 und 1890 alle vier Kinder des Paares zur Welt.
Auf die acht Jahre als Oberamtmann in Achern folgten sieben in derselben Funktion in Bruchsal, wo Straub zusätzlich dem Aufsichtsrat des Männerzuchthauses vorstand. In jenen Jahren äußerte sich Straubs politisches Engagement für die im Großherzogtum tonangebende Nationalliberale Partei durch die Wahrnehmung eines Abgeordnetenmandats. 1889, 1893 und 1897 hatte er erfolgreich im Wahlbezirk Meßkirch, der Heimat seiner Frau, kandidiert. Wenn die Steuergesetze zur Diskussion standen, gehörte er regelmäßig den von Fall zu Fall gebildeten Fachkommissionen an. Auch im Vorfeld der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1899 war sein Sachverstand gefragt. 1890 meldete er sich wegen außergewöhnlich schwerer Hagelschäden zu Wort, die im Mai die Amtsbezirke Engen, Stockach und Meßkirch betroffen hatten. Die Verleihung des Titels Geheimer Regierungsrat 1896 ist die erste sichtbare Belohnung seines überdurchschnittlichen Einsatzes. 1898 folgte die Ernennung zum Ministerialrat im Innenministerium mit diversen Sonderaufgaben, z. B. als Staatskommissar der Landesversicherungsanstalt Baden, ab 1900 als Bevollmächtigter der badischen Zentralkommission für Rheinschifffahrt, Vorsitzender der Disziplinarkammer der Ärzte, Tierärzte und Apotheker und als Mitglied des Verwaltungsrats der Beamtenwitwenkasse und der Fürsorgekasse für Gemeindebeamte.
Den Höhepunkt seiner Laufbahn erreichte er 1906 mit der Ernennung zum Landeskommissär für die Kreise Konstanz, Villingen und Waldshut mit Amtssitz in Konstanz. In jener Zeit häuften sich auch die ihm zugedachten Auszeichnungen: hohe badische, aber auch „ausländische“ Orden wie der Königlich-Preußische Rote Adlerorden oder der Sächsische Albrechtsorden. Eine Persönlichkeit, der Straub dienstlich und privat nahe stand, war Staatsminister von Bodman.
Die letzten Dienstjahre des mustergültigen Beamten, der als 24-jähriger den Treue-Eid auf den Großherzog geleistet hatte, fielen zusammen mit dem I. Weltkrieg und waren nicht nur durch die zeitbedingten Erschwernisse und die sich ankündigenden Veränderungen, sondern auch durch Krankheit überschattet. 1915 manifestierte sich ein bösartiges urologisches Problem. Mit eisernem Willen versuchte Straub durchzuhalten und die Folgen unzureichender Operationen zu überstehen. 1917 kündigte sich schließlich die Erblindung an, so dass sich im Frühjahr 1918 die Versetzung in den Ruhestand nicht mehr vermeiden ließ. Der inzwischen 71-jährige stand vor dem Problem, dass seine Freiburger Wohnung in der Wiehre, die er als Pensionär beziehen wollte, in der durch Fliegerangriffe gefährdeten Zone lag.
Quellen: GLA Karlsruhe 236/18852-18853, 466/17751; StAF B 18/23 Freib. IV, 32.704, Nachlassakte.
Nachweis: Bildnachweise: nicht festgestellt.

Literatur: Verhandlungen d. Ständeversammlung des Großherzogtums Baden, Protokolle d. 2. Kammer, 1889 ff.; Roth/Thorbecke, Die bad. Landstände, 1907; Alphabetisches Verzeichnis d. aktiven Hof- u. Staatsbeamten des Großherzogtums Baden, 1912; Hermann Kalkoff, Nationalliberale Parlamentarier 1867-1917 des Reichstags u. d. Einzellandtage, 1917; Hans-Jürgen Kremer, Das Großherzogtum Baden in d. politischen Berichterstattung d. preuß. Gesandten 1871-1918, Bd. I, 1990, 713; Die Amtsvorsteher d. Oberämter, Bezirksämter u. Landratsämter in B-W 1810-1972, 1996.
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