Bampi, Richard 

Geburtsdatum/-ort: 16.06.1896; Amparo/Brasilien
Sterbedatum/-ort: 10.07.1965;  Kandern
Beruf/Funktion:
  • Keramiker
Kurzbiografie: 1899 März Rückkehr der Familie nach Zürich, ab 1901 Wohnsitz Rheinfelden
1902-1906 Volksschule in Rheinfelden
1906-1914 Gymnasium in Lörrach und Karlsruhe, Abschluß mit Abitur
1915-1918 Dienst im 1. Weltkrieg, 1916 vor Verdun verwundet
1918/19 Studium der Architektur und Bildhauerei an der TH München
1919-1920 Student am Bauhaus in Weimar
1920 Studienreise in die Schweiz und nach Florenz
1922 Kunsthandwerkliche Tätigkeit in Wien
1923 Auswanderung nach Rio de Janeiro, Gründung einer ersten Keramikwerkstatt
1925 Rückkehr nach Freiburg i. Br., Übernahme der väterlichen Baufirma
1927 Gründung der „Fayence-Manufaktur Kandern GmbH“ (FMK), seit 1934 alleinige Leitung
1931 Übersiedlung nach Kandern
1939 Einrichtung eines keramischen Versuchslabors
1941 erste Produktion von Steinzeug mit Feldspatglasuren
1959 erste Kristallglasuren
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch, später Dissident
Auszeichnungen: 1953 Staatspreis von Bayern und Baden-Württemberg
1954 Staatspreis von Hessen, Bronzemedaille in Mailand
1955 Silbermedaille in Cannes und in Faenza
1956 Großer Preis in Cannes
1965 Professorentitel vom Land Baden-Württemberg
Verheiratet: 1919 Berlin-Friedenau, Elisabeth Wilhelmine Hedwig, geb. Seyfried
Eltern: Gustav Bampi, Österreichischer Staatsangehöriger, Bauunternehmer (geb. 1873 in Wöllau, Pfarramt Afritz, gest. 1925 Freiburg)
Lucia Sidonia Bertha, geb. Wesener (geb. 1866 Berlin)
Geschwister: Robert Oswald (geb. 1898, gefallen im 1. Weltkrieg)
Kinder: die geschiedene Ehe blieb kinderlos
GND-ID: GND/118652273

Biografie: Berthold Hänel (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 10-12

Drei Jahre nach Bampis Geburt übersiedelt die Familie nach Zürich und zieht 1901 nach Rheinfelden. Nach dem Abitur 1914 in Karlsruhe gilt es, den Berufswunsch, Bildhauer zu werden, zurückzustellen, denn der Erste Weltkrieg ruft Bampi zu den Waffen. 1916 vor Verdun verwundet, beginnt er nun mit ersten künstlerischen Versuchen. 1918 sieht ihn das Wintersemester an der TH München; er studiert Architektur und Bildhauerei, wechselt aber schon im kommenden Jahr an das Bauhaus in Weimar über. 1920 bricht er auf zu einer Studienreise in die Schweiz und nach Florenz, und 1922 findet man ihn in Wien, wo er sich kunsthandwerklich betätigt (Gold-, Silber- und Emailarbeiten).
Bampi führt ein unruhiges Leben, aber gerade dieses Faktum läßt ihn künstlerisch reifen. 1923 nach Rio de Janeiro ausgewandert, wo er eine erste Keramikwerkstatt gründet, kehrt er 1925 nach Freiburg zurück, um die väterliche Baufirma zu übernehmen, die sich jedoch, bedingt durch die Inflation, nicht halten läßt. In wirtschaftlich schwieriger Zeit gründet er 1927 die „Fayence-Manufaktur Kandern GmbH“ (FMK), deren alleinige Leitung er 1934 übernimmt, nachdem er schon 1931, um öfters im Betrieb sein zu können, nach Kandern übergesiedelt war.
Im Betrieb werden Vasen, Schalen, Dosen und Gebrauchsgeschirr hergestellt, doch Bampi selbst interessiert zunächst die Plastik mehr als das Gefäß. Seine Figuren sind von einer starken Ausdruckskraft geprägt. In der Folge doch wird das Gefäß ins Zentrum seines Schaffens rücken. In niedrigen Oxydationsbränden erprobte er zunächst Farben, die denjenigen der wiederentdeckten chinesischen Keramik nahekamen, interessierte sich Bampi doch intensiv für die Keramik des Fernen Ostens. So war es fast nur folgerichtig, daß er eine Zeitlang Glasuren mit Craqueluren bevorzugte. Stets jedoch bestimmte schon in der Frühzeit eine gewisse Formstrenge seine Arbeiten.
