Berlichingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0800

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Das unmittelbar vor dem Limes gelegene und der ältesten fränkischen Siedlungsschicht zugehörige Berlichingen findet seine erste Erwähnung zum Jahr 800 im Lorscher Codex (»Berelahinga«). Sein Name beruht auf einem Personennamen. Der unregelmäßig gestaltete Ort soll ursprünglich aus sieben Bauernhöfen bestanden haben. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts umfasste er 102 Anwesen, von denen 39 berlichingisch, sechzig schöntalisch und drei kommunal waren; weitere 29 Hofstätten lagen öd und ungebaut (zwölf berlichingisch, siebzehn schöntalisch). Der im Südosten auf der Höhe gelegene Neuhof entstand 1710 anstelle der älteren schöntalischen Grangie Stein (Flurname Steinäcker). Unmittelbar südlich des Dorfs erinnert die Joppenklinge an die 800 zusammen mit Berlichingen erwähnte und wohl schon im hohen Mittelalter wüstgefallene Siedlung »Hiupenhusen«. Längst abgegangen ist auch der 1177 in einer Schöntaler Urkunde bezeugte Hof Erlach (»terra Erlahe«), über dessen genauere Lage nichts bekannt ist. Im Gewann »Bronnäcker« in Berlichingen besteht seit 1968 ein Neubaugebiet, Industrie siedelte sich von 1960 an westlich im Bezirk »Burgwiesen« an.
Historische Namensformen:
  • Berelahinga 0800 [um 800]
  • Berlichingin 1177
Geschichte: Im hohen Mittelalter gehörte Berlichingen zum Einflussbereich der Edelherren von Krautheim-Boxberg. Die Herrschaft vor Ort lag offenbar ganz in Händen ihrer Ministerialen, der nachmaligen Freiherren von Berlichingen. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts entstand durch zahlreiche, zumeist berlichingische Schenkungen und Verkäufe an das Kloster Schöntal ein ritteradlig-klösterliches Kondominat, das mit permanenten, nicht selten vor dem Reichskammergericht und dem Reichshofrat ausgetragenen Konflikten bis zum Ende des Alten Reiches währte. Ein Berlichinger Anlauf, die Gemeinschaft durch Veräußerung an Schöntal zu beenden, scheiterte 1706 am Einspruch Würzburgs, weil zwei Drittel des innerhalb der Familie weiter aufgeteilten Berlichinger Anteils an der Ortsherrschaft infolge einer 1347 geschehenen Auftragung vom Hochstift Würzburg zu Lehen rührten. Einem Schöntaler Urbar von 1489 zufolge gehörten dem Kloster eine Hälfte des Dorfs, dazu von der anderen Hälfte ein Sechstel, also insgesamt sieben Zwölftel. Die Vogtei- und Gerichtsherrschaft übten das Kloster und die von Berlichingen gemeinsam aus und wurden auch von einem gemeinschaftlichen Schultheißen vertreten. Gemeinschaftlich war darüber hinaus die Annahme neuer Untertanen geregelt, desgleichen der Anspruch auf Ohmgeld und Bannwein sowie die Nutzung der Schäferei. Das Waidwerk exerzierten beide Herrschaften an verschiedenen Enden der Gemarkung, die Fischerei in getrennten Abschnitten der Jagst. Zum Judenschutz waren allein die Berlichingen befugt. Das Schatzungsrecht nahmen das Kloster und die Odenwälder Ritterschaft zu gleichen Teilen wahr. Die hohe Obrigkeit samt Blutgerichtsbarkeit und militärischem Aufgebot gebührte dem Erzstift Mainz wegen der Zent Ballenberg. Die schöntalischen und kurmainzischen Gerechtsame fielen 1802/03 mit der Säkularisation an Württemberg, die ritterschaftlichen 1806 im Zuge der Mediatisierung. Die seit 1244 bezeugte Burg, ein kleindimensionierter, turmartiger, von Wassergraben und Zwinger umgebener Ministerialensitz unterhalb des Dorfs, unmittelbar an der Jagst, war ursprünglich Eigenbesitz der Familie von Berlichingen, wurde 1291/93 zu Teilen den Herrschaften Würzburg, Hohenlohe und Boxberg lehnbar gemacht und ging seit 1347 zu zwei Dritteln nur noch von Würzburg zu Lehen. Bis 1953 war das Anwesen, das noch heute den Charakter der Turmburg zu erkennen gibt, im Besitz der Freiherren von Berlichingen. Während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit waren die von Berlichingen und das Kloster Schöntal die alleinigen Grundherren im Dorf und seiner Gemarkung. Bei 1220 einmalig erwähnten Gütern der Küchenmeister von Nortenberg dürfte es sich um die Mitgift einer berlichingischen Tochter gehandelt haben. Der Zehnt (groß und klein) war ursprünglich allem Anschein nach vollständig in Berlichinger Hand und gelangte noch vor dem Ende des Mittelalters ganz in Schöntaler Besitz. 1301 erwarb das Kloster eine Hälfte käuflich von denen von Nagelsberg, die sie ihrerseits vermutlich von denen von Berlichingen ererbt hatten und von den Herren von Boxberg zu Lehen trugen. An der Spitze der Gemeinde standen zwei aus ihrem Kreis gewählte Heimbürgen respektive Bürgermeister. Das Gericht war mit zwölf gewählten Schöffen besetzt und trat jährlich viermal zusammen. Zu Beginn eines jeden Jahres legten die alten Bürgermeister Rechnung, danach wurden die Gemeindeämter neu besetzt. Eine Ratsstube findet 1620 Erwähnung, 1660 das inmitten des Dorfs gelegene Rathaus. Bis 1588 war die Gemeinde Eigentümerin der Mühle an der Jagst. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts umfasste der kommunale Besitz das Rathaus, ein Hirtenhaus, drei lehnbare Hofstätten, ein paar Wiesen und einige Stücke Wald. Wenn örtliche Güter an Auswärtige verkauft wurden, konnten Gemeindebürger ein Retraktrecht geltend machen. Nach dem Anfall an Württemberg gehörte Berlichingen bis 1810 zum Oberamt Schöntal, bis 1811 zum Oberamt Öhringen, danach zum Oberamt, 1938 Landkreis Künzelsau. Das Stammschloß der Herren von Berlichingen am westlichen Ortsende ist ein turmartiges, dreigeschossiges Steinhaus, in seiner heutigen Form aus dem 17. Jahrhundert stammend. Der ehemalige Graben ist aufgefüllt.
Wirtschaft und Bevölkerung: Bei rund hundert Anwesen dürfte Berlichingen um 1706 etwa 450 Einwohner gehabt haben. Um 1800 wird berichtet, unter der Bevölkerung gebe es viele fahrende Musikanten, die ganz Westeuropa bereist hätten. Neben dem Feldbau widmete man sich in Berlichingen von alters her auch dem Weinbau, dessen Erzeugnisse unter die besten im Jagsttal gerechnet wurden. Eine Kelter findet 1318 Erwähnung, eine Mühle mit Bannrecht existierte bereits 1244; in der frühen Neuzeit wurden auf ihr sowohl Getreide als auch Ölfrüchte verarbeitet. 1620 erwarb das Kloster Schöntal von der Gemeinde einen Steinbruch »ob dem Storch«. Die Tätigkeit eines Zieglers ist seit 1721 nachzuweisen.

