Lenel, Richard 

Geburtsdatum/-ort: 29.07.1869;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 03.08.1950;  Neckargemünd
Beruf/Funktion:
  • Unternehmer, Handelskammerpräsident, Verfolgter des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1887 Abitur am Gymnasium Mannheim
1887-1889 Lehrzeit in der väterlichen Firma
1889-1892 Reisen nach England, Frankreich und USA
1897 Geschäftsführer der Firma Lenel, Bensinger und Co.
1920-1933 Präsident der Handelskammer Mannheim
1923-1930 Mitglied des Mannheimer Bürgerausschusses
1930 Dr. h. c. der Handelshochschule Mannheim
1938 Zwangsverkauf seiner Firma und seines Hauses
1939 Emigration nach England und USA
1949 Rückkehr nach Neckargemünd. Ehrenbürger der Stadt Mannheim. Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr./konfessionslos
Verheiratet: 1900 (Mannheim) Milly, geb. Maas (1880-1959)
Eltern: Vater: Viktor Lenel
Mutter: Helene, geb. Michaelis (1844-1917)
Kinder: 4 Söhne
5 Töchter
GND-ID: GND/117752797

Biografie: Karl Otto Watzinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 184-185

Nach Lehr- und Wanderjahren im Ausland trat Lenel 1892 in die väterliche Firma ein, deren Geschäftsführung er fünf Jahre später als Nachfolger seines Vaters übernahm. 1906 beteiligte er sich an der Gründung des Allgemeinen Arbeitgeberverbandes Mannheim-Ludwigshafen und 1908 des Arbeitsnachweises der Industrie Mannheim-Ludwigshafen, dessen Vorsitz er bald übernahm. 1911 trat er an die Spitze des Fabrikantenvereins Mannheim und wurde in die Handelskammer gewählt. Von 1909-1920 war er Handelsrichter. Im Ersten Weltkrieg leitete er die Abteilung für Arbeitsbeschaffung in der Mannheimer Zentrale für Kriegsfürsorge. 1920 wurde er zum Präsidenten der Handelskammer in der schwersten Nachkriegszeit gewählt, in der sogar die Mannheimer Häfen von französischen Truppen besetzt wurden. Trotz aller Sorgen verlor er nie seinen Optimismus und er tat alles, um Mannheims Stellung im südwestdeutschen Wirtschaftsraum zu festigen. So erkannte er auch die Bedeutung des Luftverkehrs und wurde Vorsitzender des Aufsichtsrates der im Jahre 1924 gegründeten Badisch-Pfälzischen Luftverkehrs-A.G.
Trotz dieser starken Belastung kandidierte Lenel bei den Kommunalwahlen vom 19. November 1922 als Spitzenkandidat der Deutschen Volkspartei. Von 1923-1930 war er Mitglied des Bürgerausschusses, dessen von liberalem Geist geprägte Stimme aufmerksam gehört wurde. Als er 1930 das 10jährige Jubiläum seiner Präsidentschaft beging, verlieh ihm die Handelshochschule Mannheim ihren ersten Ehrendoktor. In der Zeit der zunehmenden Arbeitslosigkeit rief Lenel zu dem Mannheimer Hilfswerk auf, um notleidende Familien nach besten Kräften zu unterstützen. Als Hitler bei der Reichspräsidentenwahl 1932 gegen Hindenburg antrat, unterzeichnete Lenel mit den führenden Persönlichkeiten der Stadt den Aufruf zur Wiederwahl Hindenburgs.
Nach der Machtergreifung Hitlers mußte Lenel im März 1933 sein Präsidentenamt niederlegen. Nun galten alle seine Bemühungen der Erhaltung seines Unternehmens, das er 1938 weit unter seinem Wert veräußern mußte. Nach den Pogromen vom 10. November 1938, bei dem auch seine ältesten Söhne ins KZ verschleppt wurden, emigrierte er mit seiner Frau nach England, wo er am 31. August 1939, einen Tag vor Kriegsausbruch, eintraf. Nach sorgenvollen Jahren in England und USA war es nach Kriegsende sein sehnlichster Wunsch, in seine Heimat zurückzukehren. In der zerstörten Stadt Mannheim war für ihn keine Wohnung zu finden, so daß er in Neckargemünd nahe bei dem „Viktor-Lenel-Stift“ aufgenommen wurde. Seine Heimatstadt verlieh ihm noch im Jahre seiner Heimkehr das Ehrenbürgerrecht, und die Industrie- und Handelskammer ernannte ihn zum Ehrenpräsidenten. Eine Straße in Mannheim trägt seinen Namen, und an der Stelle seines früheren Wohnhauses ist eine Gedenktafel angebracht.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA. Mannheim.

Literatur: Arthur Blaustein, Die Handelskammer Mannheim und ihre Vorläufer Mannheim 1928, 249, 263, 291, 322, 341, 354, 383, 392, 412, 429 f., 433 Biograph. Handbuch d. dt. Emigration nach 1933, München 1980, Bd. 1, 431; Max von der Kall, R. Lenel, 1869-1950, Mannheim 1972; Hermann Schäfer, R. Lenel, in: NDB 14, 1985, 203 f.; Karl Otto Watzinger, Gesch. d. Juden in Mannheim 1650-1945. 2. verbess. Aufl. 1987, 119 ff.
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