Jean T‘Serclaes Graf von Tilly (*1559, †30.04.1632)

von Lea Schneider

Jean T‘Serclaes Graf von Tilly (1559-1632) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]
Jean T‘Serclaes Graf von Tilly (1559-1632) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]

Jean T‘Serclaes von Tilly, der sich durch seine offensive Kriegsführung, seine Loyalität zum Kaiser und seinen festen katholischen Glauben zu einem der erfolgreichsten Feldherrn des dreißigjährigen Kriegs entwickelte, wurde im Februar 1559 entweder in Brüssel oder auf Schloss Tilly in Villers-la-Ville in Brabant geboren. Im Alter von zehn Jahren wurde er zur jesuitischen Erziehung nach Châtelet und später nach Köln geschickt. Seine militärische Ausbildung genoss Tilly bei Alexander Farnese, dem spanischen Herzog von Parma. Seit 1598 stellte er sich in kaiserliche Dienste und kämpfte im ‚Langen Türkenkrieg‘ (1593-1606) in Ungarn. Während dieses Kriegseinsatzes wurde Tilly mehrfach und bis zum Feldmarschall befördert.

Im Bruderzwist um die Herrschaft zwischen Kaiser Rudolf II. und Erzherzog Matthias stellte sich Tilly im Jahr 1608 auf die Seite des Kaisers. Als der Kaiser jedoch den Forderungen seines Bruders nachgab, seine Truppen auflöste und Matthias 1608 das Königreich Ungarn, die Markgrafschaft Mähren und das Erzherzogtum Österreich abtrat und ihn später auch noch als Nachfolger in Schlesien, in der Lausitz und Böhmen ernannte, endete Tillys Karriere als kaiserlicher Feldmarschall.

Zwei Jahre später stellte sich Tilly als Generalleutnant in den Dienst von Herzog Maximilian I. von Bayern. Als 1618 der Aufstand in Böhmen gegen die habsburgische Herrschaft ausbrach und Friedrich V. von der Pfalz als böhmischer König eingesetzt wurde, besetzten die Truppen der katholischen Liga unter der Führung von Herzog Maximilian und Tilly Oberösterreich und drangen schließlich nach Böhmen vor, wo die katholische Liga die Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 für sich entscheiden konnte und Friedrich V., der ‚Winterkönig‘, ins Exil gezwungen wurde. Den protestantischen Heerführer Ernst von Mansfeld vertrieb Tilly aus Böhmen und folgte ihm über die Oberpfalz bis an den Rhein. Am 5. April 1622 konnte sich Tilly bei Bruchsal gegen mansfeldische Reiter durchsetzen und nahm Hilsbach und Eppingen ein. Nur drei Wochen später, am 27. April, trafen Tillys Truppen erneut auf das Heer Mansfelds, der von Germersheim über Bruchsal bis auf die Höhe von St. Leon gezogen war. Tilly zog ihm mit seinem Heer entgegen und verschanzte sich bei Wiesloch, wo er die mansfeldische Kavallerie in Richtung Mingolsheim zurückdrängen konnte. Mansfeld bezog Stellung auf dem nahegelegenen Ohrenberg, ließ das Dorf Mingolsheim in Brand stecken und konnte schließlich die Schlacht für sich entscheiden. Tilly zog sich mit seinen Truppen nach Wimpfen zurück und vereinigte sich mit den spanischen Truppen von Gonzalo Fernández de Córdoba. Dort besiegte er am 6. Mai 1622 das vorrückende Heer des Markgrafen Georg Friedrich von Baden. Nach der siegreichen Schlacht bei Wimpfen rückte er mit seinen Truppen gegen Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel vor, den er in der Schlacht bei Höchst (20. Juni 1622) besiegte.

Am 13. September 1622 wurde Tilly vom Kaiser in den Grafenstand erhoben, die später zweimal angebotene Erhöhung in den Fürstenstand lehnte er jedoch ab. Wenige Tage später, am 19. September, eroberten Tillys Truppen die Stadt Heidelberg, welche seit dem 1. Juli belagert wurde. Die Einnahme Mannheims folgte wenig später.

Tillys militärische Aktivität verlagerte sich nun Richtung Norden, wo er zahlreiche Schlachten unter anderem gegen Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, Ernst von Mansfeld oder König Christian IV. von Dänemark für sich entscheiden konnte. Am 7. Juni 1629 wurde zwischen dem Kaiser und dem dänischen König der Friede von Lübeck geschlossen, an dessen vorangegangenen Friedensverhandlungen auch Tilly teilgenommen hatte.

Der Schwedenkönig Gustav Adolf betrat am 6. Juli 1630 die Pommersche Küste, so dass der schwedische Krieg den befriedeten dänisch-niedersächsischen Krieg ablöste. Im November 1630 wurde Tilly zum Nachfolger Albrecht von Wallensteins als kaiserlicher Generalissimus ernannt und hatte nun gleichzeitig die Führung des kaiserlichen sowie des ligistischen Heeres inne.

