Egelhaaf, Gottlob Albert Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 01.03.1848;  Gerabronn
Sterbedatum/-ort: 02.03.1934;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Historiker, nationalliberaler Politiker
Kurzbiografie: 1866-1870 Studium in Tübingen
1870-1874 Lehrer in Schwäbisch Hall
1874-1885 Lehrer am Gymnasium Heilbronn
1885-1895 Lehrer am Karlsgymnasium Stuttgart
1895-1919 Rektor des Karlsgymnasiums Stuttgart
1901-1925 im Nebenamt Lehrauftrag für Geschichte an der Technischen Hochschule Stuttgart
1920-1926 Mitglied des württembergischen Landtags
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Mitgliedschaften: Mitglied der Historischen Kommission für Württembergische Landesgeschichte; Mitglied (später Vorsitzender) des württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins; Mitglied des Ausschusses des Vereins für Reformationsgeschichte; Mitglied des Ausschusses des deutschen Historikertags; Mitglied der Landessynode der Württembergischen Landeskirche; Ehrensenator der Technischen Hochschule Stuttgart
Verheiratet: 1881 Marie, geb. Essig (1858-1909)
Eltern: Vater: Gottlob Friedrich Egelhaaf (1804-1891), Ortsvorsteher und Oberamtspfleger in Gerabronn
Mutter: Rosine, geb. Stürmer (gest. 1855)
Geschwister: 2 Brüder
2 Schwestern
Kinder: Anna, verheiratete Dürr (geb. 1882)
GND-ID: GND/118687999

Biografie: Armin Kohnle (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 54-55