Name: Burg/Schloss der Herren von Berlichingen
Datum der Ersterwähnung: 1244

Ersterwähnung: 0800 [um 800]
Kirche und Schule: Kirchlich war Berlichingen anfangs Filial von Bieringen, spätestens seit 1222 selbständige Pfarrei unter Schöntaler Patronat. 1331 stiftete die Familie von Berlichingen eine Frühmesse, die 1454 der Pfarrpfründe inkorporiert wurde; gleichwohl blieb der Kirchensatz allein in Schöntaler Hand. Pfarrer und Gemeinde gründeten 1520 eine Bruderschaft zu Ehren der Heiligen Sebastian, Veit, Katharina und Anna. Die Einführung der Reformation scheiterte am Widerstand der schöntalischen Mitherrschaft. Kirchenheiliger war von jeher Sankt Sebastian, die Nebenaltäre der 1629/30 gebauten Kirche, deren Turm noch heute steht, waren der Muttergottes und Sankt Veit geweiht. Seit dem 17. Jahrhundert wurde die Pfarrei von Klosterangehörigen versehen. Ein Schulmeister, der zugleich den Mesner- und Gerichtsschreiberdienst versah, dazu in öffentlichem Gericht bestellt und von der Gemeinde besoldet wurde, ist seit 1612 bezeugt. Von jedem Kind erhielt er pro Quartal 12 Kreuzer Schulgeld; außerdem genoss er Schatzungsfreiheit für ein Vermögen im Wert von 50 Gulden und durfte sein Vieh gratis auf die kommunale Weide schicken (1706). Anstelle einer völlig verschwundenen Kirche ließ Abt Sigmund Fichtlin 1629/30 einen Neubau errichten. 1843/45 wurde die Kirche St. Sebastian als schlichte neugotische Halle neu erbaut. Lediglich der Turm des Fichtlinbaus wurde als Chorturm übernommen und die barocke Ausstattung (zum Teil Werkstatt Kern). 1954 wurde die Kirche renoviert. Über die Kapelle zu den 14 Nothelfern oberhalb der Straße nach Rossach ist nichts bekannt. Evangelische zu Schöntal.
Patrozinium: St. Sebastian
Jüdische Gemeinde: Um die Mitte des 16. Jahrhunderts ließen sich im ritterschaftlichen Kondominatsanteil Juden nieder, die vom Viehhandel und Kreditgeschäft lebten; 1706 waren es zwei Familien. Ein eigener Judenfriedhof wurde bereits vor 1586 angelegt und von zahlreichen Gemeinden zwischen Adelsheim im Norden und Nagelsberg im Süden als Bezirksfriedhof genutzt. 1791 erhielten Juden eine nach 1939 abgerissene Synagoge.

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