Konrad Widerholt (geb. 20.04.1598, gest. 13.06.1667)

von Lea Schneider

Portrait von Widerholt, Stich, Quelle: LABW
Portrait von Widerholt, Stich [Quelle: Landesarchiv BW, StAL EL 228 a I Nr 1523]

Konrad Widerholt wurde am 20. April 1598 im hessischen Ziegenhain als Sohn des Bürgers und Ratsherren Heinrich Widerholt geboren. Seine militärische Laufbahn begann im Alter von 17 Jahren im Reiterregiment von Graf Friedrich zu Solms-Rödelheim. 1616 trat Widerholt in die Dienste Bremens über und stieg bis zum Gefreiten auf. Ein Jahr später schloss er sich dem von Venedig angeworbenen Regiment des Grafen Georg Ludwig von Löwenstein an. Während seines Italienaufenthalts begegnete er Herzog Magnus von Württemberg-Neuenbürg, dem Bruder des regierenden Herzogs Johann Friedrich von Württemberg, der ihn nach der Entlassung aus venezianischen Diensten 1619 nach Württemberg holte.

Nach der Schlacht bei Nördlingen ließ Kaiser Ferdinand II. das württembergische Territorium besetzen und überließ große Gebiete des Herzogtums seinen eigenen Verwandten und hohen Amtsdienern. Der junge Herzog Eberhard III. von Württemberg floh nach Straßburg, ernannte Widerholt aber noch kurz zuvor am 13. September 1634 zum regulären Kommandanten der Festung Hohentwiel, nachdem er bereits im Juni 1633 zum stellvertretenden Kommandanten bestimmt worden war. Der Hohentwiel – eine württembergische Exklave in der Nähe von Singen – hatte wichtige Beziehungen zu eidgenössischen Städten. Besonders Schaffhausen in der neutralen Schweiz bildete für Widerholt einen wichtigen Bezugspunkt für die Versorgung seiner Truppen mit Munition, Lebensmitteln und Geld, welches der württembergische Herzog ihm über die Schweiz zukommen ließ.

Die Restitution Württembergs knüpfte der Kaiser jedoch an die Abtretung der Festung Hohentwiel. Widerholt verweigerte deren Herausgabe, stattdessen begann er mit der Zerstörung von umliegenden Burgen, um so zu verhindern, dass sich gegnerische Truppen in den benachbarten Anlagen verschanzen konnten. Gleichzeitig begann er mit Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen der eigenen Festung und dem Aufstocken der berittenen Infanterie. Bis Kriegsende hatte er den Hohentwiel zu einer modernen Festungsanlage ausgebaut und sogar die erste evangelische Kirche im Hegau auf der Festung errichtet.

Konrad Widerholt gelang es, Bündnisse zwischen den einzelnen Territorialherren zu unterbinden und gleichzeitig Druck auf diese auszuüben, um so seine Machtposition aufrechtzuerhalten. Die umliegenden Städte, Dörfer und Klöster wurden zur Zahlung von Kontributionen gezwungen.

Der kaiserlichen Seite missfielen Widerholts Feldzüge. Nachdem Waffenstillstandsverhandlungen zwischen beiden Parteien gescheitert waren, begann im August 1635 unter der Führung von Augustin Vitzthum, kaiserlicher Festungskommandant von Lindau, die erste Belagerung des Hohentwiel. Trotz Ausbruch der Pest auf der Festung im Oktober 1635 und ausstehender Soldzahlungen, hielten Widerholts Truppen der Belagerung stand. Am 25. Januar 1636 wurde unter Vermittlung Schaffhausens das Ende der Belagerung beschlossen. Im Gegenzug sagte Widerholt die Verringerung der Truppenstärke und die Einstellung von Raubzügen zu.

Da Widerholt fürchtete, der württembergische Herzog könne den Hohentwiel an den Kaiser abtreten, um in den Prager Frieden aufgenommen zu werden, verbündete er sich mit Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der als schwedischer General unter französischem Oberkommando operierte. In einem zunächst geheimen Vertrag vom 11. November 1637 trat Widerholt die Festung an Bernhard von Sachsen-Weimar ab, der die Finanzierung der Hohentwieler Truppen übernahm und Widerholt die Kriegskosten ersetzte, die er bisher aus privater Tasche vorgestreckt hatte. Widerholt wurde zum Obristen befördert, erhielt die Herrschaft Hohenstoffeln, musste sich aber verpflichten, den Anordnungen Bernhards von Sachsen-Weimar Folge zu leisten. Damit wurden Widerholt und der Hohentwiel indirekt unter französischen Oberbefehl gestellt und die Abtretung an den Kaiser verhindert. Stattdessen konnte der württembergische Herzog die Festung Hohenasperg abtreten und in sein nun deutlich verkleinertes Territorium zurückkehren.

