Filderkraut

Putzen des Spitzkrauts nach der Ernte in Filderstadt-Bernhausen, 1960. Copyright: LMZ BW
Putzen des Spitzkrauts nach der Ernte in Filderstadt-Bernhausen, 1960. Copyright: LMZ BW

Das ursprünglich zur Selbstversorgung in den Gärten angebaute Kraut wurde seit dem 18. Jh. zunehmend auf dem Feld als Brachpflanze angebaut. Das typische Filder-Spitzkraut wurde 1772 erstmals durch den Bernhäuser Pfarrer Johannes Bischoff erwähnt. Es handelt sich um eine spezielle Züchtung des Rundkrauts, dessen genauere Entstehungsgeschichte aber im Dunkeln liegt.

Als Folge der Verstädterung im 19. Jh. entwickelten sich die Filder zu einem Gebiet mit intensivem Gemüseanbau mit Schwerpunkt Filderkraut. Das Absatzgebiet lag in der nahe gelegenen Großstadt, aber auch in vielen anderen Kleinstädten im gesamten Württemberg. Zwischen 1895 und 1930 entstand in Bernhausen, Echterdingen, Möhringen, Plieningen und Sielmingen eine ganze Reihe von Krautfabriken. Daneben vermarkteten aber die Bauern aus Bernhausen und Sielmingen ihr Kraut per Bahn und Pferdefuhrwerk in ganz Württemberg.

Um das während der Ernte herrschende Überangebot zu vermindern, baute 1930 die Gemeinde Bernhausen die erste Krauthalle in Württemberg und konnte durch Einlagerung den Preis stabilisieren.

In den 1950er Jahren erlebte der Krautanbau mit dem Aufkommen der Sauerkrautkonserven noch einmal einen großen Aufschwung. 1970 gab es auf den Fildern etwa 15 Sauerkrautfabriken, heute sind es gerade noch drei, nämlich in Filderstadt-Bernhausen, Filderstadt-Sielmingen und Aichtal-Grötzingen.

Seit den 1970er Jahren verdrängte das Rundkraut das Spitzkraut fast vollständig, da es länger lagerfähig und leichter zu verarbeiten ist. Heute wird nur noch auf 10% der Fläche Spitzkraut angebaut. In dem seit 1978 in Leinfelden-Echterdingen stattfindenden Krautfest wird diese Tradition gepflegt. In Bernhausen befindet sich das Denkmal einer Spitzkraut erntenden Bäuerin, 1996 geschaffen von dem Künstler Kurt Grabert.

Nikolaus Back

Veröffentlicht in: Der Landkreis Esslingen. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Esslingen (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2009, Bd. 1, S. 530.

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