Dehio, Georg Gottfried Julius 

Geburtsdatum/-ort: 22.11.1850; Reval, Estland
Sterbedatum/-ort: 19.03.1932;  Tübingen
Beruf/Funktion:
  • Kunsthistoriker
Kurzbiografie: 1873 Promotion in Göttingen mit dem Thema „Hartwig von Stade, Erzbischof von Hamburg-Bremen“ bei Georg Waitz
1877 Habilitation in München
1878–1883 Privatdozent in München: kunstgeschichtliche Vorlesungen
1883 ao. Prof. für Kunstgeschichte in Königsberg
1884–1892 Prof. für Kunstgeschichte in Königsberg
1892–1918 Prof. in Straßburg
6.1.1919 Ausweisung aus dem Elsass, Niederlassung in Tübingen
Weitere Angaben zur Person: Auszeichnungen: Ehrungen: Dr. theol. Univ. Jena; Dr. rer. pol. h. c. Univ. Tübingen; Dr. med. h. c. Univ. Frankfurt; Dr.-Ing. e. h. Univ. Darmstadt; Friedenskl. des Ordens pour le mérite; Maximiliansorden für Wiss. und Kunst
Mitgliedschaften: Mitglied der Akademien der Wiss. von Berlin, München und Göttingen sowie der Société française d’archéologie von Paris
Verheiratet: 1884 Charlotte, geb. Friedländer (* 7.7.1859 in Königsberg, † 1932), Tochter des Ludwig Friedländer, Prof. der klassischen Philologie in Königsberg, dann Straßburg
Eltern: Vater: Julius Waldemar Dehio (1817–1893), Arzt und russischer Staatsrat
Mutter: Dorothea Helena (1831–1908), geb. Eggers
Kinder: 4: 2 Töchter, 2 Söhne, darunter Ludwig (1859–1963), Archivar und Historiker; Katharina (1885–1974), verh. mit August Frickenhaus (1882–1925), Prof. der Archäologie in Straßburg und Kiel
GND-ID: GND/11852433X

Biografie: Bernard Vogler (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 38-39

Dehio betrieb Studien an den Universitäten Dorpat, Göttingen und München in Geschichtswissenschaft und in Kunstgeschichte. In den ersten Jahren war er auf die Geschichte orientiert, aber ab 1878 wurde er Kunsthistoriker. Nachdem er in München als Privatdozent gelehrt hatte, wurde er 1883 als Professor für Kunstgeschichte nach Königsberg berufen, wo er sich schnell als ein sehr begabter Pädagoge bewährte, was ihm einen großen Erfolg bei den Studenten einbrachte. 1892 erfolgte der Ruf nach Straßburg. Am 6. Januar 1919 wurde Dehio in einem Eisenbahnzug mit 104 anderen deutschen Akademikern, mit allen seinen deutschen Kollegen der Universität Straßburg, aus dem Elsass ausgewiesen. Er ließ sich dann in Tübingen nieder, wo er 1932 auch verstarb.
In München begann er seine Forschungen über die kirchliche Baukunst, ein gewaltiges weitausgreifendes Unternehmen, das heute noch als grundlegend gilt. Es beruht auf eingehenden örtlichen Untersuchungen und vortrefflichen zeichnerischen Aufnahmen.
Da er für Synthesen sehr begabt war, hat er die Wechselbeziehungen der verschiedenen Formen der Architektur erforscht, wobei er die Größe der Gotik unterstrichen hat. Auch hat er eine vergleichende Geschichte der Bildhauerkunst im Mittelalter und der Renaissance unternommen. Er schrieb eine bedeutende Monographie über das Straßburger Münster sowie zahlreiche Veröffentlichungen über verschiedene Aspekte der elsässischen Kunstgeschichte. Das von ihm verfasste Handbuch über die Kunstschätze aller Gemeinden in Elsass-Lothringen hat das Verzeichnis von F. X. Krauss bedeutend erneuert.
Während er sich bis 1918 aktiv an den Forschungen über die elsässische Kunstgeschichte beteiligt hat, widmete er danach seine wissenschaftliche und literarische Tätigkeit vornehmlich der deutschen Kunst- und Denkmalpflege. Sein „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler“ in fünf Bänden bildet die Grundlage für alle Forscher und Touristen, die sich für die Werke deutscher Kunst interessieren. Trotz gedrängter Form hat er alle bedeutenderen Kunstdenkmäler höchst lebendig erläutert. Seine Geschichte der deutschen Kunst ist die erste zusammenfassende für das deutsche Gebiet. Es kam ihm vor allem darauf an, die Wechselwirkungen zwischen der allgemeinen Geschichte und den künstlerischen Äußerungen ins richtige Licht zu setzen. Dabei hat er besonders hervorgehoben, dass das geistige Leben des gesamten Volkes vom Mittelalter bis zur Barockperiode regen Anteil an den Äußerungen der bildenden Kunst nahm. Etliche Einzelforschungen haben der Wissenschaft neue Wege gewiesen, vor allem seine Untersuchungen über die Proportionen in der Baukunst des Altertums und des Mittelalters und über das gleichseitige Dreieck in gotischen Bauproportionen.
Werke: Diss. 1873 (wie oben); Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen im Zeitalter der Mission, Habil. 1877; Die kirchliche Baukunst des Abendlandes, 1884 – 1901, 2 Bde; Untersuchungen über das gleichseitige Dreieck als Norm gotischer Bauproportionen, 1894; Das Proportionsgesetz der antiken Baukunst, 1895; Kunstgeschichte in Bildern, 1898 – 1901; Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, 1899 – 1912, 5 Bde; Kunsthistorische Aufsätze, 1914; Das Straßburger Münster, 1922; Der Bamberger Dom, 1927; Geschichte der deutschen Kunst, 1930 – 1934; Aus Skizzenbüchern und Briefen, hg. von Gertrude Dehio, 1947.
Nachweis: Bildnachweise: Bronzebüste von M. Lange, 1929 (Elsass-Lothringisches Institut Frankfurt a. M.), Die großen Deutschen im Bild, 1936, 432.

Literatur: W. Pinder, Georg Dehio zu seinem 70. Geb., in: Kunstchronik und Kunstmarkt 7 (1920), 121–127; ders.,
Georg Dehio, in: Jb. der Bayerischen Akademie der Wiss., 1931–1932, 61–64; E. Gall, Georg Dehio, in: Zs. für Kunstgeschichte, 1 (1932), 2–4 ; P. Clemen, Zum Gedächtnis an Georg Dehio, in: Die Denkmalpflege, 1932, 76–78; NDB 3, 1957, 563, NDBA 7, 1986, 603; F. Uberfill, La Société strasbourgeoise entre France et Allemagne 1871–1924, 2001.
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