Bereits im Juli 1639 wurde der Hohentwiel ein zweites Mal von kaiserlichen Truppen unter der Führung von Gottfried Huyn van Geleen und Franz Freiherr von Mercy belagert. Die Belagerer konnten zwar bis in den Vorhof der Festung vordringen, die Einnahme gelang ihnen jedoch nicht. Da weder Sprengungen in angelegten Stollen noch tagelanger Beschuss zum Erfolg führten, zogen die kaiserlichen Truppen Anfang Oktober 1639 ab – zumal sie an anderen Kriegsschauplätzen dringender gebraucht wurden. Bereits zu Beginn dieser zweiten Belagerung starb Bernhard von Sachsen-Weimar. Die Todesnachricht veranlasste Kaiser Ferdinand III. erneut zur Aufforderung an den württembergischen Herzog, er solle Widerholt zur Herausgabe der Festung bewegen. Doch Widerholt verweigerte dies erneut. Stattdessen stellte er sich in französische Dienste und ordnete sich dem Nachfolger Bernhard von Sachsen-Weimars, dessen früherem Generalleutnant Johann Ludwig von Erlach, unter.

Anfang September 1640 rückten bayerische und spanische Truppen unter dem Oberkommando des spanischen Generals Don Federigo Enriquez im Hegau ein und begannen mit der Blockade des Hohentwiel. Widerholt rief Erlach zur Hilfe, der ihm militärische Verstärkung schickte. Die habsburgischen Truppen konnten so zurückgedrängt und die Blockade abgewehrt werden.

Eine neue militärische Aktion gegen den Hohentwiel wurde zwischen der Erzherzogin Claudia von Österreich-Tirol und dem Kaiser auf dem Reichstag in Regensburg beschlossen. Erzherzogin Claudia war bereits seit 1639 die treibende Kraft hinter den Belagerungsplänen des Hohentwiel. Sie sah ihre vorderösterreichischen Besitzungen durch Widerholts Streifzüge gefährdet. Besonders die Pfandschaft Achalm, die nach der Schlacht bei Nördlingen 1634 von Württemberg in ihren Besitz gewechselt war, hatte unter den Plünderungen und Kontributionsforderungen Widerholts zu leiden.

Mitte Oktober 1641 wurden die vereinigten bayerischen und kaiserlichen Streitkräfte vor dem Hohentwiel zusammengezogen. Zwar konnten die Belagerer der Festung schwere Schäden zufügen, das schlechte Wetter führte aber zu Krankheiten und Versorgungsengpässen der Truppen. Die ersten Einheiten und Geschütze wurden Mitte Dezember in die Winterquartiere gebracht. Aber auch die Lage auf der Festung selbst wurde kritisch – neben Mangel an Nahrungsmitteln wurde auch das Trinkwasser knapp, da bei dem Beschuss der wichtige Brunnen auf dem Meierhof getroffen wurde, der sich unterhalb der Anlage befand. Am 11. Januar 1642 traf schließlich Johann Ludwig von Erlach mit seinen Truppen und Proviant auf dem Hohentwiel ein. Allein die Nachricht von seinem Anrücken ließ die verbliebenen kaiserlichen Truppen fluchtartig ihre Lagerstätten vor dem Hohentwiel verlassen. Die vierte Belagerung, auch ‚große Impresa‘ genannt, endete für die kaiserliche Partei erneut erfolglos.

Widerholt unternahm in der Folgezeit ausgedehnte Streifzüge in Oberschwaben und rückte sogar bis auf die Schwäbische Alb vor, wo er unter anderem das Kloster Blaubeuren überfiel. Im November 1642 erstürmte er das bayerisch besetzte Tuttlingen, das jedoch am 25. November 1643 in der Schlacht von Tuttlingen von bayerischen Truppen zurückerobert wurde. Auch das Ende Januar 1643 eroberte Überlingen konnte von den französischen Truppen nicht gehalten werden und wurde im Mai 1644 an das bayerische Heer übergeben, dessen Oberkommando Franz von Mercy innehatte. Nach diesem Sieg wandte sich Mercy umgehend der neuerlichen Belagerung des Hohentwiel zu.

Widerholt nahm Verhandlungen mit bayerischen und württembergischen Unterhändlern auf, deren Ergebnis die Übergabe des Hohentwiel an Württemberg darstellte. Da aber weder Kurfürst Maximilian von Bayern noch der Kaiser den Vertrag unterzeichneten, war dieses Verhandlungsergebnis hinfällig und Mercy nahm die Belagerung der Festung wieder auf. Im Juni wurden seine Truppen aber bei Freiburg gebraucht, sodass nur drei Regimenter am Hohentwiel verblieben. Als sich Mercy vor den französischen Truppen schließlich hinter den oberen Neckar zurückziehen musste, traten auch die letzten verbliebenen bayerischen Einheiten den Rückzug an.

