Schmitt, Otto 

Geburtsdatum/-ort: 13.12.1890; Mainz-Weisenau
Sterbedatum/-ort: 21.07.1951;  Ulm
Beruf/Funktion:
  • Kunsthistoriker
Kurzbiografie: 1900-1910 Humanistisches Ostergymnasium Mainz
1910-1914 Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Geschichte in Freiburg i. Br., Straßburg und Gießen
1914 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Gießen (Dissertation: „Das Südportal des Wormser Domes“)
1914-1915 Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Inventarisierung der Hessischen Kunstdenkmäler (Stadt Mainz)
1915-1919 Assistent am Kunsthistorischen Seminar der Universität Frankfurt a. M.
1916-1917 Landsturmmann im Infanterie-Regiment 117 (mit zweimonatigem Einsatz an der Ostfront, Oktober bis Dezember 1916)
1919 Habilitation im Fach Kunstgeschichte an der Universität Frankfurt (Habilitationsschrift: „Das Heilige Grab im Freiburger Münster“)
1919-1924 Privatdozent an der Universität Frankfurt
1919-1925 Direktorialassistent am Städelschen Kunstinstitut Frankfurt a. M.
1924 nichtbeamteter außerordentlicher Prof. an der Universität Frankfurt
1925-1935 ordentlicher Prof. an der Universität Greifswald
1935-1951 ordentlicher Prof. an der Technischen Hochschule Stuttgart
1947-1951 Honorarprof. an der Universität Tübingen
1948-1950 Rektor der Technischen Hochschule
1950-1951 Prorektor
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: Hilde, geb. Zimmermann (geb. 19.12.1893, gest. 20.11.1965)
Eltern: Vater: Franz Schmitt (geb. 25.9.1841 Welgesheim, gest. 10.10.1908 Mainz-Weisenau), Oberlehrer in Mainz
Mutter: Wilhelmine, geb. Preiser (geb. 22.5.1861 Mainz-Kastel, gest. 12.11.1930 Mainz)
Geschwister: 13
Kinder: 2
GND-ID: GND/116800011

Biografie: Wolfgang Augustyn (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 242-243

