Villingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0817

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Auf dem westlichen Brigachufer planmäßig angelegter, zum Teil noch von Stadtmauern begrenzter ovaler mittelalterlicher Stadtkern mit zentralem Achsenkreuz (Ost-West-Achse und Nord-Süd-Achse), das aus ehemaligen Marktstraßen hervorgegangen ist. Weitere Aufteilung durch ein den Hauptachsen parallel laufendes Gerüst von Straßen. Ältere Siedlungserweiterung nach Оsten zwischen Brigach und Stadtkern und nach Süden Ausgedehnte planmäßige Neubaugebiete kreisförmig um die ältere Stadt. Gewerbegebiete im Süden zwischen Brigach und Bahnlinie sowie im Norden.
Historische Namensformen:
  • ad Filingas 0817
  • in Vilingin 0999
Geschichte: 817 ad Filingas; 999 in Vilingin; von Personenname. Fürstengrabhügel der Hallstattzeit (um 532 von Chr.) auf dem Magdalenenberg, südlich von Villingen; keltische Siedlung auf dem Kapf, westlich der heutigen Stadt; römische Kulturschicht am Blutrain. Die Siedlung der Merowingerzeit lag, den Reihengräbern nach zu urteilen, nahe der Altstadtquelle beim Friedhof. Dort befand sich wohl auch der Markt, den Otto III. 999 dem Graf Berthold gestattet hatte. Die Stadt auf dem rechten Ufer der Brigach wohl im 12. Jahrhundert gegründet. Das chronikalisch (16. Jahrhundert) überlieferte Gründungsjahr 1119 sonst nicht belegbar. Die alte Marktsiedlung am linken Flußufer bestand zunächst weiter. Dort lag auch die ursprüngliche Pfarrei von Villingen, heute Friedhofskirche. Die Stadtanlage, eine der regelmäßigsten des hohen Mittelalters, hat einen ovalen Grundriß, der geprägt ist von den etwa gleichbreiten gekreuzten Marktstraßen. Die Nord-Süd-Achse endete im Ober- und im Niederen Tor, die kürzere West-Ost-Achse im Riet- und im Bickentor. Die dadurch entstandenen Viertel der Stadt sind ungleich groß. Das Münster- und das Hafenviertel, die beiden nördlichen Stadtteile, sind durch regelmäßigen Straßenverlauf gekennzeichnet, der deutlich erkennbare Quadrate entstehen läßt. Lediglich in der Umgebung des Münsters, besonders östlich vom Chor, wird das strenge Schema der Anlage nicht ganz eingehalten. Beide südlichen Stadtviertel zeigen hingegen eine Nord-Süd ausgerichtete Straßenführung. Die westlich-östlich verlaufenden Querstraßen sind dort erheblich schmäler und unregelmäßiger in Breite und Führung. Hauptsächlich der andere Grundriß mit deutlichem Wechsel von Wohn- und Wirtschaftsstraßen begründet die Vermutung, daß die südlichen Stadtteile bereits eine erste Erweiterungsstufe darstellen. Villingen war ursprünglich doppelt ummauert und durch zwei Gräben geschützt; im Оsten der Kaiser-, im Westen der Michaels-(= Romäus-)Turm; letzterer erhalten. Nach dem Aussterben der Zähringer 1218 war die Herrschaft über Villingen zwischen dem Reich und den Erben des zähringischen Herzogsgeschlechts umstritten. 1241 wurde Villingen wegen Mauerbaus von der Reichssteuer befreit. Während des Interregnums in gräflichem Besitz, gelangte die Stadt bei der urachischen Landesteilung an die Grafen von Fürstenberg. Die Ansprüche des Reichs bestanden zwar bis 1283 formal weiter, de facto jedoch hatte Rudolf von Habsburg bereits 1278 Verzicht geleistet. Zu einer Festigung der fürstenbergischen Ansprüche über Villingen kam es jedoch nicht. Zwischen 1284 und 1324 löste sich die Stadt allmählich aus der Grafschaft heraus. 1326 begab sie sich in den Schutz der Habsburger, die Villingen schließlich nach einem Schiedsspruch im gleichen Jahr samt den umliegenden Orten Klengen, Beckhofen und Grüningen sowie der Herrschaft Warenburg und dem Brigachtal kauften und 1330 als Reichslehen bestätigt erhielten. Die Zeit von 1418 bis 1425 ausgenommen, blieb die Stadt bis ins 19. Jahrhundert beim Hause Österreich. Das Stadtregiment war seit 1225 beim Rat der Vierundzwanzig mit einem Schultheißen an der Spitze. Ende 13. Jahrhundert wuchs der Einfluß der Zünfte. 1297 ein Bürgermeister erwähnt. Das älteste Stadtrecht von 1294, am Vorbild Freiburg orientiert, 1371 und 1592 bestätigt; lediglich die Zahl der Ratsmitglieder verringert. Die von Osterreich eingeführte Ratsverfassung von 1756 führte zu langanhaltenden Unruhen in der Bürgerschaft. Das Alte Rathaus am Münsterplatz, 1306 belegt, 1534 umgebaut, beherbergt seit 1876 die Altertümersammlung der Stadt. Das »Neue Rathaus«, 1761/62 als Kanzlei errichtet, ist seit 1928 Sitz der Stadtverwaltung. Im 30jährigen Krieg und in den Jahren nach 1670 bis 1704 wurde Villingen mehrfach vergeblich belagert. Bedeutend war die erfolgreiche Verteidigung im Spanischen Erbfolgekrieg gegen die Franzosen unter Tallard. 1805 württembergisch, ab 1806 badisch. Ab 1807 Sitz des Obervogteiamts, 1809 des Amtes, 1810 auch Sitz der Kreisregierung für den Donaukreis. 1813 Bezirksamt, 1939 Landkreis Villingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: 1853 erste Uhrenfabrik in Villingen und damit Beginn des später bedeutendsten Gewerbezweigs in der Stadt. Mit dem Ausbau der Schwarzwaldbahn kamen weitere Industriezweige nach Villingen, darunter metallverarbeitende Unternehmen und Elektroapparatefabriken.