Die mit Gustav Adolf verbündete Stadt Magdeburg war für die Heerführung strategisch bedeutsam, wobei es Tilly nicht nur um die Durchsetzung des 1629 erlassenen Restitutionsediktes ging, sondern auch um die Versorgung seiner Truppen mit den reichen Vorräten der Stadt. Im Frühjahr 1631 begann die Belagerung gemeinsam mit den Truppen von Graf Gottfried Heinrich zu Pappenheim. Nachdem die Stadt die Kapitulation mehrfach verweigert hatte, erstürmten und zerstörten die Belagerer Magdeburg am 20. Mai 1631. In der für diese besonders grausame Zerstörung gewählten Bezeichnung der ‚Magdeburger Bluthochzeit‘ drückte sich das sinnbildliche Motiv der aufgezwungenen Vermählung Tillys mit der auf dem Stadtwappen abgebildeten Jungfrau Magdeburg aus, die seit 1548 zum Sinnbild des Widerstands gegen die vom Kaiser diktierte Rückkehr zum katholischen Glauben geworden war. Magdeburg wurde zum Synonym für ein größtmögliches Grauen. Die Zerstörung der Stadt wurde sowohl von katholischer wie von protestantischer Seite mit den Zerstörungen von Troja, Jerusalem oder gar von Sodom und Gomorra gleichgesetzt. Da der schwere Brand viele Vorräte innerhalb der Stadtmauern Magdeburgs vernichtete, war Tilly wegen der schlechten Versorgungslage seiner Truppen gezwungen, die Stadt wieder zu verlassen und mit seinem Heer plündernd durch Sachsen ziehen. Der sächsische Kurfürst Johann Georg ging daraufhin mit Gustav Adolf ein militärisches Bündnis ein. Das vereinigte schwedisch-sächsische Heer zog Richtung Leipzig, welches von Tillys Truppen besetzt war. Bei Breitenfeld kam es am 17. September 1631 schließlich zur Schlacht, bei der das kaiserlich-ligistische Heer eine Niederlage erlitt und Tilly verwundet wurde.

Nach der Schlacht von Breitenfeld drang Gustav Adolf mit seinem Heer immer weiter in den Süden vor. Tilly versuchte mit Unterstützung des Kurfürsten Maximilian von Bayern den Schwedenkönig am Vorrücken nach Bayern zu hindern. Trotz der gewonnenen Schlacht gegen die schwedischen Truppen bei Bamberg konnte die Bedrohung durch den Schwedenkönig nicht abgewehrt werden. Tilly bezog deshalb Stellung am Ufer des Lech südlich der Stadt Rain. Am 15. April wurde Tilly durch eine Kugel am Oberschenkel verwundet und nach Ingolstadt gebracht. Dort starb der Feldherr, der bei seinen Zeitgenossen für seine legendäre Tapferkeit bekannt war, am 30. April 1632. Sein Bild war und blieb aber kontrovers: für die einen ein ‚Heiliger im Harnisch‘, für die anderen ein grausamer Mörder und Brandstifter. Tillys Leichnam wurde zunächst in der jesuitischen Heilig-Kreuz-Kirche in Ingolstadt beigesetzt, im Jahr 1652 wurden seine sterblichen Überreste in die Gruft der St. Peterskapelle in Altötting überführt.

Literatur in Auswahl:

  • Dreesbach, Anne, Johann Tserclaes Graf von Tilly, in: Monachia von Carl Theodor von Piloty im Münchner Rathaus, hg. von Jürgen Wurst/Alexander Langheiter, München 2005, S. 133.
  • Findeisen, Jörg-Peter, Johann Tserclaes Graf von Tilly, in: Der Dreißigjährige Krieg, hg. von Jörg-Peter Findeisen, Graz u.a. 1998, S. 147-158.
  • Gaßner, Klaus, Bad Schönborner Geschichte. Die Chronik der wiedervereinigten Dörfer Mingolsheim und Langenbrücken, Bd. 1, Heidelberg u.a. 2006, S. 361-366.
  • Junkelmann, Marcus, „Der Du gelehrt hast meine Hände den Krieg“. Tilly, Heiliger oder Kriegsverbrecher?, Altötting 2007.
  • Junkelmann, Marcus, Tilly. Der katholische Feldherr, Regensburg 2011.
  • Junkelmann, Marcus, Tilly. Eine Karriere im Zeitalter der Religionskriege und der „Militärischen Revolution“, in: Der Dreißigjährige Krieg. Facetten einer folgenreichen Epoche, hg. von Peter Claus Hartmann/Florian Schuller, Regensburg 2018, S. 59-79.
  • Kaiser, Michael, Politik und Kriegführung. Maximilian von Bayern, Tilly und die Katholische Liga im Dreißigjährigen Krieg, in: Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, Bd. 28, Münster 1999.
  • Rill, Bernd, Tilly. Feldherr für Kaiser und Reich, München 1984.
  • Wittich, Karl, Art. Tilly, Johann Tserclaes Graf von, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 38, Leipzig 1894, S. 314-350.

Zitierhinweis: Lea Schneider, Jean T‘Serclaes Graf von Tilly, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 31.10.2023.

Suche

Logo der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart