Roegele, Otto Bernhard 

Geburtsdatum/-ort: 06.08.1920;  Heidelberg
Sterbedatum/-ort: 06.09.2005; Bergisch Gladbach
Beruf/Funktion:
  • Publizist, Zeitungs- und Kommunikationswissenschaftler
Kurzbiografie: 1926-1930 (Pestalozzi-)Volksschule Bruchsal
1930-1938 humanistisches (heute: Schönborn-)Gymnasium in Bruchsal bis Abitur
1938-1945 Studium der Philosophie, Geschichte und Medizin in München, Heidelberg, Erlangen und Straßburg, mit kriegsbedingten Unterbrechungen
1939-1945 Reichsarbeitsdienst 1939, ab 1941 Kriegsdienst in Russland mit Verwundung, Lazarettaufenthalt in Smolensk und Heidelberg; Eisernes Kreuz II. Klasse und Infanteriesturmabzeichen; 1942 in der Studentenkompanie in Straßburg mit Weiterstudium an der Reichsuniversität
1945 2. Apr. und 24. Apr. Doppelpromotion zum Dr. phil. Straßburg – Tübingen: „Damian Hugo Graf Schönborn als Diplomat im Dienste von Kaiser und Reich 1708-1719“, bei Günther Franz und zum Dr. med. in München: „Ein Beitrag zur Frage des Pikrinsäure-Icterus“ bei Fritz Eichholtz, Heidelberg und August Wilhelm Forst, München
1945-1948 Medizinalassistent am Neuen Vincentius-Krankenhaus Karlsruhe (1945/46); danach medizinwissenschaftliche und medizinhistorische Ausbildung und Tätigkeit an der Ludolf-Krehl-Klinik Heidelberg bei R. Siebeck und V. von Weizsäcker (1946/48)
1946-2005 freier Mitarbeiter, 1948 Redaktionsmitglied und Leiter des Ressorts Kulturpolitik beim Rheinischen Merkur, 1949 Chefredakteur, 1963 Herausgeber, 1980 Mitherausgeber
1963-1985 ordentlicher öffentlicher Prof. für Zeitungswissenschaft und Vorstand des gleichnamigen Instituts, ab 1974 genannt „Institut für Kommunikationswissenschaft (Zeitungswissenschaft)“ an der Universität München
1963 Mitbegründer und zeitweiliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Zeitungswissenschaft München
1966-1988 Mitbegründer und Gründungspräsident der Hochschule für Fernsehen und Film München (1966/67) sowie Leiter der Abteilung „Gesellschaftliche Kommunikation und Studium Generale“, später umbenannt in „Kommunikationswissenschaft und Ergänzungsstudium“ (1967-1988)
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Dr. phil. et litt. h. c. der Universität Navarra, Spanien (1967); Ritter der französischen Ehrenlegion (1965); Bayerischer Verdienstorden (1968); Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1982); Bayerische Verfassungsmedaille (1986); Ehrenmedaille der Stadt Bruchsal (1990); Ritter des Ordens für Kunst und Literatur – „Art et Lettres“ – der Französischen Republik (1992); Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (1993); Komturkreuz des Päpstlichen Gregoriusordens (2000)
Verheiratet: 1948 (Karlsruhe) Gertrud, geb. Kundel, Dr. med.
Eltern: Vater: Otto (1882-1958), Gymnasialprofessor
Mutter: Elisabeth, geb. Winter (1898-1966)
Geschwister: 2:
Gottfried (1926-1999)
Bernhard (geb. 1929)
Kinder: 3:
Clemens (geb. 1949)
Bernhard (geb. 1950)
Franz (geb. 1952), Dr. med.
GND-ID: GND/118745662

Biografie: Clemens Siebler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 4 (2007), 295-300

In eine Zeit wachsender Polarisierungen hineingeboren, hatte Roegele sich schon im jugendlichen Alter dem Nationalsozialismus gegenüber standfest gezeigt. Zusammen mit Gleichgesinnten gehörte er jener Gruppe Bruchsaler Schüler an, die entschlossen waren, unter dem Namen „Christopher“ das religiöse und jugendbewegte Erbe ihrer Gemeinschaft weiterzuführen, nachdem im Sommer 1939 der katholische Schülerbund „Neudeutschland“ im gesamten Reichsgebiet verboten worden war. Die Bildung dieser Geheimgruppe war die jugendgemäße Absage an den herrschenden Geist der Gleichschaltung und ein Bekenntnis zur eigenständigen Auseinandersetzung mit der neuen Lehre. Roegeles autobiographischem Bericht zufolge sollte ihn die gesetzwidrige Fortführung einer Gruppe in ein Gestapo-Verfahren verwickeln, das ihn bis in den Schützengraben vor Smolensk und in das heimatliche Lazarett verfolgte.
