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Karl Friedrich Schimper - Ein verkanntes Genie

 Schimper, Karl Friedrich (Quelle: Universitätsbibliothek Tübingen)
Schimper, Karl Friedrich (Quelle: Universitätsbibliothek Tübingen)

Denn als sie hinschmolz, als sich die Erde neu
Sehnsüchtig aufthat, flutheten grauenvoll,
Dem Guß und Sturz der Wasser weichend,
Weg die Molassen als Löß ins Rheinthal!
Deß Zeuge warst du, herrlicher Kaiserstuhl,
Breisgaues Hochwart, sanfterer Sohn Vulcans!
Neun Linden schmücken jetzt das Haupt dir,
Schauend in spätere Paradiese.

Diese Zeilen stammen aus der Ode „Die Eiszeit“, die der 1803 in Mannheim geborene und 1867 in Schwetzingen verstorbene Geologe und Botaniker Karl Friedrich Schimper im Jahr 1837 veröffentlichte. Bereits in den Jahren zuvor hatte Schimper in München Vorträge über „Weltsommer und Weltwinter“ gehalten, in denen er Vorstellungen über Klimaschwankungen und Zeiten der Vereisung entwickelte. Diese Erkenntnisse waren damals durchaus revolutionär und gelten heute als wegweisend für die Eiszeitlehre und die Paläoklimatologie.

Neben Thesen zur Landschaftsprägung durch Lößbildung finden sich in der Ode außerdem Überlegungen zur Heimat des Eisbären, die nach Ansicht Schimpers nicht immer der arktische Nordpol gewesen sein konnte:„Wohn’st hingedrängt dort [am Nordpol] lange bereits, doch eins war deine Heimath näher bei uns! Es war vielleicht das Urland deiner Schöpfung, winterbedeckt noch, das Herz Europas.“

Doch Schimpers Forschungen waren nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Vor allem in seinen zahlreichen Gedichten verarbeitete Schimper seine Erfahrungen aus der Wissenschaftswelt, die von Missgunst und Ideenklau geprägt zu sein schien. So heißt es beispielsweise in der Ode „Gebirgsbildung“: „Das galileische Folter verübt an dem Sänger der Eiszeit, / oder mit Diebssinn ihn, Tiefes verflachend, bestahl, / während Aglastergeschwätz einer diebischen Elster die Menge / ehrlich und dumm und stumm beklatschend bestaunt.“ Mit der „diebischen Elster“ spielte Schimper vermutlich auf den Naturforscher Louis Agassiz an, der – als einer der wenigen – das wissenschaftliche Potential von Schimpers Eiszeitlehre erkannte und unter seinem Namen verbreitete, sodass er schließlich als Begründer gefeiert wurde.

Auch Schimpers Theorien zur Alpenbildung, die heute noch Gültigkeit beanspruchen können, eckten damals an. 1840 beauftragte Kronprinz Maximilian von Bayern Schmiper mit der geologischen Bestimmung der Alpen. Seine Forschungen führten ihn zu der Erkenntnis, dass die Alpen nicht, wie der Geologe Leopold von Buch zuvor einflussreich lehrte, durch eine plötzliche Erhebung von unten her entstanden sein konnten, sondern durch einen Horizontaldruck, der zur Faltenbildung führte. Doch auch in diesem Fall setzte sich Leopold von Buch mit seiner Lehre wirkungsvoll durch. Erst 35 Jahre später griff der Geologe Eduard Suess in seinem grundlegenden Werk „Die Entstehung der Alpen“ auch auf die Erkenntnisse von Schimper zurück ohne ihn zu erwähnen.

Schimpers Spuren folgen können Sie momentan in einer Ausstellung des Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum. Dort ist unter anderem auch das Gedicht „Eiszeit“ im Original als Flugblatt zu sehen. Einen Bericht über Schimper und die Eiszeit-Ausstellung finden Sie außerdem beim SWR. (JH)

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