Meid, Hans 

Geburtsdatum/-ort: 03.06.1883;  Pforzheim
Sterbedatum/-ort: 06.01.1957;  Ludwigsburg
Beruf/Funktion:
  • Maler
Kurzbiografie: 1899 Realschule in Pforzheim
1900 Studium an der Kunstakademie Karlsruhe; Schüler von Ludwig Schmid-Reutte, Walter Conz und Wilhelm Trübner
1906 Ehrengehalt der Vereinigten Kunstfreunde in den Ländern am Rhein, Reise nach Paris
1907 Entwerfer an der königlichen Porzellanmanufaktur Meißen
1908 Niederlassung als freier Künstler in Berlin
1910 Villa Romana-Preis
1911 Ordentliches Mitglied der Berliner Sezession; Aufenthalt in Florenz; Radierzyklus Othello
1912 Reise nach Rom; Radierzyklus Don Juan
1914 Sächsische Staatsmedaille für Kunst; Kriegsdienst: Zuerst als Armierungssoldat in Küstrin, dann in der karthographischen Abteilung des stellvertretenden Generalstabs in Berlin
1918 Erste Buchumschläge
1919 Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste, Berlin; Erwerb einer Villa in Berlin-Steglitz
1921 Bühnenbilder für Max Reinhardts Sommernachtstraum
1924 Reise durch Italien; Wandmalereien in der Komödie am Kurfürstendamm, Berlin
1925 Reise nach Spanien und auf die Kanarischen Inseln; 1926 Reise nach Südfrankreich
1927 Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Berlin
1934 Leiter des Meisterateliers für Graphik an der Preußischen Akademie
1943 Zerstörung der Villa in Berlin; Verlust des dort gelagerten künstlerischen Inventars; Übersiedlung in die Probstei Straßengel, Steiermark; 1944 Flucht nach Wolfersdorf, Thüringen; 1946 Übersiedlung nach Gereuth, Franken
1947 Leiter der Klasse für Graphik an der Staatlichen Kunstakademie, Stuttgart
1948 Wohnsitz im Schloß Ludwigsburg
1951 Emeritierung
1956 Hans Thoma-Preis
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1907 Eveline, geb. Sprick
Eltern: Vater: Karl Theodor, Kaufmann
Mutter: Frieda, geb. Keller
Geschwister: 2
Kinder: 1 Tochter
1 Sohn (Max geb. 1910)
GND-ID: GND/118782851

Biografie: Ralph Jentsch (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 232-234

Der Maler, Graphiker und Buchillustrator Meid gelangte früh zu Ruhm und weitreichender Anerkennung durch ein brillantes Radierwerk, mit dem er ebenbürtig neben Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt zu den bedeutendsten Vertretern des deutschen Impressionismus gerechnet werden kann. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er zuerst an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe und dann ab 1900 an der dortigen Kunstakademie unter den Lehrern Schmid-Reutte, Conz und Trübner. Nach einem mißglückten Zwischenspiel als Malereivorsteher an der Meißner Porzellanmanufaktur (1907) – für die dortigen Verhältnisse war Meid zu progressiv – ließ er sich 1908 als freischaffender Künstler in Berlin nieder und beschickte die Sezession und große Berliner Kunstausstellungen mit Arbeiten. Meids anfänglicher Erfolg lag darin, den Impressionismus, dessen Bedeutung bislang im Primat der Farbe lag, mit seinen schwarz-weiß Radierungen um eine wesentliche Komponente bereichert zu haben. In einer eigens entwickelten Technik mit Grabstichel und Kaltnadel schuf Meid in rascher Folge (1908-1913) ein Radierwerk, das ihn in kurzer Zeit zu den bekanntesten und begehrtesten Künstlern seiner Zeit werden ließ. Erotische Motive und arkadische Szenerien, radiert in einem furiosen Hell-Dunkel, waren die bevorzugten Themen dieser Jahre. 1910 erhielt er den begehrten Villa Romana-Preis, verbunden mit einem sechsmonatigen Aufenthalt in Florenz. In späteren Jahren bekannte er: „Meine künstlerische Entwicklung ist für mich ohne den Aufenthalt in Florenz überhaupt nicht denkbar. Ich kann wohl sagen, daß ich die Entdeckung Italiens der Villa Romana verdanke ...“. 1911 entstand der aus 9 Radierungen bestehende Zyklus „Othello“. Noch in Florenz konzipiert, folgte im Jahr darauf der Radierzyklus „Don Juan“, der Meid zum endgültigen Durchbruch verhalf. 