Die Kraft, eine solche folgenschwere Entscheidung aus christlicher Überzeugung zu treffen, war ihm vor allem aus dem Elternhaus und seiner starken Bindung an die Kirche erwachsen. Bereits mit fünfeinhalb Jahren eingeschult begann Roegele nach Beendigung der Gymnasialzeit, mehrfach die Hochschule wechselnd, das Studium der Philosophie, Geschichte und Medizin. Auf die Ableistung des Reichsarbeitsdienstes (Sommer 1939) und die Ablegung der ärztlichen Vorprüfung in Erlangen (Dezember 1940) folgten die Einberufung zum Heer und sein Kriegseinsatz als Infanterist in Russland. Nach seiner Verwundung und einem Lazarettaufenthalt in der Heidelberger Ludolf-Krehl-Klinik kam er 1942 in die Studentenkompanie nach Straßburg, wo er die Möglichkeit hatte, sein Studium fortzusetzen und sich auf das ehrgeizige Ziel einer Doppelpromotion vorzubereiten. Nachdem die Kriegsereignisse im Spätjahr 1944 die räumliche Verlegung der Reichsuniversität nach Tübingen notwendig gemacht hatten, konnten ihm noch kurz vor Kriegsende von Tübingen aus der philosophische und von der Universität München der medizinische Doktortitel zuerkannt werden. Grundlage seiner medizinischen Dissertation waren Versuche, deren Resultate Roegele wegen der Räumung Straßburgs zweimal an sich selbst gewonnen hatte.
Nur wenige Wochen war Roegele in amerikanischer Kriegsgefangenschaft, und so konnte er schon 1945/46 von Bruchsal aus am Neuen Vincentius-Krankenhaus in Karlsruhe seine Ausbildung zum Facharzt absolvieren und danach an der Heidelberger Ludolf-Krehl-Klinik medizinwissenschaftlich und medizinhistorisch arbeiten (1946/48). Es war die wirtschaftliche Notlage, die ihn damals veranlasste, sich nebenberuflich journalistisch zu betätigen. Bereits in der Erstausgabe des 1946 neugegründeten Rheinischen Merkur erschien, wenn auch ohne Namensnennung, ein Artikel über die Situation in der im Bombenkrieg schwer getroffenen Stadt Karlsruhe, und so kann Roegele im eigentlichen Sinn zu den ersten Männern dieser überregionalen Zeitung nach dem II. Weltkrieg gezählt werden. Über zwei Jahre hinweg berichtete er hauptsächlich aus dem mittel- und nordbadischen Raum, verfasste aber auch für das Feuilleton kulturpolitische und medizinische Beiträge. 1948 wurde er als Leiter des Ressorts Kulturpolitik Redaktionsmitglied und schon ein Jahr später mit 29 Jahren als Nachfolger von Franz Albert Kramer (1900-1950) Chefredakteur des renommierten Blattes. Sein publizistisches Engagement galt vornehmlich der jungen Demokratie auf christlich-föderalistischer Grundlage, der Verständigung mit Frankreich und der europäischen Einigung.
Im Jahre 1963 wurde Roegele auf den Lehrstuhl für Zeitungswissenschaft an der Universität München berufen und zum Vorstand des gleichnamigen Instituts ernannt. Beide Funktionen hat er bis zu seiner Emeritierung 1985 ausgeübt. Die Berufung an die Hochschule hatte ihn erreicht, ohne dass er das Fach studiert hatte; dank seiner großen Praxiserfahrung konnte er sich jedoch rasch einarbeiten. Den 1967 an ihn ergangenen Ruf auf einen Lehrstuhl an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg schlug er aus; er hatte jedoch bereits in den Jahren 1965/66 als Lehrbeauftragter tatkräftig mitgeholfen, dem noch jungen Fach Publizistikwissenschaft an der 1962/64 neugegründeten „Paridiana“ wirksame Starthilfe zu geben.