Ersterwähnung: 1130 [zwischen 1130 und 1190]
Kirche und Schule: Ursprüngliche Pfarrkirche in der Altstadt der Jungfrau Maria geweiht. Reste im romanischen Turm der Friedhofskirche erhalten. Das Münster, anfangs Leutkirche, Bestandteil des Gründungsplanes der Stadt. Es hatte bis ins 16. Jahrhundert Johannes-der-Täufer-Patrozinium, später wurde es Unserer Lieben Frau geweiht. Doppelturmbasilika, hauptsächlich zwischen 1130 und 1190 entstanden, in gotischer Zeit umgebaut. In einzelnen Teilen, besonders am Westportal, romanisch, sonst gotisch; innen hauptsächlich 18./19. Jahrhundert. Die Mittelachse von Chor, Türmen und Langhaus ist leicht gekrümmt; für einen Vorgängerbau fehlt der Grabungsnachweis. Vom 13. Jahrhundert an war Villingen Sitz bedeutender Klöster. 1257 wurde die Johanniterkommende beim Bickentor gegründet. Die Kirche der Johanniter, einschiffig mit platt geschlossenem Chor und gotischen Turm, wurde im 13. Jahrhundert gebaut. Nach 1268 entstand das Franziskanerkloster; es wurde 1793, endgültig 1797 aufgehoben. Die einschiffige turmlose Kirche wurde 1298 geweiht. Nur 1451 wird ein Antoniterhaus erwähnt. Vor 1255 waren Nonnen von der Altstadt (dort seit 1236 ansässig) ins Haus des Patriziers Vetter übergesiedelt; die »Vettersammlung«, die nach den Regeln des Heiligen Augustinus lebte, ging im Dominikanerorden auf und wurde 1452 durch die verarmte »Kürneckersammlung« erweitert. 1782 wurde dieses Kloster aufgehoben. Das Bickenkloster, 1278 Klosters St. Clara und 1308 durch Nonnen des Klosters Neuhausen (Gemeinde Königsfeld im Schwarzwald) aufgefüllt, am östlichen Stadtausgang gelegen, war Klarissenabtei. Bei der Belagerung 1633 weitgehend zerstört, nach 1731 neu errichtet, wurde es nach der Aufhebung 1782 in ein Ursulinenkloster mit zugehöriger Schule verwandelt. 1536, nach dem Verlust ihres Klosters, ließen sich St. Georgener Mönche in ihrem Villinger Pfleghof nieder. Die zwischen 1688 und 1757 entstandene Klosteranlage ist im barocken Stil gehalten; beim Bau der Kirche im Vorarlberger Schema wirkte Michael Thumb mit. Als letzter Orden kamen 1655 die Kapuziner nach Villingen und errichteten ihr Kloster nahe beim Niederen Tor. Es hatte bis 1806 Bestand. Die heutige katholische Gesamtkirchengemeinde Villingen besteht aus der Münsterpfarrei sowie den Pfarreien St. Fidelis, St. Konrad und Bruder Klaus. Die St. Fidelispfarrei, zu der auch Rietheim gehört, 1942 errichtet, zuvor ab 1927 Kuratie; Kirche von 1953/54. St. Konrad 1956 von St. Fidelis als Kuratie abgetrennt, 1970 zur Pfarrei erhoben. Kirche 1964/67 gebaut. Die Bruder Klaus-Pfarrei, im Nordosten der Stadt 1969 gebildet, war seit 1963 Kuratie; Kirche von 1962/64. Die Evangelischen in Villingen, zuvor von Mönchweiler aus pastorisiert, wurden 1892 in der Johannespfarrei zusammengefaßt. 1952 wurde davon die Pauluspfarrei abgetrennt (zu ihr gehört auch Unterkirnach), 1960 die Markuspfarrei; hierzu gehören auch seit 1966 die Orte Kappel, Obereschach und Weilersbach. Nach der Bildung der Petruspfarrei 1972 wurden diese Ortschaften dorthin umgepfarrt. Kappel und Weilersbach kamen 1979 zur neugebildeten Jakobuspfarrei in Niedereschach. Als fünfte evangelische Pfarrei in Villingen entstand nach neuerlicher Teilung der Johannespfarrei 1975 die Lukaspfarrei. Zusammen mit den evangelischen Pfarreien Marbach und Niedereschach bilden diese Pfarreien die evangelischen Gesamtkirchengemeinde Villingen. Zentrum der Johannesgemeinde ist die Johanniterkirche; weitere evangelische Kirchen: Pauluskirche von 1955, Markuskirche von 1962; evangelische Kirche in Marbach 1970 gebaut.
Patrozinium: Johannes der Täufer
Ersterwähnung: 1500 [bis ins 16. Jahrhundert]
Jüdische Gemeinde: Im Jahre 1324 Juden in Villingen nachweisbar. Synagoge zwischen Münsterplatz und Kronengasse. Die jüdische Gemeinde bei den Verfolgungen 1348/49 vernichtet; Anfang des 15. Jahrhunderts wieder wenige Juden in der Stadt. 1510 erneute Vertreibung. Die 1900 62 Mitglieder zählende Gemeinde unterhielt in der Gerberstraße einen Betsaal, der während der »Kristallnacht« zerstört wurde.

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