Weinbauschule Weinsberg

Der Altbau der Weinbauschule in Weinsberg. Copyright: LABW
Der Altbau der Weinbauschule in Weinsberg. Copyright: LABW

Am Anfang stand die Krise. Die in Frankfurt herausgegebene Zeitschrift Deutscher Verkehr warnte ihre Leser 1859 vor herbem Strumpfwein aus Württemberg, und der Stuttgarter Oberreallehrer Volz stellte seiner Geschichte des Weinbaus in Württemberg, mit der er neuen Eifer für bessere Behandlung der Weinberge wecken wollte, die düsteren Verse voran: Einst hat es eine schöne Zeit gegeben / Längst deckt sie Dunkelheit / Da war die Frucht der heimatlichen Reben / gefeiert weit und breit.

Not macht erfinderisch. Von 1849 an verfasste der Weinsberger Kameralverwalter (1850) und Vorsitzende des landwirtschaftlichen Bezirksvereins (1852) Immanuel Dornfeld (1796–1869) zahlreiche Eingaben an die Königliche Centralstelle für Landwirtschaft in Stuttgart mit dem Ziel, in Weinsberg eine Lehranstalt für die württembergischen Wengerter einzurichten. Der autodidaktische Weingärtner wollte so dem notleidenden Weinbau aufhelfen.

Am 28. Dezember 1867 genehmigte König Karl die Errichtung einer Weinbauschule in Weinsberg, die im Februar 1868 als erste deutsche Anstalt dieser Art den Lehrbetrieb aufnahm. Die zwölf Zöglinge sollten in ihrem zweijährigen Kurs eine gründliche berufliche Ausbildung erhalten. Zu einem der Vorsteher der Schule, die unter der Aufsicht der Stuttgarter Centralstelle agierte, ernannte der König den Weinsberger Inspektor Mühlhäuser. Seit 1952 trägt die Schule den Namen Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO). Seither fächerte sich das Ausbildungsangebot ebenso auf wie sich die Herkunft der Schüler internationalisierte.

Neben dem angesehenen Ausbildungsniveau war und ist die Verzahnung von praxisorientierter Forschung und Ausbildung das Markenzeichen der Einrichtung. Dazu wurde die 1901 gegründete Versuchsanstalt für Wein und Obstbau 1924 der Schule angegliedert. Bereits seit der Gründung bewirtschaftete man in Weinsberg als Musterbetrieb 34 ha in Selbstverwaltung (1886), davon 7 ha Weinberge. Später kamen die Weinbauversuchsgüter in Gundelsheim und Abstatt (Burg Wildeck) sowie das Obstbauversuchsgut in Heuchlingen dazu. Auch die 1907 in Offenau eingerichtete Württembergische Anstalt für Rebenzüchtung und Rebenpropfung wurde wie deren Außenstelle in Lauffen (1926) 1947 integriert. Dort wurden bedeutende Rebsorten wie Kerner (zugelassen 1969) und Dornfelder (1980) gezüchtet, neuerdings Cabernet Mitos (2001), Acolon (2002), Cabernet Dorio und Cabernet Dorsa (beide 2004) sowie Cabernet Cubin (2005). Zum 1. Januar 2005 wurde die LVWO in einen Landesbetrieb mit 40 ha Reben und 35 ha Obst umgewandelt. Die flüssigen Produkte dieser Anbauflächen tragen das Etikett des Staatsweinguts Weinsberg.

Peter Exner

Veröffentlicht in: Der Landkreis Heilbronn. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Heilbronn (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2010, Bd. 2, S. 470. 
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