Die Aufklärung eines Kindsmords 1759 in der Grafschaft Wertheim

Das Gefängnis: Die Kindsmörderin Maria Salome Münch wurde bis zu ihrer Hinrichtung im Wertheimer Centhaus gefangen gehalten. Das Gebäude wurde 1873 abgerissen. Vorlage: Landesarchiv StAWt Bibliothek Wa 29, S. 471
Das Gefängnis: Die Kindsmörderin Maria Salome Münch wurde bis zu ihrer Hinrichtung im Wertheimer Centhaus gefangen gehalten. Das Gebäude wurde 1873 abgerissen. Vorlage: Landesarchiv StAWt Bibliothek Wa 29, S. 471.

Als am 20. März 1759 der Sternwirt Müller auf dem Weg von Kreuzwertheim nach Michelrieth an einem See vorbeikam, entdeckte er darin die Leiche eines neugeborenen Kindes. Sofort machte er bei Pfarrer, Schultheiß und Centschöffen in Michelrieth Anzeige. Gleich darauf begab sich eine fünfköpfige Gruppe an den See, um den Fund sicherzustellen und in der Scheune des Centschöffen Andreas Ott zwischenzulagern. Ott selbst brach auf der Stelle nach Wertheim auf, um bei der gräflichen Regierung Löwenstein-WertheimVirneburg Anzeige zu machen. Damit kam die Ermittlungsmaschinerie in Gang.

Die gräfliche Regierung hatte es eilig: Sie bat die fürstliche Mitregierung Löwenstein-Wertheim-Rochefort, das tote Kind noch in der gleichen Nacht nach Wertheim bringen zu lassen, damit es vom Arzt und dem vereidigten Chirurgen obduziert werden konnte. Bezeichnend dabei ist, dass die Aufforderung erging, den Weg nur über wertheimisches Gebiet zu nehmen und das nahe kurmainzische und würzburgische Territorium zu vermeiden.

Von der medizinischen Untersuchung liegt in den Akten ein ausführlicher Bericht vor. Diesem kann entnommen werden, wie erstaunlich fortgeschritten die Methoden auf diesem Gebiet schon waren. Die Fachleute konnten unter anderem auch feststellen, ob das Kind tot geboren wurde oder nach der Geburt noch gelebt hatte. Dieses Kind hatte gelebt, war aber verblutet. Todesursache war der Umstand, dass die Nabelschnur nicht abgebunden wurde.

Die Suche nach der Verdächtigen dauerte nicht lang. Maria Salome Münch und Hans Peter Götzelmann, Müllersohn aus Bettingen, standen beim Stadtmüller Pah in Wertheim in Diensten. Die beiden jungen Leute waren sich nähergekommen und Maria Salome war ledig schwanger geworden. Der soziale Druck war groß: Wenn etwas in die Öffentlichkeit drang, stand der jungen Frau nicht nur ein Strafverfahren bevor, sondern auch die gesellschaftliche Ächtung. Dem versuchte sie, wie manch andere Frau, durch Tötung des Kindes zu entgehen. Drohungen seitens des Kindsvaters taten den Rest.

Bereits beim ersten Verhör gestand Maria Salome Münch. Das hätte nach Meinung der fürstlichen Regierung für ein Todesurteil ausgereicht, dennoch wurden weitere Beteiligte vernommen. Der Kindsvater war inzwischen nachlässiger Weiße geflohen. Die zu seiner Bewachung eingeteilten Bürger sollten deshalb zur Verantwortung gezogen werden, in welcher Weise, darüber schweigen die Akten. Es wurde ein Protokoll angefertigt und dabei blieb es.

Maria Salome Münch wurde trotz ihres Geständnisses noch weiter verhört. Erst nachdem sie dreimal freiwillig, also ohne Anwendung von Folter, gestanden hatte, wurde das Todesurteil gefällt – gemäß Artikel 131 der Peinlichen Halsgerichtsordnung von Kaiser Karl V. aus dem Jahr 1532 – und am 7. April 1759, nur 18 Tage nach dem Leichenfund, vollstreckt.

  • Info: Der Fall wurde im Jahr 2012 bei einem der Lektürekurse im Landesarchiv Abteilung Staatsarchiv Wertheim aufgerollt. Er ist unter der Signatur StAWt-F Rep. 161 Nr. 20 zu finden. Derzeit entsteht unter Verwendung von Unterlagen aus dem Staatsarchiv Wertheim an der Universität Würzburg eine Dissertation von Michaela Grund unter dem Arbeitstitel „Kriminalität und Devianz in der Frühen Neuzeit.

Martina Heine

Quelle: Archivnachrichten 49 (2014), S. 14-15.

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