Die Erste Schlesische Linie (Linie Oels)

Einleitung: Harald Schukraft (Lexikon des Hauses Württemberg, S. 201-204)

Im Mai 1647 heirateten Herzog Silvius Nimrod und Elisabeth Maria von Münsterberg-Oels. Zum Tod der Herzogin 1686 wurde der Sterbetaler ausgegeben. Quelle: Landesmuseum Württemberg
Im Mai 1647 heirateten Herzog Silvius Nimrod und Elisabeth Maria von Münsterberg-Oels. Zum Tod der Herzogin 1686 wurde der Sterbetaler ausgegeben. Quelle: Landesmuseum Württemberg

Die Heirat zwischen Herzog Silvius Nimrod und Herzogin Elisabeth Marie von Münsterberg-Oels, der Erbin des Fürstentums Oels, am 1. Mai 1647 markiert den Beginn von fast drei Jahrhunderten württembergischer Herrschaft in Schlesien.

Am 31. Mai 1647 starb mit Herzog Carl Friedrich, dem Vater Elisabeth Maries, die podiebradische Linie Münsterberg-Oels im Mannesstamm aus. Obwohl Kaiser Ferdinand III. noch am 25. September 1637 den Herzögen von Münsterberg-Oels zugesichert hatte, sie könnten „frei und ungehindert ... ihr Fürstentum ... wem sie wollen ... vermachen“, zog dieser beim Tod Herzog Carl Friedrichs trotz dessen eindeutiger Testamentsaussage zugunsten seiner Tochter das Fürstentum als erledigtes Lehen ein. Anderthalb Jahre dauerten die Verhandlungen um die Neubelehnung, die schließlich am 15. Dezember 1648 nach Abtretung der in Mähren gelegenen Herrschaft Jaischwitz und der Zahlung von 20.000 Gulden vollzogen wurde. Daß die Belehnung überhaupt zustande kam, war vor allem dem Einsatz und der Diplomatie der Herzöge Ernst von Sachsen-Gotha und Wilhelm von Sachsen-Altenburg, beide Verwandte des Paares, zu verdanken.

Staatsrechtlich hing die Neubelehnung nicht mit den alten münsterbergischen Lehensrechten zusammen, sie erfolgte ausdrücklich „ex jure novo“. Von den Hoheitsrechten wurden Silvius Nimrod und Elisabeth Marie unter anderem die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, Zölle sowie das Münz- und Bergwerksrecht belassen. Für den Fall, daß die Ehe ohne Kinder bleiben und einer der beiden Partner sterben sollte, sollten die Nachkommen aus einer eventuellen zweiten Ehe des Überlebenden Erben des Fürstentums Oels werden. Im übrigen galt beim Absterben des letzten männlichen Abkömmlings aus der neuen Linie Württemberg-Oels die weibliche Erbfolge, so daß beim Tod Herzog Carl Christian Erdmanns 1792 dessen Schwiegersohn aus dem Hause Braunschweig die Nachfolge antreten konnte.

Stammtafel der Schlesischen Linie Württemberg-Oels.
Stammtafel der Schlesischen Linie Württemberg-Oels. Quelle: Lexikon des Hauses Württemberg , S.  202. Zur Vergrößerung bitte klicken.

Das östlich von Breslau in Niederschlesien gelegene Fürstentum Oels umfaßte im Jahr 1650 etwa 1.700 Quadratkilometer mit annähernd 70.000 Einwohnern. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wuchs diese Zahl auf etwa 100.000 Bewohner an. Das Territorium bestand aus den Kreisen Oels-Bernstadt und Trebnitz mit insgesamt neun Städten und über 300 Dörfern. Dazu kam noch die in Oberschlesien gelegene Exklave Konstadt sowie die Herrschaft Sternberg in Mähren. Neben dem Lehen gab es noch eine ganze Anzahl von Gütern, die Allodialbesitz waren. Auch das gesamte Amt Medzibor zählte unter die Allode. In Breslau besaßen die Oelser Herzöge zwei Stadtpalais, die jedoch beide Ende des 17. und im 18. Jahrhundert verkauft werden mußten.

