Wehrertüchtigung und Freizeitsport

Badische Polizei und Sport in der Weimarer Republik

Oberleutnant Heller als Schlussmann der 15 x 100-m-Staffel. Quelle: Landesarchiv BW, StAF T 1 Blankenhorn Nr. 78-124
Oberleutnant Heller als Schlussmann der 15 x 100-m-Staffel. Quelle: Landesarchiv BW, StAF T 1 Blankenhorn Nr. 78-124

Der Friedensvertrag von Versailles sah eine Entmilitarisierung Deutschlands in der Form vor, dass die Anzahl der verfügbaren Waffen wie auch die Größe der deutschen Armee beschränkt wurden. Auf dem rechten Rheinufer wurde zudem ein 50 Kilometer breiter Gebietsstreifen festgelegt, in dem jegliche militärische Infrastruktur (Kasernen, Übungsplätze aber auch waffenproduzierendes Gewerbe) gänzlich untersagt war. Die Wehrpflichtarmee wurde abgeschafft, das nunmehrige Berufsheer auf maximal 100.000 Soldaten und 15.000 Mann Kriegsmarine beschränkt. Anstelle des bisher auch nach innen wirkenden Ordnungsfaktors Armee trat die neue Sicherheitspolizei (Vorläufer der heutigen Bereitschaftspolizei), die als bewaffnete und kasernierte Polizei der Länder als staatliche Ordnungsmacht im Innern auftrat.

In der Republik Baden wurde Erich Blankenhorn (1878–1963) durch das Karlsruher Staatsministerium mit dem Aufbau einer solchen Sicherheitspolizei betraut. Blankenhorn, Sohn des Weingutbesitzers und Gründers des Önologischen Instituts der Universität Karlsruhe, hatte nach dem Abitur die Offizierslaufbahn eingeschlagen und war während des Ersten Weltkriegs als Major u. a. im Großen Generalstab tätig gewesen. Innerhalb kurzer Zeit stellte Blankenhorn, der zum Oberst und Chef der badischen Polizei befördert worden war, in vielen Städten Badens Polizeikontingente aus heimkehrenden Veteranen sowie Angehörigen von Volkswehreinheiten auf, deren Stärke sich auf insgesamt 2.200 Mann belief. Besonders in den unruhigen Anfangsjahren der Weimarer Republik kam diesen Einheiten eine besondere Bedeutung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch in Baden zu.

Integraler Bestandteil der Ausbildung dieser Polizeieinheiten bildete dabei der Sport, der nicht nur die körperliche Ertüchtigung des einzelnen Polizisten förderte, sondern auch über das Gruppener lebnis Werte vermittelte, beides nach Blankenhorn notwendige Voraussetzungen für die Steigerung der Schlagkraft und Effizienz seiner Truppen. Regelmäßige Vergleichswettkämpfe erlaubten ihm eine kritische Bestandsaufnahme der körperlichen Fitness seiner Einheiten. Parallel zu diesem Dienstsport – heute noch Teil der polizeilichen Berufspraxis – förderte er die Gründung von privatrechtlichen Polizeisportvereinen, die zu einem wichtigen Bestandteil des Vereinssports in der Weimarer Republik werden sollten. Dieser erlebte durch die Reduzierung der Wochenarbeitszeit und einem neuen Freizeitverhalten einen anhaltenden Aufschwung und etablierte sich innerhalb weniger Jahre als gesellschaftliches Massenphänomen. Selbst begeisterter Sportler engagierte sich der Leiter der badischen Polizei auch ehrenamtlich im Badischen Polizeisportverband, dessen Verbandsvorsitzender er bis 1933 war. Seine loyale Haltung zur demokratischen Weimarer Republik genügte den neuen Herren, um ihn 1933 aus dem Polizeidienst zu entfernen. Sein Nachlass, der im Staatsarchiv Freiburg verwahrt wird, gewährt zum einen für die Zeit der Weimarer Republik einzigartige Einblicke in die Entstehungsgeschichte der badischen Landespolizei, zum anderen in die Entwicklung des Sports im Allgemeinen und des Polizeisports im Besonderen.

Kurt Hochstuhl

Quelle: Archivnachrichten 56 (2018), S. 22 und 23.

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