Schwedentrunk

von Regina Fürsich

Threni Calvenses von Johann Valentin Andreae, betreffend das Schicksal und die Einäscherung der Stadt Calw, geschehen den 10. Sept. 1634, darin die Beschreibung eines Schwedentrunks [Quelle: Landesarchiv BW, Bibliothek HStAS A 138]. Zum Vergrößern bitte klicken.
Threni Calvenses von Johann Valentin Andreae, betreffend das Schicksal und die Einäscherung der Stadt Calw, geschehen den 10. Sept. 1634, darin die Beschreibung eines Schwedentrunks [Quelle: Landesarchiv BW, Bibliothek HStAS A 138]. Zum Vergrößern bitte klicken.

Beim Schwedentrunk handelt es sich um eine spezifische Art der Essfolter, die im Dreißigjährigen Krieg große Verbreitung fand. Den Betroffenen wurden dabei gewaltsam große Mengen an Flüssigkeit eingeflößt, die danach wieder aus dem Körper herausgepresst wurden, teils durch heftige Stöße, teils durch das Einspannen des Körpers zwischen große Holzplanken. In der abgeschwächten Variante wurde lediglich Wasser verwendet, in der brutaleren Version wurden Flüssigkeiten wie Jauche oder Urin eingeflößt, wodurch auch Verätzungen im Bereich der Speiseröhre entstehen konnten.

Erstere Variante wird beispielsweise in Johann Valentin Andreaes ‚Threni Calvenses‘ beschrieben. Er berichtet, dass sie nach der Zerstörung Calws durch katholische Soldaten an den Bürgern der Stadt angewandt wurde, um von diesen Informationen über eventuell versteckte Wertgegenstände zu erhalten. Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen hingegen beschreibt in ‚Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch‘ die Variante mit Jauche.

Der Schwedentrunk wurde nicht nur sprichwörtlich für jegliche später entstandene Art der Essfolter. Die Foltermethode steht auch stellvertretend für die bis dato nie dagewesene Eskalationsstufe der Gewalt, die im Dreißigjährigen Krieg erreicht wurde. Die Bezeichnung als Schwedentrunk entstand dadurch, dass die schwedischen Söldner im Dreißigjährigen Krieg dafür bekannt waren, diese Foltermethode besonders häufig anzuwenden. So erscheint die Foltermethode in zeitgenössischen Quellen auch bereits unter dem Begriff „Schwedische[r] Trunk“ [1] oder „Swedish draught“ [2].

Dennoch wurde der Schwedentrunk auch von anderen Kriegsparteien genutzt, wie die Beschreibung Andreaes der Zerstörung Calws durch die katholische Armee belegt. Diese Art der Essfolter war keineswegs eine Erfindung des Dreißigjährigen Krieges, sondern existierte bereits davor, wie beispielsweise eine Abbildung dieser Folterart aus dem 16. Jahrhundert zeigt, fand aber im Dreißigjährigen Krieg eine besonders weite Verbreitung.

Anmerkungen

[1] Grimmelshausen: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, S. 26.

[2] Vincent: The lamentations of Germany, S. 8

Quellen in Auswahl

  • Andreae, Johann Valentin, Fragment aus dem dreißigjährigen Krieg, betreffend das Schicksal und die Einäscherung der Stadt Calw, geschehen den 10. Sept. 1634, Tübingen 1793, S.39-40.
  • de Damhouder, Joos, Praxis rerum criminalium: Gründlicher Bericht und anweisung, Welcher massen in Rechtfärtigung Peinlicher sachen, nach gemeynen beschribenen Rechten vor und in Gerichten ordentlich zuhandeln. Erstlich Durch ... Josten Dammhouder von Brüg [...] Latinisch beschrieben: Jetz aber [...] in hoch Teutsche Sprach [...] verwandelt […] Durch Michaelem Beüther von Carlstat. Frankfurt a. M. 1571, S. 69.
  • von Grimmelshausen, Hans Jacob Christoph, Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, Stuttgart 2012, S. 26.
  • Vincent, Philip, The lamentations of Germany. Wherein, as in a glasse, we may behold her miserable condition, and reade the woefull effects of sinne, London 1638, S. 4, 8.

Literatur in Auswahl

  • Hermann, Horst, Art. Eßfolter, in: Die Folter. Eine Enzyklopädie des Grauens, Frankfurt a. M. 2004, S. 113-114.

 

Zitierhinweis: Regina Fürsich, Schwedentrunk, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 11.08.2022

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