1914 entstanden im Auftrag der Maximilian-Gesellschaft Lithographien zu Schillers Wallenstein, eines der ersten von Meid illustrierten Bücher. Obwohl Meid bei Trübner an der Karlsruher Akademie Unterricht in der Ölmalerei genommen hatte und sich auch wiederholt in den Jahren 1909-1936 der Malerei widmete, spielt diese Technik keine entscheidende Rolle in seinem Gesamtschaffen. An diesem Umstand ist es wohl gelegen, daß Meid bei der nach 1945 einsetzenden Rezeption einer Wiederentdeckung der Kunst jener Jahre nicht den Rang erlangte wie andere Zeitgenossen, deren Bedeutung man zuerst am gemalten Œuvre mißt. Franken weist in seiner Monographie insgesamt lediglich 85 Gemälde nach, eine verschwindend geringe Anzahl von Werken, gemessen an dem graphischen und zeichnerischen Œuvre, das in die Hunderte geht.
1914 wurde Meid zum Kriegsdienst einberufen, zuerst als Armierungssoldat nach Küstrin, auf Intervention von Max Liebermann aber nach Berlin zurückgeholt in die karthographische Abteilung des stellvertretenden Generalstabes. Meids persönliche Abneigung gegen den Krieg sowie das Zeitgeschehen allgemein fanden in seiner Kunst keinen Niederschlag, wie z. B. im Werk von Otto Dix und George Grosz oder Max Beckmann, mit welchem Meid seit 1908 befreundet war. Die wenigen in den Jahren 1914/15 auf einer Dienstreise nach Polen entstandenen Radierungen zeigen eine eher nüchtern-zurückhaltende Anteilnahme an dem Kriegsgeschehen. So ließ sich Meid auch im Dritten Reich nicht von dem ihm verhaßten NS-Regime mißbrauchen. Vielmehr zog er sich in eine innere Emigration zurück und widmete sich verstärkt einer romantisierenden Thematik und biblischen Szenen, zunehmend in altmeisterlichem Stil. Durch die bis zu seinem Tode zahlreichen Aufträge, Bücher zu illustrieren, wurde Meid zum zeichnenden Erzähler und meisterhaften Illustrator der klassischen Weltliteratur.
Bereits 1918, nach Ende des Ersten Weltkrieges, hatte seine Kunst eine entscheidende Wendung genommen. In das furiose Hell-Dunkel seines Werkes drang Licht. Vorherrschend wurden Themen südlicher Landschaften, Früchte seiner zahlreichen Reisen vor allem nach Italien und Südfrankreich. Auf der Höhe seines Erfolgs schuf Meid 1924 vielbeachtete Wandmalereien für die Komödie am Kurfürstendamm, rokokohafte, verspielte Galanterien. Max Reinhardt berief ihn, Bühnenbilder für seine Inszenierung von Shakespeares Sommernachtstraum zu schaffen. Namhafte Verlage verpflichteten ihn mit Aufträgen zu Buchumschlägen und Illustrationen von Autoren wie Thomas Mann, Hermann Hesse, Gerhart Hauptmann, Karl Zuckmayer, Stefan Zweig, Ernest Hemingway und vielen anderen. 1934 hatte Meid noch in der Nachfolge von Käthe Kollwitz das Meisteratelier für Graphik an der Preußischen Akademie in Berlin übernommen. Jedoch mit der Vertreibung und Ausschaltung der geistigen Elite im Hitlerdeutschland wurde es auch ruhig um Meid. 1940 zeigte er zum letzten Mal einige wenige Illustrationen in der Preußischen Akademie, deren Ausstellungen er seit Mitte der zwanziger Jahre regelmäßig beschickt hatte. 1943 wurde die Steglitzer Villa das Opfer eines der vielen Bombenangriffe auf Berlin. Dabei ging das gesamte dort gelagerte künstlerische Inventar mit allen Druckplatten verloren. Wenige Tage später fiel auch die Akademie in Schutt und Asche. Dank der Initiative des Freundes Peter Streit waren kurz zuvor die dortigen Bestände nach Schloß Salem am Bodensee ausgelagert worden, wo sie den Krieg überdauerten. Bereits vor Verlust des Berliner Heims hatte Meid die Stadt verlassen und war in die Steiermark übergesiedelt. Weitere Stationen der Flucht wurden Thüringen und zuletzt Franken. Nach Kriegsende erhielt Meid zahlreiche Angebote mit Lehraufträgen. Er entschied sich 1946 für eine Professur an der Stuttgarter Kunstakademie (bis 1951). Theodor Heuss vermittelte Meid einen Wohnsitz im Schloß Ludwigsburg, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte. Zu seinem bedeutendsten Alterswerk zählen die bislang unveröffentlichten Zeichnungen zu Cervantes „Don Quichote“ und Balzacs „Contes Drolatiques“.