Noch ganz dem alten Prinzip der fachdisziplinären Abgrenzung verpflichtet waren an der Münchener Universität der 1950er Jahre Publizistik und Zeitungswissenschaft überwiegend geisteswissenschaftlich ausgerichtet, wobei die Anstöße der Soziologie, die empirisch zu arbeiten begann, kaum berücksichtigt wurden. Angesichts neuartiger gesellschaftlicher Anforderungen an das von ihm vertretene Fach war es das besondere Verdienst Roegeles, die Forschungen seines Instituts auf eine breitere sozialwissenschaftliche Basis zu stützen. Er entwickelte ein interdisziplinäres Fachprogramm, das neben Soziologie und Politik nach und nach auch Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik einschloss und somit den Charakter einer regelrechten „Integrationswissenschaft“ annahm, die maßgeblich von der Idee geprägt war, Theorien, Konzepte oder Methoden auch benachbarter Disziplinen aufzunehmen. Auf diese Weise gelang es ihm, die traditionsreiche Zeitungswissenschaft nahtlos in die moderne Kommunikationswissenschaft überzuleiten. Im Zuge der Einrichtung sogenannter „Fachbereiche“ an der Münchener Universität 1974/75 wurde Roegele zum ersten Dekan der Sozialwissenschaftlichen Fakultät gewählt.
Mit dem Wechsel an die Hochschule verzichtete Roegele auf den Posten des Chefredakteurs beim Rheinischen Merkur, er blieb aber dessen Herausgeber und ab 1980 Mitherausgeber. Weit länger als ein halbes Jahrhundert hat er seiner Wochenzeitung die Treue gehalten, und von der ersten Ausgabe im März 1946 bis kurz vor seinem Tod hat er eine „vierstellige Zahl von Beiträgen“ veröffentlicht (W. Hömberg). Da er weiterhin für die Zeitung schrieb, konnte er in seiner Doppelfunktion das wichtige Anliegen verfolgen, die Verbindung von Zeitungswissenschaft und journalistischer Praxiserfahrung zu intensivieren. Hierbei kam ihm entgegen, dass er 1966/67 zum Gründungspräsidenten der Hochschule für Fernsehen und Film in München berufen und zum Leiter der Abteilung „Kommunikationswissenschaft und Ergänzungsstudium“ ernannt wurde.
In seiner Tätigkeit als Journalist entfaltete Roegele eine außergewöhnliche Aktivität. Er gehörte 1963 zu den Gründern der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Zeitungswissenschaft (seit 1972 „für Publizistik und Kommunikationswissenschaft“), in der er für die Geschäftsjahre 1965/66 und 1970/71 den Vorsitz innehatte und lange Jahre Mitglied des Vorstandes war. Er hatte wesentlich zum Selbstverständnis der noch jungen Disziplin beigetragen und galt im gesamten deutschen Sprachraum als der anerkannte Motor für die Expansion und wachsende Reputation seines Faches. Aber auch auf internationaler Ebene gewann Roegele zunehmend an Einfluss und Ansehen. So war er innerhalb der deutschen UNESCO-Kommission (Bonn) zeitweilig Vorsitzender des Ausschusses „Massenkommunikation“ und als stellvertretender Generalsekretär Mitglied des Vorstandes der Internationalen Vereinigung der Kommunikations-Wissenschaftler „International Association of Media and Communication Research/Association Internationale des Études et Recherches sur l'Information et la Communication“ (IAMCR/AIERI) mit Sitz in Paris.
Roegele lag sehr daran, seine Forschungsaktivitäten auch außerhalb des universitären Rahmens betreiben zu können. Vor allem bei der Entgegennahme von Forschungsaufträgen aus der Wirtschaft wünschte er sich eine freiere Hand, die ihm die Universität nicht immer zu geben bereit war. Zusammen mit seinen engsten Mitarbeitern in München und Fachkollegen aus Nürnberg, Salzburg und Zürich gründete er 1971 die „Arbeitsgemeinschaft für Kommunikationsforschung e. V.“. Seine unbestrittene Führungsposition sowohl auf deutscher als auch europäischer und internationaler Ebene wirkte sich auch positiv auf das von ihm geleitete Universitätsinstitut als Forschungsplatz aus. 1978 konnte er die Einrichtung des Diplomstudiengangs „Journalistik“ an der Münchener Universität erreichen.