Herzog Silvius Nimrod, der am 4. Juli 1650 gegen die Zahlung von 30.000 Gulden zugunsten seiner Brüder auf alle Rechte an Weiltingen und Brenz verzichtet hatte, hinterließ bei seinem Tode 1664 vier unmündige Söhne, von denen drei das Volljährigkeitsalter erreichten: Silvius Friedrich, Christian Ulrich und Julius Sigismund. Unter ihnen teilte die Herzoginwitwe Elisabeth Marie am 22. August 1673 das Fürstentum in drei Herrschaftsbereiche auf. Der älteste erhielt das Oelser Drittel, der zweite das Bernstädter Drittel und der jüngste das Trebnitzer Drittel mit dem Amt Medzibor. Da in Trebnitz bereits die Äbtissin des bedeutenden Zisterzienserinnenklosters residierte, erhielt Julius Sigismund 10.000 Gulden zusätzlich zur Ausstattung seiner neuen Residenz, die er im erst 1655 erworbenen und 1663 zur Stadt erhobenen Ort Dreske einrichtete und der er den Namen Juliusburg gab. Diese sogenannte „Mütterliche Disposition oder unveränderliche Erbfolgeordnung“ stellte bis zum Aussterben dieser Linie des Hauses Württemberg eine Art von Staatsgrundgesetz dar.

Als 1697 Herzog Silvius Friedrich kinderlos verstarb, wurde das Fürstentum neu aufgeteilt: der nächstjüngere Bruder Christian Ulrich erbte den Oelser Teil, dessen Neffe Karl, der Sohn von Julius Sigismund, trat nun in Bernstadt die Nachfolge seines nach Oels umgezogenen Onkels an. Durch dieses „Nachrücken“ wurde das Trebnitzer Drittel frei und unter den verbliebenen Linien Oels und Bernstadt geteilt. Bis zum kinderlosen Tod Herzog Karls in Bernstadt im Jahre 1745 blieb das Fürstentum für fast ein halbes Jahrhundert zweigeteilt. Danach blieb es unverändert bis 1792 in der Hand Herzog Carl Christian Erdmanns. Die verschiedenen Teilungen hatten sich nur auf die inneren Angelegenheiten des Fürstentums bezogen, die staatsrechtliche Einheit nach außen war davon unberührt geblieben und so wurde auf den Schlesischen Fürstentagen immer nur mit einer Stimme gesprochen.

Nach dem Tode des letzten Liegnitzer Herzogs im Jahre 1675 kam dem Haus Württemberg in Oels besondere Bedeutung zu, da es seitdem das einzige evangelische Fürstenhaus inmitten des weitgehend katholischen Schlesien war. Eine Besonderheit ist, daß im Fürstentum Oels nicht der bei den Protestanten bis 1700 in der Regel übliche Julianische Kalender, sondern der 1582 zunächst nur in katholischen Ländern eingeführte moderne Gregorianische Kalender Anwendung fand.

Besonders der jahrzehntelange Aufenthalt Herzog Georgs II. von Württemberg-Mömpelgard mit allen seinen Kindern, der vor französischen Truppen aus seinem Land an der Burgundischen Pforte zu seiner Tochter Eleonore Charlotte, der Gemahlin Herzog Silvius Friedrichs, nach Oels geflohen war, belastete die ohnehin bescheidene Staatskasse schwer. Das außerordentlich kultivierte höfische Leben in den Residenzen, die zahlreichen Medaillenprägungen sowie der Bau von Schlössern und Parkanlagen verschlangen ungeheure Summen, so daß das Fürstentum Oels zeitweise vor dem völligen finanziellen Ruin stand. Aus diesem Grunde wurde beispielsweise das erst 1699 erworbene Burglehen in Auras schon 1713 wieder veräußert. Ebenso verfuhr man 1743 mit der 1676 gekauften Grundherrschaft in Festenberg sowie mit der Herrschaft Sternberg in Mähren.

