Dr. Axel Freiherr Varnbüler
von und zu Hemmingen

Einladung des kaiserlichen Hofs zu Berlin an „Seine Exzellenz den Königlich Württembergischen Gesandten
Einladung des kaiserlichen Hofs zu Berlin an „Seine Exzellenz den Königlich Württembergischen Gesandten" Freiherr von Varnbüler mit Gemahlin, 1906. Quelle LABW (HStAS P 10 Bü 1042 Bild 5)

Mit der Übergabe des Familienarchivs der Freiherren Varnbüler von und zu Hemmingen an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart gelangte ein für einzelne Familienmitglieder sehr aussagekräftiges und interessantes Material ins Archiv (Bestand P 10). Besonders die Unterlagen zu Axel Varnbüler bieten die Möglichkeit, eine umfangreiche, inhaltsreiche und lebendige Biografie zu verfassen, die einen für die deutsche Geschichte wichtigen und auch prägenden Zeitraum umfasst. 

Geboren wurde Axel Varnbüler als Sohn des späteren Ministers Karl Varnbüler am 10. Januar 1851 in Hemmingen als Jüngster von sechs Geschwistern. 1869 begann er das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin. Bereits zu Beginn des Deutsch- Französischen Kriegs wurde er als Leutnant der Reserve eingezogen. In dieser Zeit lernte er die Grafen Kuno von Moltke und Philipp von Eulenburg kennen, mit denen ihn eine lebenslange tiefe Freundschaft verband. Nach dem Krieg setzte er sein Studium fort, promovierte 1879 in Berlin zum Dr. jur. und wurde danach Assessor im preußischen Staatsdienst; ab 1882 war er Landrat im oberschlesischen Tarnowitz/Tarnowskie Góry. Dort lernte er Persönlichkeiten kennen, mit denen er ebenfalls ein Leben lang in Verbindung blieb. Trotz Bedenken in der Regierung trat er 1890 in den württembergischen Staatsdienst über und wurde Gesandter Württembergs in Sankt Petersburg und für kurze Zeit in Wien. Ab 1894 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs war er Gesandter in Berlin, wo er seine Kontakte zu Kaiser Wilhelm II. und den in Schlesien beheimateten Adligen intensiv pflegen konnte. Über seine Schwester Hildegard Baronin von Spitzemberg, die mit dem ehemaligen württembergischen Gesandten in Berlin Karl Freiherr von Spitzemberg verheiratet war, erlangte er leicht Zutritt zur Berliner Gesellschaft. Mit dem Ende der Monarchie im November 1918 endete auch seine Tätigkeit als Gesandter. Axel Varnbüler kehrte nach Hemmingen zurück, wo er neben der Organisation seiner landwirtschaftlichen Güter vor allem seiner Jagdleidenschaft und seinem Hobby, der Malerei, frönte. Sein Aufenthalt dort wurde aber immer wieder durch Reisen, Besuche und Kuraufenthalte in Bayern und Österreich unterbrochen. Besonders mit der Familie Henckel von Donnersmarck verband ihn eine enge Freundschaft, die sich in einer dichten Korrespondenz und gemeinsamen Unternehmungen manifestierte.

1894 heiratete er Natascha Gawriliuk, die er während seines Aufenthalts in Sankt Petersburg kennengelernt hatte. Zu Beginn der Beziehung war sie noch mit dem Industriellen Karl von Siemens verheiratet, von dem sie sich scheiden ließ, um Axel Varnbüler heiraten zu können. Dieser Ehe entstammen drei Söhne, von denen nur einer den Vater überlebte. Seine Frau starb 1930, er verschied nach einem erfüllten Leben im Alter von 86 Jahren am 8. Februar 1937 in Hemmingen. Nach diesem kurzen Lebensabriss noch wenige Hinweise auf die Quellenlage für eine ausführliche Biografie. Der Fundus des Familienarchivs sowie die Akten des Außenministeriums erlauben einen tiefen Blick in alle Lebensbereiche dieser hochinteressanten, bisher aber weitgehend unbeachteten Persönlichkeit des Fin de Siècle, die in ihrer Lebensart eine typische Erscheinung des ausgehenden 19. Jahrhunderts war. Die überlieferten Dokumente zeigen ihn als einen Menschen, der dem Betrachter auf der einen Seite in seinem familiären und persönlichen Auftreten wie auch im gesellschaftlichen und politischen Umfeld und Umgang als ein pflichtgetreuer, arbeitsamer, geschickter und diplomatischer Mann entgegentritt, auf der anderen Seite aber durchaus auch Züge eines Bonvivant hatte. All dies kann besonders aus seiner sehr umfangreichen und spannenden Korrespondenz mit Familienangehörigen, Freunden sowie gesellschaftlichen und politischen Persönlichkeiten erschlossen werden. Axel Varnbüler ist es unzweifelhaft wert, dass man sich intensiver mit ihm beschäftigt.

 Peter Bohl

Quelle: Archivnachrichten 41 (2010), S.20-21.
 

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