Vollmöller-Purrmann, Mathilde 

Geburtsdatum/-ort: 18.10.1876;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 16.07.1943; München
Beruf/Funktion:
  • Malerin
Kurzbiografie: 1894 Mathilde Vollmöller übernimmt nach dem Tod der Mutter die Führung des Haushaltes
1897 Sie zieht nach Berlin und beginnt mit Privatstudien in Malerei.
1905-1911 Mitglied im „Salon des Indépendants“; sie beteiligt sich 1907, 1908 und 1911 an Ausstellungen
1906 Paris, kurzer Besuch von Malschulen und danach Arbeit in einem eigenen Atelier
1907/1908 Teilnahme am „Salon d'Automne“
1908 Mitglied der „Académie Matisse“
1911 Pflege des Vaters; Ausstellung in Stuttgart
1912 Heirat mit Hans Purrmann, Geburt der Tochter Christine im November
1913 Das Ehepaar mietet eine Wohnung in Paris, die nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges mitsamt dem dortigen Besitz beschlagnahmt wird. Bei Kriegsausbruch hält sich die Familie auf dem elterlichen Gut in Beilstein auf.
1916 Wohnung in Berlin
1919 Haus in Langenargen, wo die Familie die Sommermonate verbringt und die Wintermonate in Berlin.
1935 Hans Purrmann übernimmt, unterstützt von Mathilde Vollmöller-Purrmann, die ehrenamtliche Leitung der „Villa Romana“ in Florenz.
1943 Mathilde Vollmöller-Purrmann stirbt am 16. Juli in München an Krebs; sie wird in Langenargen beigesetzt.
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1912 Hans Purrmann
Eltern: Vater: Robert Vollmöller (29.10.1849-28.10.1911), ev., Kaufmann, Textilfabrikant und Kommerzienrat in Stuttgart-Vaihingen
Mutter: Emilie, geb. Behr (25.1.1852-18.4.1894)
Geschwister: 9:
1 Kind starb nach der Geburt
Rudolph (1874-1941), Fabrikant
Anna (geb. 1875)
Karl (7.5.1878-18.10.1948), Schriftsteller und Filmautor
Marta (geb. 1883)
Maria (geb. 1884)
Elisabeth (geb. 1887)
Hans (1889-1917), Flugzeugkonstrukteur und Pilot
Kurt (1890-1936), Schriftsteller
Kinder: Christine (geb. 1912)
Robert (geb. 1914)
Regina (geb. 1916)
GND-ID: GND/119157314

Biografie: Christina Klausmann (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 287-288