Nach dieser letzten Belagerung dehnte Widerholt seine Raubzüge wieder weit nach Oberschwaben aus und zog sogar bis in die Markgrafschaft Baden; allein Konstanz und Radolfzell blieben uneinnehmbar. Einen Monat nach Abschluss des Westfälischen Friedens im Oktober 1648 stellte Widerholt zwar seine militärischen Unternehmungen ein, trotzdem leisteten die umgebenden Gebiete noch bis ins Jahr 1649 Kontributionszahlungen an den Hohentwiel.

Die Abtretung der Festung an den württembergischen Herzog verzögerte sich, da Frankreich Widerholt nicht aus seiner Abhängigkeit entlassen wollte. Es dauerte anderthalb Jahre, bis ein Vergleich zwischen Württemberg und Frankreich geschlossen wurde und der Hohentwiel am 10. Juli 1650 Herzog Eberhard III. von Württemberg übergeben werden konnte. Mit der Übergabe der Festung legte Widerholt das Kommando nach 16 Jahren nieder. Herzog Eberhard III. belehnte Konrad Widerholt mit der Herrschaft Neidlingen einschließlich Ochsenwang und Randeck und ernannte ihn zum württembergischen Kriegsrat, Inspektor von Nürtingen und Obervogt von Kirchheim. Dort starb er am 13. Juni 1667 und wurde in der St. Martinskirche an der Südseite des Chores neben seiner Frau beigesetzt.

Literatur in Auswahl

  • Brüser, Joachim, Der Umgang Kirchheims mit der Erinnerung an Konrad Widerholt, in: Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck 37 (2014), S. 143-166.
  • Bumiller, Casimir, Hohentwiel. Die Geschichte einer Burg zwischen Festungsalltag und großer Politik, Konstanz 1990.
  • Der Hohentwiel. Der Berg im Fokus der Mächte Europas, hg. von Roland Kessinger/Klaus Michael Peter, Singen 2015.
  • Drüppel, Christoph J., Konrad Widerholt von und zu Nellingen, in: Neidlingen. Geschichte der Herrschaft, Vogtei und Gemeinde unter dem Reußenstein, hg. von Christoph J. Drüppel, Neidlingen 1997, S. 163-182.
  • Ebert, Jens Florian, Konrad Widerholt und der Hohentwiel, in: Tuttlinger Heimatblätter NF 78 (2015), S. 17-85.
  • Fritz, Eberhard, Die „Pfandschaft Achalm“ im Besitz der Tiroler Linie des Hauses Habsburg. Expansionsbestrebungen in Vorderösterreich während des Dreißigjährigen Krieges, in: Reutlinger Geschichtsblätter NF 49 (2010), S. 239-348.
  • Fritz, Eberhard, Konrad Widerholt, Kommandant der Festung Hohentwiel (1634-1650). Ein Kriegsunternehmer im europäischen Machtgefüge, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 76 (2017), S. 217-268.
  • Heydendorff, Walther Ernst, Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12 (1959), S. 74–142, und 13 (1960), S. 107-194.
  • Kessinger, Roland, Hohentwiel – Spannungsfeld im Herzen Europas während des Dreißigjährigen Krieges, in: Neueste Forschungsergebnisse zur Geschichte des Berges & der Festung Hohentwiel. Wissenschaftliches Kolloquium anlässlich des Kulturschwerpunktes zur 1100-jährigen Ersterwähnung des Hohentwiel vom 17.-18. Oktober 2015 in Singen, Singen 2016, S. 53-63.
  • Kramer, Wolfgang, Briefe von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar an Konrad Widerholt, in: Hegau. Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee 40 (1984), S. 125-135.
  • Kramer, Wolfgang, Konrad Widerholt. Annäherung an eine Heldenfigur, in: Singener Jahrbuch 1997/98 (1998), S. 93-100.
  • Mattes, Alois, Konrad Widerholt. Der Kommandant vom Hohentwiel war ein Mann seiner Zeit, in: Leben am See. Das Jahrbuch des Bodenseekreises 4 (1986), S. 128-131.
  • Wöllper, Jörg, Von der Burg zur Festung – Der militärische Ausbau des Hohentwiel im 16. und 17. Jahrhundert, in: Neueste Forschungsergebnisse zur Geschichte des Berges & der Festung Hohentwiel. Wissenschaftliches Kolloquium anlässlich des Kulturschwerpunktes zur 1100-jährigen Ersterwähnung des Hohentwiel vom 17.-18. Oktober 2015 in Singen, Singen 2016, S.137-153.

Zitierhinweis: Lea Schneider, Konrad Widerholt, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 15.08.2022

Suche

Logo der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart