Johannes Brenz

Johannes Brenz, Holzschnitt – Quelle Landesarchiv BW, HStAS Q 3/36 b Bü 2350
Johannes Brenz, Holzschnitt – Quelle Landesarchiv BW, HStAS Q 3/36 b Bü 2350

Brenz, der Reformator der Reichsstadt Schwäbisch Hall und des Herzogtums Württemberg, gehört zu den frühesten und bedeutendsten Luther-Schülern und ist als Theologe, politischer Berater und Schriftsteller eine der großen protestantischen Persönlichkeiten des Reformationsjahrhunderts. Durch sein langes Leben hat er nahezu alle Reformatoren der ersten Generation überlebt.

Geboren am 24. Juni 1499 als Sohn eines Schultheißen und Richters in der schwäbischen Reichsstadt Weil der Stadt, besuchte er die Lateinschulen seiner Vaterstadt und in Heidelberg und Vaihingen an der Enz, ehe er sich am 13. Oktober 1514 zum Studium an der Universität Heidelberg einschrieb. Tief beeindruckt war er von den Schriften und der persönlichen Begegnung mit Martin Luther bei der Heidelberger Disputation (April 1518). In einem mutigen Akt reichsstädtischer Unabhängigkeit berief der Haller Rat im September 1522 den seit dem Wormser Reichstag als Lutheranhänger Geächteten zum Prediger auf die 1502 errichtete Prädikatur an der Hauptkirche St. Michael. Hier führte er, zusammen mit seinen Kollegen, dem Michaelspfarrer (seit 1524) Johann Isenmann (Eisenmenger) und dem Pfarrer an St. Katharina (seit 1521) Michael Gräter, behutsam und rücksichtsvoll die Reformation ein, erarbeitete für die Stadt Kirchenordnungen (1527 und 1543) und Katechismen (1527/28 und 1535) und reformierte das Schul- und Armenwesen. In mehreren Flugschriften und ersten Bibelkommentaren trug er seit 1523 zur Verbreitung der reformatorischen Lehre bei und nahm im so genannten Abendmahlsstreit (1525–29) dezidiert Stellung für Luther. Bei der Reformation in Brandenburg-Ansbach (Markgraf Georg der Fromme) und Nürnberg (1528–33) und in weiteren Territorien war er beratend beteiligt. 1529 nahm er mit Luther, Zwingli und anderen am Marburger Religionsgespräch und im Jahr danach am großen Augsburger Reichstag aktiv teil. Bereits zur ersten Reformation Württembergs (1534/35) und zur Reformation der Universität Tübingen (1537/38) wurde er von Herzog Ulrich herangezogen und war sachkundiger Teilnehmer an den Religionsgesprächen in Hagenau, Worms und Regensburg (1540/41 und 1546). Als Gegner des kaiserlichen Religionsgesetzes von 1548 (Interim) musste Brenz in diesem Jahr unter dramatischen Umständen Hall verlassen und wurde zunächst von Herzog Ulrich in dessen Land versteckt. Nach dem Ende des Interims und vier Jahren des Exils wurde der vom Reich Verfolgte der theologische und persönliche Berater des Herzogs Christoph von Württemberg und baute seit Januar 1553 als Landespropst zusammen mit diesem gebildeten Fürsten ein beispielhaftes Reformationswerk auf (Confessio Virtembergica für das Trienter Konzil 1551, vorbildliche Ordnungen für Gottesdienst und Bildungswesen 1553–59).

An allen wichtigen Entscheidungen seiner Kirche in der Folgezeit war Brenz beteiligt und nahm in zahlreichen Gutachten Stellung zu theologischen, kirchenpolitischen und juristischen Fragen. Seine Theologie hat die evangelische Kirche in der zweiten Hälfte des 16. Jh. nachhaltig geprägt. Mit seinem kurzen Haller Katechismus von 1535 (über 500 Ausgaben, in mehrere Sprachen übersetzt), seinen exegetischen Werken zu fast allen Büchern der Bibel und mit seinen Predigten wirkt er bis in die Gegenwart.

Brenz war zweimal verheiratet: seit 1530 mit Margarete geb. Gräter aus Hall († 1548, Grabstein in St. Michael; 6 Kinder) und seit 1550 mit der Hallerin Katharina geb. Isenmann († 1587; 13 Kinder). Bedeutende Personen der Geistes-, Wissenschafts- und politischen Geschichte zählen zu seinen Nachkommen. Am 11. September 1570 ist Brenz in Stuttgart gestorben; er ruht unter der Kanzel der Stuttgarter Stiftskirche. Brenz hat in Hall in der heutigen Pfarrgasse 18 (noch jetzt Evangelisches Dekanat) gewohnt. Nach ihm sind in Hall außer einer Straße genannt: die Kirche auf dem Rollhof (erbaut 1955) und das evangelische Gemeindehaus in der Innenstadt (1901, Neubau 1969/70).

Christoph Weismann

Veröffentlicht in: Der Landkreis Schwäbisch Hall. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Schwäbisch Hall (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2005, Bd. 1, S. 227.

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