Um für seine Arbeit eine wachsende solide Basis zu finden, begann Bampi nun mit systematischen keramisch-technischen Studien, in deren Folge er 1939 ein keramisches Versuchslabor einrichtete. Seine Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Glasurtechnik sollten denn auch wegweisend werden. So technisch sicher bereits Bampis Vasen aus der Zeit wirken, in der er noch Anregungen seiner Bauhauszeit und seiner Beschäftigung mit chinesischer Kunst verarbeitete – seine entscheidende Leistung begann mit dem Übergang zum Steinzeug und der Lösung von allen „Gebrauchs“-Bestimmungen. 1941 findet sich das erste Steinzeug mit Feldspat-Fritteglasuren, die einen dicken Fluß aufwiesen und oft zusätzlich eine starke Tropfenbildung zeigten (Brenntemperatur 1200 °C). Für diese Weiterentwicklung erwies sich nun der schwere Kanderner Ton als nicht mehr günstig; Bampi ließ sich nun Ton aus anderen Regionen schicken, zunächst aus dem Main-Gebiet, aus Sachsen, später aus dem Westerwald, der einen fast weißen Scherben ergibt.
Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs, der zur Stillegung des Betriebes geführt hatte, begann Bampi wieder neu mit der Herstellung von Kunst- und Gebrauchskeramiken. Bald stand er in der vordersten Reihe der deutschen Keramiker. Für Experimente stets aufgeschlossen, schuf er die ersten asymmetrischen Gefäße und beschäftigte sich mit abstrakter Plastik. Von neuen Formen vegetativen Charakters, die er entwickelte, sind sein „Elefantenzahn“ (1951), der „Elefantenrüssel“ (1952), das „Ei“ (1952), die „Fruchtform“ (1954) und der „Kürbis“ (1954) besonders bekannt geworden. 1959 erschienen seine ersten Kristallglasuren, die er immer mehr vervollkommnete. Hierbei gelangen ihm ungewöhnliche Farbkombinationen, wobei er die Zusammenstellung von Blau und Braun besonders liebte. Allergrößte Beliebtheit gewannen jedoch seine weißen Kristallglasuren, gelegentlich leicht getönt und so einen perlmutterartigen Glanz erreichend. Die atmende Oberfläche seiner keramischen Gebilde gibt seinen Werken einen intimen Reiz, der sie teilweise zu wahren Kostbarkeiten werden läßt. Die Behandlung des Lichtes auf den Flächen der Glasur gibt Bampis Werken letztlich ihren unverlierbaren Adel. In Vorträgen und Publikationen gab er sein Wissen weiter. In seiner Werkstätte sammelten junge Keramikerinnen und Keramiker Erfahrungen.
Sein unbestreitbares überragendes Können brachte Bampi einen internationalen Ruf als Keramiker ein. Wie wenige Künstler seiner Generation vermittelte er der Keramik entscheidende Impulse und wirkte mit seinen Schriften nachhaltig auf die folgende Generation ein.
Seinem Rang entsprechend war Bampi auf zahlreichen wichtigen internationalen Ausstellungen mit seinen Werken vertreten, und dabei durfte er auch viele Auszeichnungen entgegennehmen, von denen nur einige beispielhaft genannt seien: der Bayerische Staatspreis mit Goldmedaille (1953), der Baden-Württembergische Staatspreis (1953 und 1961), eine Goldmedaille in Madrid (1953) und in Prag (1962), eine Silbermedaille in Cannes (1955) und in Faenza (1955), eine Bronzemedaille in Mailand (1954), der Hessische Staatspreis (1954), der Große Preis in Cannes (1956). Alle großen öffentlichen Sammlungen besitzen Werke von Bampi, in Baden-Württemberg zum Beispiel das Badische Landesmuseum in Karlsruhe, die Kunsthalle Mannheim, das Landesgewerbeamt in Stuttgart, das Augustinermuseum in Freiburg, das Museum am Burghof in Lörrach, das Heimatmuseum in Kandern und Schloß Bürgeln.
Was Bampi vor allem ausgezeichnet hatte, und das macht nicht zuletzt seinen künstlerischen Rang aus, war, in Verbindung mit seinem unbestreitbaren handwerklichen Können, die Technik des Glasierens systematisch zu erforschen und zu vervollkommnen. Nicht nur in langen Nächten vor seinem Ofen, wo die Glasuren beim Brand ihre Metamorphose durchmachten, sammelte er Erfahrungen, in seinem Labor betrieb er Studien mit wissenschaftlicher Genauigkeit. So hatte Bampi etwa für den hellen Westerwälder Ton Feldspatglasuren und einzelne Fritteglasuren entwickelt, die die Eigenschaft besaßen, im Elektroofen bei 1160 °C, später bei 1200 °C zu schmelzen. Hinzu trat schließlich die künstlerische Intuition, und all das zusammen führte dann zu den großartigen Ergebnissen in seinem Werk, dessen Formen in der Zeitspanne des Spätwerkes eine immer stärker hervortretende Vereinfachung erfuhren. Keramik auf solch hohem Niveau konnte kein Handwerker mehr herstellen, dazu bedurfte es eines Künstlers, der es verstand, eine subtile Einheit von Gefäß und Farbe zu schaffen. Die Gestaltung seiner Preise doch blieb stets überaus bescheiden, so daß sie bis zum Schluß auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich waren.
Ein ständiges Auseinandersetzen mit den geistigen Strömungen seiner Zeit war ihm nicht zuletzt auf Grund einer fundierten Bildung selbstverständlich, und dieser wache Blick für die zeitgenössische Kunst befruchtete in besonderer Weise seine eigene Arbeit. In diesem Zusammenhang bleibt die tiefe Freundschaft mit dem Maler Julius Bissier zu erwähnen, der nicht nur Modelle für die Produktion entwarf, sondern auch Bampis Kenntnisse der ostasiatischen Kunst förderte. Wenn Bampi allerdings Ostasien als Leitbild vorschwebte, so dachte er dabei nie an simples Kopieren, sondern suchte dem geistigen Gehalt jener Schöpfungen nachzustreben. Bampi und Bissier gestalteten zum Beispiel zusammen eine Wanddekoration im Hof der Alten Universität in Freiburg.
Vom modernen Keramiker forderte Bampi, nicht etwa besondere Naturformen nachzuahmen, sondern aus seinem gestalterischen, d.h. schöpferischen Erleben „sollen Formen und Glasuren zustande kommen, die sind wie die Formen der Natur, aber darüber hinaus das Signum tragen: Ein Mensch hat es gestaltet, damit es in seiner Welt sei, als lebendiges Ding, in dem und mit dem er leben kann.“ Das war ein grundlegender Gedanke Bampis in einem Vortrag mit dem Thema „Grundlagen der Formentwicklung in unserer Zeit“ (1955). Und bis zuletzt mühte auch er sich denn im ständigen Paktieren mit den Kräften der Natur, seine Formen und hochgebrannten Glasuren immer weiter zu vervollkommnen, wobei es sich stets von neuem zu bewähren galt im Auseinandersetzen mit der Materie, um jene unverwechselbaren, farblich wunderbaren Gebilde zu erhalten, die für die Keramik des 20. Jahrhunderts einen hohen Maßstab gesetzt haben. Bampi, der aus eigener Erfahrung wußte, wie schwer es junge Keramiker haben, legte testamentarisch fest, daß sein gesamter Nachlaß versteigert und aus dem Erlös ein Richard-Bampi-Preis geschaffen werde zur Förderung junger Keramiker/innen bis zu 30 Jahren. Die Gesellschaft der Keramikfreunde wurde mit der Verwaltung dieses Vermächtnisses betraut. Im Jahre 1969 wurde der Preis erstmals vergeben, seither in unregelmäßiger Reihenfolge alle zwei bis vier Jahre.
Quellen: Hetjens-Museum, Düsseldorf; Museum am Burghof, Lörrach; Klaus Theiss, Steinen bei Lörrach
Werke: (Auswahl), in Museumsbesitz, Hetjens-Museum Düsseldorf, Keramion Frechen, Landesmuseum Karlsruhe, Kunsthalle Mannheim, Landesgewerbeamt Stuttgart, Augustinermuseum Freiburg, Museum am Burghof Lörrach, Heimatmuseum Kandern, Museum Feste Coburg, Museum Braunschweig, Schloß Bürgeln; in zahlreichen Privatsammlungen (Auswahl), Sammlung Thiemann, Hamburg, Sammlung Funke-Kaiser, Köln; Sammlung Klaus Theiss, Steinen; Sammlung Angelika und Dr. Berthold Hänel, Lörrach
Nachweis: Bildnachweise: Museum am Burghof, Lörrach; Klaus Theiss, Steinen; Angelika und Dr. Berthold Hänel, Lörrach

Literatur: (Auswahl), Siegfried Bröse, Richard Bampi, in: Werkkunst 1957, H. 1. Kleinere Aufsätze und Abbildungen von Keramiken zitiert in E. Klinge, Deutsche Keramik des 20. Jahrhunderts, 1975, 45; G. Reineking von Bock, Keramik des 20. Jahrhunderts, 1979, 90-94; Versteigerungskatalog Richard Bampi, Keramiken, 1967; Gerhard Moehring, Richard Bampi zum 85. Geburtstag, 1981, Sonderdruck aus Volker Scheer (Hg.) „Kandern, die Brezel- und Töpferstadt mit Umgebung“, 4. Aufl. 1981; LB 3-5, 15; Ausstellungskatalog (Hg. Heimat- und Keramikmuseum Kandern und Museum am Burghof Lörrach, 1996)
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