Rosin, Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 14.09.1855; Breslau
Sterbedatum/-ort: 31.03.1927;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Lehrer des Staats- und Versicherungsrechts
Kurzbiografie: Elisabeth-Gymnasium Breslau
1872-1875 Studium der Rechte in Breslau, Promotion zum Dr. jur.
1879 2. Juristisches Staatsexamen
1880 Habilitation mit der venia legendi für „Staatsrecht und deutsches Recht“
1880-1883 Privatdozent in Breslau
1883 Extraordinarius in Freiburg i. Br. für die „staatsrechtlichen und germanistischen Fächer“
1888 Ordinarius, mehrfach Dekan
1897/1898 Prorektor („Rector Magnificus“ war der Großherzog)
1920 nach Emeritierung ordentlicher Honorarprof. mit Lehrauftrag für Sozialversicherungsrecht
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr.
Verheiratet: Lea Bona, geb. Michael, Tochter eines Hamburger Kaufmanns
Eltern: Vater: Isaak Rosin, Kaufmann in Breslau
Mutter: Adelheid, geb. Miro
Kinder: 5, darunter Franz Rosin (geb. 1888, gefallen 3.6.1917), als Jurist früh hervorgetreten mit „Gesetz und Verordnung nach badischem Staatsrecht“ (1911), und Paul Otto Rosin (geb. 1890, gest. 1967 in London), 1928 Prof. für Physik an der Bergakademie Freiberg, 1932 an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, 1936 Emigration und Tätigkeit in der wärmetechnischen Industrie
GND-ID: GND/116627638

Biografie: Alexander Hollerbach (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 242

Rosin, ein Schüler Otto von Gierkes, hat sich zunächst durch germanistisch-rechtshistorische Arbeiten einen Namen gemacht, wurde aber bald immer mehr einer der maßgebenden Pioniere der damals jungen Disziplin des Verwaltungsrechts, dem er auch im akademischen Unterricht seinen festen Platz zu verschaffen half (Das Polizeiverordnungsrecht in Preußen, 1882, 2. Auflage 1895; Das Recht der öffentlichen Genossenschaft, 1886). Seine besondere Liebe aber gehörte, verbunden mit einer glühenden Verehrung Bismarcks und rückhaltloser Bejahung von dessen Sozialgesetzgebung, dem Sozialversicherungsrecht. Von ihm stammt die erste systematische Gesamtdarstellung (Band I: Die reichsrechtlichen Grundlagen der Arbeiterversicherung, 1893; Band II: Das Recht der Invaliden- und Altersversicherung, 1905). Sie ist lange maßgebend geblieben. Als Stätte interdisziplinärer Zusammenarbeit gründete er in Freiburg 1906 das „Versicherungswissenschaftliche Seminar“. Es diente vor allem als Plattform für Lehrveranstaltungen aus dem Bereich des Privat- und Sozialversicherungsrechts, der nationalökonomisch orientierten Versicherungswissenschaft, der Versicherungsmedizin und der Versicherungsmathematik. Sein rechtshistorisches und rechtsdogmatisches Interesse sparte auch das badische Landesrecht nicht aus: 1887 brachte er die Sammlung „Badische Verfassungsgesetze“ heraus; bemerkenswert auch die Studien „Badisches Staatsrecht um die Geburtszeit Großherzog Friedrichs“ (1896) und „Das Wahlrecht der Grundherren zur I. Kammer in Baden“ (1918). Die Zuwendung zur Historie und zum positiven Recht wurde aber nicht zuletzt immer wieder durch staatstheoretische Reflexion flankiert. „Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre nach den politischen Reden und Schriften des Fürsten Bismarck“ (1897) und „Bismarck und Spinoza. Parallelen ihrer Staatsanschauung“ (1911) zeugen davon.
Zeitlebens hat Rosin an seinem jüdischen Glauben festgehalten und sich auf verschiedenen Ebenen intensiv für die Belange seiner Religionsgemeinschaft eingesetzt. 20 Jahre lang, von 1888 bis 1908, war er, der liberalen Richtung des badischen Judentums zugehörend, einflußreiches Mitglied des Oberrats der Israeliten im Großherzogtum Baden. Dieses religiöse Engagement behinderte seine Universitätskarriere nicht, im Gegenteil. Nach der 1894 erfolgten Bildung der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät war er im Amtsjahr 1897/98 der erste Prorektor, der aus deren Reihen kam, und er war damit überhaupt der erste Jude in diesem Amt an einer deutschen Universität.
Werke: Werkverzeichnis bei Tambert (s. u.).
Nachweis: Bildnachweise: Portrait-Foto UA Freiburg.

Literatur: Martina Tambert, H. Rosin u. d. Anfänge d. Sozialversicherungsrechts, Diss. jur. Freiburg i. Br. 1977; Alexander Hollerbach, H. Rosin (1855-1927). Pionier d. allgem. Verwaltungs- u. d. Sozialversicherungsrechts, in: Dt. Juristen jüdischer Herkunft, hg. v. Helmut Heinrichs, Harald Franzki, Klaus Schmalz u. Michael Stolleis, München 1993, S. 369-384.
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