Von Roegele, der sich eingehend mit der Medien- und Kommunikationspolitik befasst hat, gingen wichtige Impulse für die empirische Journalismusforschung aus. Er war ein ausgewiesener Kultur- und Medienkritiker von hohem Rang und denkerischer Schärfe mit geradezu einer Hellsichtigkeit für Zeitfragen. Eines seiner besonderen Anliegen war die medienethische Reflexion, und er beanspruchte für sich das Recht, normative Aussagen zur Kommunikations- und Medienethik zu machen. Indem er nicht selten vor dem „Blendwerk“ des Medienbetriebs warnte, hat er sich nicht gescheut, immer wieder auch Grenzverletzungen durch die Medien anzuprangern. Gerade unter diesem Gesichtspunkt darf das 2 000 von seinen ehemaligen Mitarbeitern herausgegebene letzte Buch Roegeles „Plädoyer für publizistische Verantwortung“ als ein berufsethisches Vermächtnis angesehen werden.
Roegele war gläubiger Katholik, ohne dabei anderen Überzeugungen die gebührende Achtung und Toleranz zu versagen. Bei seiner Kenntnis und Vertrautheit mit den religiösen Zeitfragen nahm er maßgeblichen gestalterischen Anteil am kirchlichen Leben in der Bundesrepublik, und angesichts des gesellschaftspolitischen Auftrags der Kirche hat er sich immer wieder publizistisch in die Diskussion eingeschaltet. Schon 1968 zählte er im Auftrag der deutschen Bischöfe zu den Mitinitiatoren des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses in München (ifp). Viele Jahre war er Berater der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern gehörte er 1972 unter der Leitung von Joseph Ratzinger (seit 2005 Benedikt XVI.) zu den Mitgründern der Internationalen Katholischen Zeitschrift „COMMUNIO“. Er war Mitglied der Gemeinsamen Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland in Würzburg (1971-1975), wo er der Sachkommission für Erziehung, Bildung und Information angehörte und von 1957 bis 1963 Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizisten (Bergisch Gladbach, gegründet 1948). Als langjähriges Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken zählte er auch auf einigen Deutschen Katholikentagen, u. a. in Düsseldorf (1982) und Aachen (1986), zu den besonders beachteten Referenten. Roegeles feste Verwurzelung im katholischen Glauben hat ihn jedoch nicht daran gehindert, sich bewusst ökumenisch auszurichten. Die Fusion des Rheinischen Merkur mit der evangelischen Deutschen Zeitung/Christ und Welt (1979) entsprach ganz dieser Linie und ist maßgeblich von ihm unterstützt und vorangetrieben worden.
Von der religiösen Grundeinstellung ist auch zu großen Teilen Roegeles umfassendes Schrifttum geprägt. Neben den politischen und gesellschaftlichen Zeitfragen lagen seine bevorzugten Themenfelder hauptsächlich im religiös-kirchlichen Bereich, wobei er der Vorbereitung, dem Verlauf und den Nachwirkungen des II. Vatikanischen Konzils besondere Aufmerksamkeit widmete. Außer seinem publizistischen Engagement sowohl für die deutsche als auch die europäische Einheit, das sich bei ihm vornehmlich in seiner langjährigen Mitarbeit in der Historischen Kommission (Bonn) niederschlug, hat der promovierte Historiker immer wieder starke regional- bzw. heimatgeschichtliche Akzente gesetzt. Ganz im Gegensatz zum Trend der Zeit wandte er sich vor allem der Kommunikatorforschung, speziell der journalistischen Berufsforschung zu und bekundete somit zugleich sein Interesse an den Subjekten journalistischer Tätigkeit. Roegele schrieb eine Reihe brillanter Porträts, u. a. von Franz Joseph Ritter von Buß, Joseph Görres, Heinrich Hansjakob und Wilhelm Hausenstein, vertiefte sich aber auch in das Leben von Karl Marx. Er veröffentlichte außerdem personengeschichtliche Studien zu Markgraf Bernhard von Baden, für dessen wenn auch nicht erfolgte Heiligsprechung er sich in den 1950er Jahren vor allem publizistisch einsetzte, zu Damian Hugo Kardinal von Schönborn und in diesem Zusammenhang, als Mitarbeiter in der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, auch verschiedene Beiträge zur Geschichte seiner Heimatstadt als der ehemaligen Residenz der Fürstbischöfe von Speyer. Kurz nach dem Ableben von Johannes Paul II. verfasste er noch eine Würdigung unter dem Titel „Der Medienpapst“ und nur wenige Tage vor seinem eigenen Tod einen Nachruf auf seinen früheren wissenschaftlichen Assistenten und Mitarbeiter Peter Glotz.
Als überzeugter Föderalist war Roegele seiner badischen Heimat eng verbunden. Daher hat auch er sich in der Neugliederungsfrage für die Wiederherstellung Badens ausgesprochen. Mit Leo Wohleb, dem er in einer Gedenkschrift zum 80. Geburtstag eine von großem Respekt getragene Würdigung widmete, war er überzeugt, dass die notwendigen Voraussetzungen für ein eigenständiges Bundesland am Oberrhein sehr wohl gegeben waren; ebenso realistisch schätzte er aber auch die Kräfte ein, die sich seiner Neubildung vehement entgegenstellten. Den Abstimmungsmodus, der dem Volksentscheid zugrunde lag, hat Roegele stets als Rechtsmakel der jungen Bundesrepublik angesehen.
Roegele war ein Mensch von großer Bescheidenheit, der sich gern zurückhaltend und wortkarg gab. Dies jedoch hinderte ihn nicht, seine weltanschaulichen Standpunkte und religiösen Überzeugungen streitbar zu vertreten, wobei er es aber auch hier nie an echter Toleranz und Respekt vor dem publizistischen oder politischen Gegner fehlen ließ. Gerade weil er befähigt war, auch dort vermittelnd einzuwirken, wo sich die Fronten verhärteten, war Roegele sowohl als Publizist als auch als akademischer Lehrer hoch angesehen. Dass ihm während der Studentenunruhen 1968/69 diese integrierende, stets auf Ausgleich bedachte Kraft buchstäblich aus den Händen glitt, bedeutete für ihn dauerhaft eine der bittersten Erfahrungen und Enttäuschungen des gesamten Berufs- und Gelehrtenlebens.
Die Vielfalt der von Roegele ausgeübten Tätigkeiten spiegelt sich eindrucksvoll in den Auszeichnungen wider, die ihm sowohl von staatlicher als auch kirchlicher und wissenschaftlicher Seite zuteil geworden sind. Hohe Ehrungen wurden ihm auch vom europäischen Ausland zuerkannt, so z. B. die Ernennung zum Ritter der Französischen Ehrenlegion, womit Staatspräsident de Gaulle Roegeles Bemühungen um Gründung und Fortbestand der jährlichen deutsch-französischen Journalistenbegegnungen würdigen wollte. In den letzten Lebensjahren litt Roegele zunehmend unter körperlichen Gebrechen; er durfte sich aber einer erstaunlichen Beweglichkeit des Geistes erfreuen, die ihm erlaubte, bis zuletzt „an den Zeitläuften teilnehmen und sie kommentieren zu können“ (M. Schmolke). Kurz nach seinem 85. Geburtstag starb er an seinem langjährigen Wohnsitz.
Quellen: BA Berlin AZ R 76 IV/19; A d. Bad. Heimat Freiburg; Nachlass im Familienbesitz (Dr. Gertrud Roegele, Berg. Gladbach); Mitteilungen von Bernhard Roegele, Berg. Gladbach, d. Univ. AA Tübingen u. München vom April 2006 sowie des Instituts für Kommunikationswissenschaft u. Medienforschung an d. Univ. München vom Juni 2006.
Werke: Auswahlbibliographie O. B. Roegele, Bearb. W. Hömberg, in: Publizistik. Vjhs. für Kommunikationsforschung, 1980, 356-363, 1985, 364-366, 1990, 352-354, 1995, 492-494, 2000, 379-380; ders. (Bearb.), O. B. Roegele: Auswahlbibliographie 1945-2005, in: Communicatio Socialis. Internat. Zs für Kommunikation in Religion, Kirche u. Gesellschaft, H. 4, 2005, 425-443; Kürschners Dt. Gelehrten-Kalender 2005, Bio-bibliogr. Verzeichnis dt.sprach. Wissenschaftler d. Gegenwart, Bd. II, 2005, 2849. – Einzeltitel (Auswahl): Pressereform u. Fernsehstreit. Texte zur Kommunikationspolitik 1832 bis heute, 1965; Student im Dritten Reich, in: H. Kuhn u. a., Die dt. Universität im Dritten Reich, 1966, 135-174; Die Zeitungswissenschaft im Streite d. Fakultäten (= Münchener Antrittsvorlesung), in: Publizistik. Zs für die Wissenschaft von Presse, Rundfunk, Film, Rhetorik, Werbung u. Meinungsbildung, H. 3-4, 1966, 390-398; Begegnungen mit Leo Wohleb, in: Humanist u. Politiker. Leo Wohleb d. letzte Staatspräsident des Landes Baden, Gedenkschrift zu seinem 80. Geb. am 2. Sept. 1968, hg. von P.-L. Weinacht, 1969, 150-155; Presse u. Publizistik des dt. Katholizismus 1803-1963, in: A. Rauscher (Hg.), Der soziale u. polit. Katholizismus. Entwicklungsstadien in Deutschland 1803-1963, Bd. II, 1982, 395-434; „Hat nie aufgehört ...“. Kath. Jugend in d. Illegalität, in: Roegele Eilers (Hg.), Löscht den Geist nicht aus. Der Bund Neudeutschland im Dritten Reich. Erlebnisberichte, 1985, 154-162; Neudr. in: J. Pottier (Hg.), Christen im Widerstand gegen das Dritte Reich, 1988 u. ²1995, 496-506; Schüler im „Dritten Reich“. Ein autobiogr. Fragment, in: Gelb-rot-gelbe Regierungsjahre. Bad. Politik nach 1945, hg. von P.-L. Weinacht, 1988, 23-32; Ausbreitung, Lähmung, Konsolidierung – München 1963-1985, in: A. Kutsch/H. Pöttker (Hgg.), Kommunikationswissenschaft – autobiographisch, 1997, 62-109; Gestapo gegen Schüler. Die Gruppe „Christopher“ in Bruchsal, ²2000; Plädoyer für publizist. Verantwortung. Beiträge zu Journalismus, Medien u. Kommunikation, hgg. von P. E. Dorsch-Jungsberger u. a., 2000; Worauf es ankommt. Reflexionen über Deutschlands Zukunft, 2003; Der „Medienpapst“, in: Communicatio Socialis, H. 3, 2005, 287-290; Persönliche Erinnerungen an Peter Glotz, in: Rheinischer Merkur, 60. Jg., Nr. 35 vom 1. 9. 2005, 21.
Nachweis: Bildnachweise: Rheinischer Merkur Nr. 37 vom 15.9.2005, 1 u. 2; FAZ Nr. 210 vom 9.9.2005, 4; Konradsblatt Nr. 39 vom 25.9.2005, 33.

Literatur: E. Schreiber, O. B. Roegele. Eine biographische Skizze, in: Kommunikation im Wandel d. Gesellschaft. FS für O. B. Roegele, hgg. von E. Schreiber u. a., 1985, 373-378; M. Löblich, O. B. Roegele Biografie u. Forschungsfragen, in: Das Menschenbild in d. Kommunikationswissenschaft, 2004, 29-34; J. Lerchenmüller, Das Ende d. Reichsuniversität Straßburg in Tübingen, in: Bausteine zur Tübinger Universitätsgeschichte, Folge 10, hg. von J. M. Wischnath, 2005, 135-137; P. Glotz, Von Heimat zu Heimat. Erinnerungen eines Grenzgängers, 2005, 128 f.; W. Roegele Langenbucher, Aufrecht u. tolerant. Zum Tode des Publizisten O. B. Roegele, in: Süddt. Ztg. vom 9.9.2005, 17; ders., Bewundernswertes Vorbild. Zum Tode von O. B. Roegele, in: Funkkorrespondenz vom 16.9.2005; M. Rutz, Ein großer Freund. Zum Tode von O. B. Roegele, in: Rheinischer Merkur vom 15.9.2005, 1; H. Maier, Lotse in den Stürmen d. Zeit. Arzt, Journalist, Medienwissenschaftler, ebd. 2; Stimmen zum Tod unseres Herausgebers [O. B. Roegele], ebd. 2 f.; W. Hömberg, Auftragsverwalter d. Neugier. Zum Tode des Kommunikationswissenschaftlers u. Publizisten O. B. Roegele, in: Bundesjournalisten-Verband Report H. 5, 2005; ders, O. B. Roegele (6. 8. 1920-6. 9. 2005), in: Publizistik. Vjhs. für Kommunikationsforschung H. 4, 2005, 482-484; M. Schmolke, Erinnerungen an O. B. Roegele, in: Communicatio Socialis H. 4, 2005, 419-424; A. Schmid, In Memoriam. O. B. Roegele, in: BH H. 4, 2005, 642; W. Roegele Langenbucher, Der Zeitungswissenschaftler als Kommunikationswissenschaftler. Vortrag beim Symposium zu Ehren von O. B. Roegele d. Sozialwiss. Fakultät an d. Univ. München vom 27.1.2006, hg. vom Institut für Publizistik- u. Kommunikationswissenschaft d. Univ. Wien, 2006.
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