Wolff, Hans Julius 

Geburtsdatum/-ort: 27.08.1902; Berlin
Sterbedatum/-ort: 23.08.1983;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Rechtshistoriker
Kurzbiografie: 1920 Abitur Rostock
1920-1925 Studium der Klassischen Philologie, der Alten Geschichte und der Rechtswissenschaft
1925 Erste Juristische Staatsprüfung Berlin
1929 Zweite Juristische Staatsprüfung Berlin
1932 Promotion an der Berliner Juristischen Fakultät
1931-1933 Gerichtsassessor
1930/31, 1933-1935 Mitarbeiter am Thesaurus Linguae Latinae
1935 Professor an der Universidad Nacional Panama
1939 Einwanderung in die USA
1945 Lecturer am Oklahoma College for Women, Chickasha
1946 Lecturer an der Oklahoma City University
1950 Bibliothekar und Lecturer an der Law School der University of Kansas City
1952 ordentlicher Professor Mainz
1955 ordentlicher Professor Freiburg i. Br.
1970 Emeritierung
1972 Ehrenpromotion Juristische Fakultät Athen
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1944 Oklahoma, Sylvie, geb. Plann
Eltern: Bruno Wolff († 1918), Gynäkologe, Pathologe
Martha Katharina, geb. Pinner († 1960)
Geschwister: Reinhard
Kinder: 1 Tochter
GND-ID: GND/117753505

Biografie: Elmar Bund (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 493-494

Wolff ist in einer jüdischen Gelehrtenfamilie aufgewachsen. Die Großväter waren Professoren an der Universität Berlin, der Vater Gynäkologe und später Pathologe an der Universität Rostock. Wolff besuchte in Berlin die Vorschule, in Rostock die Große Stadtschule. An der Universität Berlin begann Wolff Alte Geschichte und Klassische Philologie zu studieren. Die Lebensverhältnisse der antiken Menschen interessierten ihn mehr als ihre Literatur. Er beschloß daher, nachdem er durch Ulrich Wilcken und Wilhelm Schubart in das Studium der Papyri eingeführt worden war, Rechtswissenschaft zu studieren. Josef Partsch und Ernst Rabel, bei dem er mit einer Arbeit zum römischen Dotalrecht promovierte, wurden seine Lehrer.
Die Weltwirtschaftskrise ließ Wolff nach dem Assessorexamen zunächst keine Anstellung im Justizdienst finden. Erst 1931 konnte er als Gerichtsassessor im Bezirk des Kammergerichts tätig werden, wurde aber bereits 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung entlassen. Bis 1935 arbeitete er in München beim Thesaurus Linguae Latinae.
Wolff erkannte, daß es für ihn in Deutschland kein wissenschaftliches Fortkommen gab. Er wanderte nach Panama aus, wo ihm die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland eine Professur für römisches und panamerikanisches Zivilrecht vermittelt hatte. Seine berufliche Position war nahezu gesichert. Literarische Hilfsmittel zur rechtshistorischen Forschung standen aber nicht zur Verfügung. In den USA mit ihren zum Teil sehr gut ausgestatteten Universitätsbibliotheken erhoffte Wolff sich einen besseren Boden für die Pflege der ihm am Herzen liegenden Wissenschaft. Erst 1939 gelang es ihm, ein Einwanderervisum zu erhalten. Lange Jahre, in denen er mit Gelegenheitsarbeiten sein Leben fristete und in öffentlichen Bibliotheken seinen Forschungen nachging, mußte er warten, bis er eine akademische Anstellung fand. 1945 lehrte er am Oklahoma College for Women Chickasha Geschichte und Deutsch, 1946 an der Oklahoma City University Geschichte und Politikwissenschaft, 1950 Jurisprudenz an der Law School der University of Kansas City. Diese Lehrtätigkeit, die seinen wissenschaftlichen Interessen nicht entsprach, gab er auf, als er 1952 einem Ruf auf einen romanistischen Lehrstuhl in Mainz folgte. Seit 1955 lehrte er in Freiburg. Lag der Schwerpunkt seiner Forschung während der Jahre der Emigration im römischen Recht, wo Wolff die Kenntnis des Familien- und Erbrechts vertiefte und zu einem der Begründer der Textstufenforschung wurde, so widmete er sich jetzt in erster Linie dem Recht des klassischen Griechenland und des ptolemäischen Ägypten. Durch ihn hat dieser Zweig der Rechtsgeschichte eine grundlegende Umgestaltung und Erneuerung erfahren. Er war im Schatten der römischen Rechtsgeschichte gestanden; seine Institutionen hatte man mit römisch- und modernrechtlichen Begriffen beschrieben. Wolff entwickelte aus den mit dem Auge des Juristen gesehenen Quellen und ihrem gesellschaftlichen Umfeld eine eigenständige, dem griechischen Recht angemessene Begrifflichkeit. Den griechischen Zivilprozeß erklärte er, Erkenntnisse Rabels fortführend, aus der staatlichen Kontrolle privater Zwangsvollstreckung.
Nach seiner Emeritierung arbeitete Wolff an einer Darstellung der juristischen Papyrologie im Rahmen des Handbuchs der Altertumswissenschaften. Der erste Teil des ersten Bandes erschien noch zu seinen Lebzeiten. Als ihm der Tod die Feder aus der Hand nahm, hinterließ der bedeutendste Gräzist des ausgehenden 20. Jahrhunderts ein druckfertiges Manuskript, das große weitere Teile des geplanten Handbuches umfaßt, ferner ein inzwischen im Druck erschienenes Manuskript seiner Vorlesungen über Juristische Papyruskunde.
Quellen: Verbleib des Nachlasses konnte nicht ermittelt werden
Werke: Bibliographie in dem von J. Modrzejewski und D. Liebs zum 75. Geburtstag hg. Symposion 1977; Nachträge hierzu bei G. Thür (vgl. Literatur), 491 f.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in J. G. Wolf (vgl. Literatur)

Literatur: D. Liebs, Hans Julius Wolff, Juristenzeitung 1983, 1983; G. Thür, Hans Julius Wolff zum Gedenken, ZRG Romanistische Abteilung 101 (1984), 476 ff.; J. G. Wolf, Hans Julius Wolff, Jahrbuch der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1984 (1985), 117 ff. = Freiburger Rechtsgeschichte. Abhandlungen NF 30 (1998) 9 ff.; D. V. Simon, Hans Julius Wolff, Gnomon 55 (1983), 83 f.; H. Kupiszewski, The Journal of Juristic Papyrology 20 (1990) 15 ff.; A. D’Ors, Studia et Documenta Historiae et Juris 49 (1983) 700 ff.
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