Das Erziehungsheim Stutensee

Von Jürgen Treffeisen

 

Die Geschichte der Einrichtung

Außenansicht Schloss Stutensee, 1920 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK, Glasnegative Wilhelm Kratt 498-1 Nr. 2392, Bild 1]. Zum Vergrößern bitte klicken.
Außenansicht Schloss Stutensee, 1920 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK, Glasnegative Wilhelm Kratt 498-1 Nr. 2392, Bild 1]. Zum Vergrößern bitte klicken.

Das ehemalige Jagdschloss Stutensee wurde 1919 durch den Karlsruher Bezirksverein für Jugendschutz und Gefangenenfürsorge übernommen und in eine Jugendhilfeeinrichtung umgewandelt. Aufgenommen wurden männliche Jugendliche, die gemäß der damaligen Einschätzung aufgrund von Entwicklungsdefiziten, sozialbedingten Verhaltensstörungen und Leistungsbeeinträchtigungen Betreuung und Erziehungshilfe benötigten. Man konnte circa 50 Jugendlichen Lehrstellen in Gärtnerei, Korbflechterei und Schreinerei anbieten. In der Regel lag die Aufenthaltsdauer bei ein bis zwei Jahren, aber auch deutlich längere und kürzere Aufenthalte waren möglich. Ehrenamtliche Leiter waren bis 1929 beziehungsweise 1933 der Mannheimer Landgerichtspräsident Heinrich Wetzlar und dessen Frau Therese. 1929 ging die Einrichtung in die Trägerschaft des Landesverbandes für Jugendschutz, Gerichtshilfe und Gefangenenfürsorge über.

1933 wurde dem Ehepaar Wetzlar die Erziehungsarbeit im Jugendfürsorgeheim verboten. Von 1940 bis 1945 war das Heim ausgelagert und das Schloss wurde für eine Veterinärkompanie sowie als Lazarett genutzt. Seit 1946 dienten die Gebäude wieder als Erziehungsheim. Bis 1964 stand die Einrichtung in der Trägerschaft des Landes Baden-Württemberg und ging dann an den Landeswohlfahrtsverband Baden über. Im Zuge der Aufhebung des Landeswohlfahrtsverbandes Baden 2002 errichtete man zunächst die LWB Jugendeinrichtungen gGmbH, Trägerschaft Landeswohlfahrtsverband Baden. 2005 ging die Trägerschaft zunächst gemeinsam auf die Landkreise Rhein-Neckar-Kreis und Karlsruhe über. Seit 1. Januar 2009 befindet sich die Einrichtung in der alleinigen Kompetenz des Landkreises Karlsruhe. Für die bis 2004 entstandenen Unterlagen ist das Generallandesarchiv Karlsruhe zuständig, ab 2005 das Kreisarchiv Karlsruhe.

 

Die "Zöglingsakten" aus dem Schloss Stutensee

Die personenbezogenen Akten aus dem Schloss Stutensee zu den einzelnen Jugendlichen wurden 2009 in Zusammenarbeit mit dem Kreisarchiv Karlsruhe bei der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee übernommen. Diese "Zöglingsakten" sind seit 1946 wohl komplett erhalten und reichen bis in die 1970er Jahre. Auch sie wurden komplett übernommen und befinden sich heute im Generallandesarchiv Karlsruhe. Zahlreiche Akten dokumentieren Aufnahmen seit 1927, wobei ein deutlicher Schwerpunkt in der 2. Hälfte der 1930er Jahre liegt. Sie spiegeln somit auch Einweisungen in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus (1933–1945) wieder. Die Verwaltungsakten wurden 1991 durch einen Brand vernichtet.

 

Kommentar:

Auszüge aus: Die Unterlagen der Erziehungsheime Flehingen und Stutensee im Generallandesarchiv Karlsruhe, in: „Aufarbeiten im Archiv“; leicht überarbeitet von Nora Wohlfarth.

 

Literatur:

  • Treffeisen, Jürgen, Die Unterlagen der Erziehungsheime Flehingen und Stutensee im Generallandesarchiv Karlsruhe, in: Aufarbeiten im Archiv. Beiträge zur Heimerziehung in der baden-württembergischen Nachkriegszeit, hg. von Christian Keitel, Nastasja Pilz und Nora Wohlfarth, Stuttgart 2018.
  • Erziehungsheim Schloss Stutensee: Zöglingsakten (Bestand), Bestandssignatur: Landesarchiv BW, GLAK 621-1.

 

ZitierhinweisJürgen Treffeisen, Das Erziehungsheim Stutensee, in: Heimkindheiten, URL: […], Stand: 21.02.2022.

 
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