Zahlreiche Ehrungen wurden Meid zuteil, unter anderen 1956 der Hans Thoma-Preis. Das Werk des an Gallen-Leber-Krebs Verstorbenen wurde in Retrospektiv-Ausstellungen Anfang der 70er Jahre in Esslingen, Berlin und München wieder einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seine Vaterstadt Pforzheim ehrte ihn zum 100. Geburtstag mit einer Werkübersicht. Mit dem 1978 erschienenen Œuvre-Katalog der Druckgraphik und der 1987 in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe vorgestellten Monographie von F. H. Franken ist das Gesamtschaffen Meids dokumentiert.
Quellen: Nachlaß im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg
Werke: Radierzyklus Othello, 1911; Radierzyklus Don Juan, 1912, Lithographien zu Schillers Wallenstein, 1914; Radierzyklus Bibel I-IV, 1916-1926; Lithographien zu Goethe Gedichte, 1925; Ausführliche Bibliographie und Werkübersicht in: Ralph Jentsch, Hans Meid, Das Graphische Werk, 1978, und F. H. Franken, Hans Meid, Leben und Werk, 1987
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in: Nachlaß Hans Meid, Frankfurt; Ullstein-Archiv Berlin und Archiv Ralph Jentsch, Tengstraße 10, München

Literatur: E. W. Bredt, Der Radierer Hans Meid, in: Die Kunst für Alle, 1/2, XXXII, 1916, 16-27; Karl Scheffler, Talente, 1917, 109; Lothar Brieger, Graphiker der Gegenwart, 1921; Curt Glaser, Die Berliner Secession, in: Die Graphik der Neuzeit, 1921, 501-508; ders., Die Geschichte der Berliner Secession, in: Kunst und Künstler, XXIV, 1928, 14-20 und 66-89; Max J. Friedländer, Der Radierer Hans Meid, 1923; Oskar Fischel, Hans Meid, Handzeichnungen, 1924; G. Biermann, Der Maler Hans Meid, in: Der Cicerone, 21, 1919, 466-468; Fritz Helmuth Ehmcke, Das deutsche illustrierte Buch im 20 Jahrhundert, in: Gutenberg, 1938, 211-222; Adolf Jannasch, Hans Meid, 1943; Hans Leitmeier, Hans Meid als Buchillustrator, in: Gutenberg Jahrbuch, 1958, 250-267; Käte Neumann, Hans Meid und das Theater, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, 1976/77; dies., Bücher mit Originalgraphik von Hans Meid, Dresdner Kunstblätter 22, IV, 1978, 116-121; Ralph Jentsch, Hans Meid, Das Graphische Werk, 1978; Claire Badorrek-Hoguth, Hans Meid, Ein bibliographischer Versuch, 1980; Hans Meid. Eine Werkübersicht, Katalog zur Centenarsausstellung, Pforzheim, 1983; F. H. Franken, Hans Meid, Leben und Werk, 1987; Heinz Höfchen, Hans Meid, in: NDB 16, 1990, 637
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