Bedingt durch einen Unfall im Jahr 1855, von dem er eine lebenslange Gehbehinderung davontrug, war Egelhaafs Kindheit geprägt von Schulwechseln und Sanatoriumsaufenthalten, bis er 1866 im Seminar Urach die Hochschulreife erwarb und in das Tübinger Stift aufgenommen wurde. Egelhaaf studierte klassische Philologie und Geschichte, trat der Studentenverbindung Normannia bei und schloss sich der pro-preußischen, nationalliberalen Deutschen Partei an, was ihn in einen Gegensatz zu seinem eher großdeutsch und demokratisch orientierten Vater brachte. Unter Egelhaafs Tübinger Lehrern sind der Altphilologe Adolf Michaelis und der Historiker Julius Weizsäcker hervorzuheben; Michaelis war es zu verdanken, dass ihm die Philosophische Fakultät, als er sein Studium 1870 unter dem Eindruck des deutsch-französischen Krieges abschloss, unter Anrechnung einer 1867/68 entstandenen Preisarbeit als Dissertation und unter Verzicht auf die mündliche Prüfung den philosophischen Doktortitel verlieh.
Selbst kriegsuntauglich, ließ sich Egelhaaf als Ersatz für einen eingezogenen Lehrer an die Lateinschule in Schwäbisch Hall abordnen; 1874 wechselte er nach Heilbronn. Von nun an wirkte er im wesentlichen auf drei Feldern: als Schulpraktiker, als Historiker mit wissenschaftlichen Ambitionen und als Politiker. Neben Geschichte und alten Sprachen zählten auch Deutsch und Religion zu seinen Unterrichtsfächern. Für den Schulgebrauch verfasste Egelhaaf 1881 „Grundzüge der deutschen Literaturgeschichte“ und 1885 in drei Teilen „Grundzüge der Geschichte“; beide Werke erlebten zahlreiche Auflagen und fanden an württembergischen Schulen weite Verbreitung. Durch zwei größere Arbeiten, eine Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, mit der er 1883 den zweiten Preis eines Ausschreibens gewann, und Analekten zur Geschichte, die 1886, ein Jahr nach seinem Wechsel an das Stuttgarter Karlsgymnasium, erschienen, hoffte er, die Tür zu einer akademischen Karriere zu öffnen. Als Historiker war Egelhaaf außerordentlich produktiv und wenig spezialisiert. Seine Arbeiten erstreckten sich auf das Gebiet der griechischen und römischen Geschichte, auf die frühe Neuzeit, vor allem die Reformationsepoche, zunehmend auch auf die Zeitgeschichte, die er mit Arbeiten über Kaiser Wilhelm I. und vor allem Bismarck abdeckte. Seit den 1890er Jahren wandte er sich zudem der württembergischen Landesgeschichte zu. Als 1887 durch den Tod Alfred von Gutschmids in Tübingen eine althistorische Professur vakant wurde, scheiterte die Berufung Egelhaafs nach heftigen, teilweise auch in der Presse ausgetragenen Auseinandersetzungen.
Wie ihm die wissenschaftliche Laufbahn lange verschlossen blieb, waren auch seine Bemühungen um ein politisches Amt zunächst erfolglos. Als Kandidat der Deutschen Partei, deren rechtem Flügel er zuzurechnen war, unterlag der Verehrer Bismarcks bei den Reichstagswahlen 1878 und 1893 sowie bei den Wahlen zum Württembergischen Landtag 1895 jeweils gegen demokratische Mitbewerber. Egelhaafs politisches Engagement ging nach seiner Ernennung zum Rektor des Karlsgymnasiums in Stuttgart 1895 merklich zurück. Der Erste Weltkrieg, den er in einer Flut von Veröffentlichungen verarbeitete, hat an seiner politischen Einstellung wenig geändert. Egelhaaf blieb Monarchist, arrangierte sich aber mit den neuen politischen Verhältnissen im Volksstaat Württemberg. 1918 schloss er sich der neugegründeten Bürgerpartei an, von der er ein Jahr später in die DVP übertrat. Bei den Landtagswahlen 1920 erhielt er einen der vier Sitze der DVP und eröffnete den Landtag als Alterspräsident. Als Parlamentarier betätigte er sich besonders auf dem Feld der Schul- und Kirchenpolitik. 1924 zog er erneut in den Landtag ein, aus dem er sich krankheitshalber jedoch wenig später zurückziehen musste.
Egelhaafs wissenschaftliche Ambitionen hatten sich 1901 mit einem Lehrauftrag für Geschichte und Kulturgeschichte an der Technischen Hochschule Stuttgart wenigstens teilweise erfüllt. Bis 1925 hielt er Vorlesungen, bis zum Krieg auch Seminarübungen, zu verschiedensten Themen vor allem der neueren Geschichte, die auch vom Stadtpublikum zahlreich besucht wurden. Als es 1919 wegen einer Schulfeier zu Kaisers Geburtstag und einer Broschüre über die Kriegschuldfrage zu einem Konflikt mit dem sozialdemokratischen Kultusminister kam, ließ sich Egelhaaf als Rektor des Karlsgymnasiums in den Ruhestand versetzen, den er zu verstärktem Engagement auf anderen Feldern nutzte. Neben seiner politischen Tätigkeit publizierte er weiterhin historische Arbeiten und wirkte in der Synode der Evangelischen Landeskirche sowie im Vorstand mehrerer historischer Vereinigungen mit. Eine Reihe von Schlaganfällen, die 1926 einsetzten, zwang ihn zum Rückzug aus dem aktiven Leben.
Quellen: NL in der WLB Stuttgart; Lebens-Erinnerungen von G. Egelhaaf, zum Druck bearb. von Adolf Rapp, 1960 (VKgLBW Reihe A 5).
Werke: (in Auswahl und ohne Angabe späterer Auflagen) – eine (unvollständige) Liste der Veröff. Egelhaafs in Lebens-Erinnerungen (siehe unter Quellen), 197 f. Weitere Zusammenstellungen in den unter Lit. angeführten Artikeln. – Grundzüge der deutschen Literaturgeschichte, 1881; Grundzüge der Geschichte, 3 Teile, 1885; Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, 1885; Analekten zur Geschichte, 1886; Kaiser Wilhelm und die Gründung des neuen deutschen Reiches 1797-1885, 1886; Deutsche Geschichte im sechzehnten Jh. bis zum Augsburger Religionsfrieden, 2 Bde., 1889-1892; Archivalische Beiträge zur Geschichte des schmalkaldischen Krieges, Schulprogramm Stuttgart 1896, 1-56; Gustav Adolf in Deutschland 1630-1632, 1901; Landgraf Philipp von Hessen, 1904; Geschichte der neuesten Zeit vom Frankfurter Frieden bis zur Gegenwart, 1908; Historisch-politische Jahresübersichten, 1908-1919; Bismarcks Sturz. Stand des Problems, 1909; Bismarck, sein Leben und sein Werk, 1911; Deutschland und die Mächte, 1914; Die Befreiungskriege, 1915; Deutsche Betrachtungen über den Weltkrieg, 1915; Bismarck und der Weltkrieg, 1915; Bismarck. Für das deutsche Volk dargestellt, 1915; Theobald von Bethmann-Hollweg, der fünfte Reichskanzler, 1916; Zwei Schwaben-Reden zur gegenwärtigen Lage (zusammen mit Theobald Ziegler), 1917; Geschichte der deutschen Kaiseridee, 1922; Hannibal. Ein Charakterbild, 1922; Zur Charakteristik Bismarcks, 1922; Württembergische Geschichte, 1922; Bismarcks Verdienste um Deutschland, 1924; Geschichte der Neuzeit vom Wiener Kongress bis zur Gegenwart, 1925.
Nachweis: Bildnachweise: Rapp (vgl. Quellen) vor VII; Raberg (vgl. Lit.), 159.

Literatur: H. A. L. Degener, Wer ist’s?, 2. Ausg. 1906, 261 f.; 9. Ausg. 1928, 336 f.; Kürschner 1, 1925, 186; 2, 1926, 349 f.; Peter Goeßler, G. Egelhaaf, in: WVjhLG 40 (1934), 136-145; Raberg, Biogr. Handbuch, 159-161 (weitere Literatur).
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