Schmitt hatte ursprünglich beabsichtigt, Altphilologe zu werden, entschied sich dann aber für die Kunstgeschichte, die er in Freiburg bei Wilhelm Vöge zu studieren begann. Die 1914 bei Christian Rauch in Gießen abgeschlossene Dissertation („Das Südportal des Wormser Domes“) bezeichnet das Forschungsgebiet, dem Schmitt zeitlebens verbunden blieb: die Geschichte der spätmittelalterlichen Plastik am Oberrhein, in Schwaben und im Elsaß. Nach der Promotion arbeitete Schmitt zunächst in der hessischen Denkmälerinventarisierung und habilitierte sich 1919 in Frankfurt, betreut von Rudolf Kautzsch. Im selben Jahr heiratete er Hilde Zimmermann, die er während seines Studiums in Freiburg kennengelernt hatte. Bis zu seiner Berufung nach Greifswald war Schmitt an den Frankfurter Museen tätig. Neben Museumskatalogen veröffentlichte er in diesen Jahren mehrere Aufsätze sowie umfangreiche Werke zur Geschichte der oberrheinischen Skulptur.
Nachdem er den Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Greifswald übernommen hatte, beschäftigte er sich dort vor allem mit der gotischen Architektur und Skulptur Norddeutschlands und mit dem Werk des Malers Caspar David Friedrich. Während der Greifswalder Zeit wurde das kunsthistorische Seminar dort neugebaut und eingerichtet. Aufgrund der vielfältigen beruflichen Erfahrungen, die Schmitt in Denkmalpflege, Museum und Universität hatte sammeln können, lag ihm neben der akademischen Ausbildung auch die Vorbereitung auf die Erfordernisse der späteren Berufstätigkeit am Herzen; zusammen mit den Studenten des kunsthistorischen Seminars inventarisierte Schmitt die Kunstdenkmäler des Kreises Stralsund.
Seit 1927 kam die Arbeit am „Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte“ hinzu, für das ihn der Stuttgarter Verleger Alfred Druckenmüller zunächst als Mitherausgeber, nach dem Tod von Otto Schmitts Vorgänger in Greifswald, Max Semrau, im Jahr 1928, als alleinigen Herausgeber, gewonnen hatte. Nach dem Vorbild der „Realencyklopädie der classischen Altertumswissenschaft“ konzipierte Schmitt ein ähnliches Nachschlagewerk für das Gebiet der Kunstgeschichte, das die jeweilige Realie aus Architektur, bildenden Künsten und Kunstgewerbe in ihrer geschichtlichen Entwicklung und unter technischen und gegebenenfalls materiellen Gesichtspunkten vorstellen und neben terminologischen Fragen auch die historischen Entstehungsumstände behandeln sollte. Bis zum Erscheinen des ersten Bandes 1937 entwarf Schmitt ein vorläufiges Stichwortverzeichnis, zu dem zahlreiche Fachleute beitrugen. Schmitt erreichte die Förderung des Lexikons durch das Preußische Kultusministerium, die Universität und seit 1929 auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Schmitt übernahm auch die redaktionelle Vorbereitung der Drucklegung des Werks, das er – durch die Kriegsereignisse erschwert und schließlich nach Bombenangriffen auf Stuttgart 1943 und 1944 zeitweilig unterbrochen – bis zu seinem Tod betreute.
Aufgrund seiner ablehnenden Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber war Schmitt nach mehreren vergeblichen Versuchen, an eine andere Universität zu wechseln, im Jahr 1935 in der Nachfolge Heinrich Weizsäckers als Ordinarius für Kunstgeschichte an die Technische Hochschule in Stuttgart berufen worden. Von 1938 bis 1946 war damit auch die Lehrverpflichtung an der Akademie der bildenden Künste verbunden. Seit 1943 war er an der Stuttgarter Technischen Hochschule Leiter der „Abteilung für Geisteswissenschaften und Bildungsfächer“ sowie Dekan der Fakultät für Natur- und Geisteswissenschaften („Allgemeine Fakultät“), ebenso 1946 und 1947/1948. Die ihm 1946 angebotenen Lehrstühle in Bonn, Frankfurt und Mainz schlug er aus. Besondere Verdienste erwarb sich Schmitt um den Wiederaufbau der Stuttgarter Hochschule, wobei ihm sein hohes wissenschaftliches Ansehen, seine persönliche Integrität und politische Unbescholtenheit zugute kamen.
Er war seit 1945 Vorsitzender des Hochschulplanungsausschusses (Wiederaufbau des Hauses Keplerstraße 10, später des Hauptgebäudes Seestraße und des Instituts für Anorganische Chemie), 1945–1947 Vorsitzender des Studentenwerks und der politischen Kommission der Hochschule, 1945-1948 Vorsitzender des Betriebsrates. Als Rektor war er verantwortlich für die Durchführung der umfassenden Reform und Erneuerung der Hochschule. Daneben war er seit 1947 Honorarprofessor in Tübingen, 1945-1946 auch Vorsitzender des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins, von 1948-1951 Zweiter Vorsitzender des neugegründeten Deutschen Kunsthistorikerverbandes. Schmitt war Mitglied des Rundfunkrates und als Delegierter des Württembergischen Landtages 1949 Mitglied der Bundesversammlung zur Wahl des ersten Bundespräsidenten. 1951 verstarb er unerwartet an einem Herzleiden, an dem er seit langem litt.
Quellen: PA des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung im Geheimen StA Preußischer Kulturbesitz, Berlin; PA im UA der Ernst-Moritz-Arndt-Univ. Greifswald; PA des Württ. Kultusministeriums im HStAS; PA und Rektoratsakten der TH im UA Stuttgart; Unterlagen aus dem NL im Archiv der bildenden Kunst im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg.
Werke: Das Südportal des Wormser Domes, 1918; Gotische Skulpturen des Straßburger Münsters, 1924, Bd. I-II; Oberrheinische Plastik im ausgehenden Mittelalter, 1924; Gotische Skulpturen des Freiburger Münsters, 1926, Bd. I-II; ca. 90 Zeitschriftenaufsätze (vgl. Bibliographie in: Kunstgeschichtliche Studien O. Schmitt zum 60. Geburtstag, 1950, 347-350); Hg. und Redaktion des „Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte“, Bd. I, 1937, Bd. II, 1948 sowie Bd. III, Lieferung 1/2 (25/26); Hg. der „Beiträge zur pommerschen Kunstgeschichte“, H. 1-2, 1934 sowie der „Beiträge zur schwäbischen Kunstgeschichte“, Bd. 1, 1939.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in: TH Stuttgart, Reden und Aufsätze 17, 1951, und in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. III, 1954. Christiane Fork, in: Metzler, Kunsthistoriker Lexikon, 1999, 363-365.

Literatur: Kunstgeschichtliche Studien O. Schmitt zum 60. Geburtstag, 1950; Ansprachen anlässlich der akademischen Trauerfeier für O. Schmitt (TH Stuttgart. Reden und Aufsätze 17), 1951); Nachrufe in: ZWLG 11 (1952), 263-264 (Werner Fleischhauer); Kunstchronik 4 (1951), 219-221 (Hans Jantzen); Stuttgarter Zeitung 7 (1951), 168 (Julius Baum); Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. III, 1954 (Ludwig H. Heydenreich); Wolfgang Augustyn, „Freude an der Kunst wecken“ – der Kunsthistoriker O. Schmitt, in: Norbert Becker/Franz Quarthal (Hgg.), Die Univ. Stuttgart nach 1945. Geschichte-Entwicklungen-Persönlichkeiten, 2004, 317-324.
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