Möglicherweise waren es diese finanziellen Schwierigkeiten, die Herzog Carl Friedrich veranlaßt haben, nach dem Tode des Herzogs Friedrich Ferdinand von Württemberg-Weiltingen 1705 entgegen der Verzichtserklärung von 1650 Ansprüche auf Weiltingen und Brenz geltend zu machen. Nach dem Aussterben der Mömpelgarder Linie im Jahre 1723 erhoffte sich Oels auch von dort einen Teil des Erbes. Obwohl die verwandtschaftlichen Beziehungen der Linien untereinander durchaus gewisse Hoffnungen rechtfertigten, wies der Reichshofrat in Wien alle Ansprüche von Oels schließlich als unbegründet zurück. Am 8. März 1736 verzichtete Herzog Carl Christian Erdmann offiziell auf sämtliche Ansprüche zugunsten der Stuttgarter Hauptlinie des Hauses Württemberg.

Nach dem 1742 erfolgten Übergang Schlesiens von Habsburg an Preußen wurde zwar die katholische Dominanz spürbar geschwächt, doch in der „Königlichen Finalresolution“ vom 8. Januar 1744 wurden die Rechte der Oelser Landesherren durch den preußischen König derart beschnitten, daß sie nurmehr den Rang von größeren Grundbesitzern einnahmen. Als einziges uneingeschränktes Hoheitsrecht blieb ihnen nur das Münzregal, das Carl Christian Erdmann gegen alle Widerstände 1785 tatsächlich ein letztes Mal ausübte.

Durch seine Mutter Charlotte Philippine von Redern war Herzog Carl Christian Erdmann ein größeres Waldgebiet in Oberschlesien als Allodialbesitz zugefallen, das vor allem als Jagdrevier von Interesse war. Hier gründete er 1748/49 eine Residenz mit Namen Carlsruhe, die bald zur Stadt heranwuchs.

Veranlaßt durch den Tod seiner Tochter im November 1789 versuchte Herzog Carl Christian Erdmann seit 1790 immer wieder, beim preußischen König für Herzog Eugen aus der Stuttgarter Linie die Mitbelehnung in Oels oder wenigstens die Anerkennung der Anwartschaft zu erreichen. Da dieser Vorstoß ohne Ergebnis blieb und das Fürstentum Oels vertragsgemäß an seinen Schwiegersohn Herzog Friedrich August von Braunschweig übergehen sollte, setzte Carl Christian Erdmann in einem Testament, das er nur wenige Tage vor seinem Tod abfaßte, Herzog Eugen von Württemberg als Erbe seiner allodialen Besitzungen, das heißt vor allem der Herrschaft Carlsruhe in Oberschlesien, ein. Herzog Eugen begründete dann die Zweite Schlesische Linie des Hauses Württemberg.

 

Quellen

  • Generell sei hier auf die umfangreichen Bestände im Wojewodschaftsarchiv Breslau, Bestand „ks. Olesnickie“, sowie auf das Hauptstaatsarchiv Stuttgart, G-Bestände (Hausarchiv) hingewiesen, wo sich zu fast allen Mitgliedern des Oelser Familienzweiges Aktenmaterial befindet.

Literatur

  • Martin Feist, Die Oelser Lehensübertragung vom Jahre 1648, in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens 50 (1916). 
  • J.C. Görlitz, Neueste Olsnographie, Oels 1837. 
  • V. Loewe, König Friedrich I. von Preußen und das Fürstentum Oels, in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens 50 (1916).
  • Regehly d. Jüngere, Geschichte und Beschreibung von Carlsruhe in Oberschlesien, Nürnberg 1799. 
  • Harald Schukraft, Die Linie Württemberg-Oels, in: 900 Jahre Haus Württemberg, Stuttgart u.a. 1984, S. 379–389. 
  • Gebhard Werner von der Schulenburg, Die staatsrechtliche Stellung des Fürstentums Oels in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, Diss. Erlangen 1907, Hofgeismar 1908.
  • ders., Die Lehensverhandlungen über das Fürstentum Oels von 1742-1806, Sonderabdruck aus der Oelser Zeitung „Lokomotive an der Oder“, 1906. 
  • Johannes Sinapius, Olsnographie oder Beschreibung des Oelsnischen Fürstentums, 2 Bde, Leipzig/Frankfurt 1707.
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2.   Elisabeth Marie (1625–1686) - Harald Schukraft

3.   Carl Ferdinand (1650–1668) - Harald Schukraft

4.   Silvius Friedrich (1651–1697) - Harald Schukraft

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