1897, in ihrem 21. Lebensjahr, zieht Mathilde Vollmöller nach Berlin, wo Karl Vollmöller, der literarisch begabte und philosophisch interessierte Bruder, lebte. Nach dem Tod der Mutter drei Jahre zuvor hatte sie familiäre Aufgaben übernommen. Die Textilfabrik des Vaters, Robert Vollmöller, befand sich in Vaihingen bei Stuttgart. Der Familie gehörte ein großer Landbesitz in Beilstein mit Burg, Weingut und Obstplantagen.
Nun eroberte sich Mathilde Vollmöller die Großstadt. Der Bruder führte sie in den Kreis um Stefan George und in den Salon der Malerin Sabine Lepsius (1864-1942) ein. „Eine Insel also hatten wir uns geschaffen, und sie zog eine ganze Schar an aus allen Kreisen der Berliner Gesellschaft, vom armen Künstler bis zur Hochfinanz.“ So beschrieb Sabine Lepsius in ihren Erinnerungen an „ein Berliner Künstlerleben um die Jahrhundertwende“ die Atmosphäre in dem von ihr initiierten Salon. In dieser Umgebung gewann Mathilde Vollmöller die für ihren Lebensweg entscheidenden Anregungen. Sie war musikalisch begabt, interessierte sich für Literatur und übersetzte beispielsweise einen englischen Briefroman. In Berlin freundete sie sich mit Rainer Maria Rilke an, dem sie später in Paris wieder begegnete, wo er Sekretär von Auguste Rodin war. Sie lernte die Maler der Berliner Sezession, unter anderem Max Liebermann, kennen. Sie nahm Unterricht bei der Malerin Sabine Lepius und fand dabei zu ihrer eigentlichen Bestimmung – zur Malerei.
1906 ging sie nach Paris, schrieb sich kurze Zeit an zwei Malschulen ein, arbeitete aber dann in einem eigenen Atelier und wurde Mitglied bei den „Indépendants“, einem Zusammenschluss von Künstlern und Künstlerinnen. Sie stellte ihre Bilder, durchaus von der Presse beachtet, in diesem Kreis sowie im „Salon d'Automne“ aus. 1908 wurde sie in den Vorstand einer Vereinigung in Paris ansässiger deutschsprachiger Künstler gewählt. Das Ziel dieser Vereinigung war, in engeren Kontakt mit französischen Künstlern zu kommen, was jedoch am Widerstand französischer Nationalisten scheiterte. 1908 wurde sie durch den Maler Hans Purrmann in die „Académie Matisse“ eingeführt, wo sie ihre Malerei weiter entwickelte.
Im Januar 1912 heirateten Mathilde Vollmöller und Hans Purrmann. Den Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlebte das Ehepaar mit den beiden, 1912 und 1914 geborenen Kindern in Beilstein. Die Pariser Wohnung und der dort verbliebene Besitz wurden im Krieg enteignet. Hans Purrmann, 1915 für kriegsuntauglich erklärt, mietete für die Familie eine Wohnung in Berlin-Grunewald. 1919 wurde zudem ein Fischerhaus in Langenargen am Bodensee gemietet. Hier verbrachte das Malerehepaar mit der Familie – das dritte Kind wurde 1916 geboren – die Frühjahrs- und Sommermonate und die übrige Zeit des Jahres in Berlin. 1933 wurde Hans Purrmann als entarteter Künstler aus dem Kunstbetrieb ausgeschlossen. Was blieb war die sogenannte „innere Emigration“. Aber die ehrenamtliche Leitung der „Villa Romana“ in Florenz half beiden schließlich aus dieser Sackgasse. Es war nicht zuletzt Mathilde Vollmöller-Purrmanns Engagement zu verdanken, dass die „Villa Romana“ zu einem anerkannten Kulturinstitut und auch zu einem Zufluchtsort für verfolgte Künstler wurde. 1943 erlag sie in der Münchner Wohnung ihres Sohnes ihrem Krebsleiden. Sie wurde in Langenargen bestattet.
Mathilde Vollmöller-Purrmann hatte ihre berufliche Existenz als Malerin nach Heirat und Familiengründung zurückgestellt. Sie widmete sich an Stelle der Ölmalerei der Aqarellmalerei, die sich mit geringerem Aufwand an Material in der rarer gewordenen Zeit oder während der zahlreichen Reisen z. B. an die Ostsee ausüben ließ. Sie entschied sich für die Unterstützung von Hans Purrmann und dessen Malerei sowie für Kinder und Familie. Sie begriff es als bewusste Entscheidung. Die Tochter Regina sicherte die Werke der Mutter für die Nachwelt.
Quellen: NL Regina Vollmöller, Stadt Speyer.
Werke: M. P., Ein Jahr für Jürgen Winterstein, hg. von Eduard Hindelang, Museum Langenargen am Bodensee, 2001.

Literatur: M. Vollmöller-Purrmann (1876-1943). Lebensbilder einer Malerin. Ausstellungskatalog Kunstverein Speyer, hg. von Adolf Leisen und Maria Leitmeyer, 2001 (Werke der Künstlerin); M. Vollmöller/Rainer Maria Rilke, „Paris tut not.“ Briefwechsel, hg. Barbara Glauert-Hesse, 2001.
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