Biese, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 19.09.1863; Hamburg
Sterbedatum/-ort: 19.11.1926;  Tübingen
Beruf/Funktion:
  • Maler, Lithograph
Kurzbiografie: 1878 Anstreicherlehre
1882 Gesellenprüfung. Anschließend Gehilfe bei Theatermalern, gleichzeitig Besuch der Hochschule für Maler und der Gewerbeschule
1884 Dreijahresstipendium für ein Studium an der Karlsruher Akademie
1886 Rückkehr nach Hamburg, Meisterprüfung im Malerhandwerk
1887 Erwerb eines Malergeschäfts
1892 Verkauf des Geschäfts und Rückkehr an die Karlsruher Akademie, Meisterschüler von Gustav Schönleber
1899 Übersiedlung nach Grötzingen in die Augustenburg, freundschaftliche Beziehungen zu Hans Thoma und dessen zeitweiser Schüler
1907 Übersiedlung nach St. Märgen/Schwarzwald
1909 Umzug nach Hamburg-Blankenese
1911 Übersiedlung nach Freudenstadt. Entstehung vieler Federzeichnungen; nach zweijährigem Aufenthalt Erkrankung an Nervenentzündung, zeitweise Einstellung der Arbeit
1914 Studienreise an den Bodensee, im Winter zum Kniebis
1917 Umzug nach Tübingen. Erneute Krankheit
1920 Im Sommer Studienreise nach Hinterzarten
1921 Reise nach Windischleuba, um für den Dichter Börries Freiherr von Münchhausen Ansichten seines Schlosses zu zeichnen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1896 Lichtental (Baden-Baden), Ellen, geb. Radde (1865-1939)
Eltern: Vater: Adolf Franz Philipp Biese, Vertreter
Mutter: Alwine, geb. Ernst
Geschwister: nicht bekannt
Kinder: Gerth (1901-1980), Maler (Professor)
Peter (1906-zwischen 1950 und 1960)
Gunhild, Appuhn (1898-1979)
Zwei weitere Kinder verstarben kurz nach der Geburt.
GND-ID: GND/116167319

Biografie: Rudolf Theilmann (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 47-48

Biese zählt zusammen mit Otto und Jenny Fikentscher, Franz Hein, Friedrich Kallmorgen und Gustav Kampmann zur ersten Generation einer seit den frühen 1890er Jahren in Grötzingen bei Karlsruhe ansässigen Malerkolonie. Und wie seine Freunde war auch er Schüler des Landschaftsmalers Gustav Schönleber, unter dessen unmittelbarem Einfluß er zunächst seine zeichnerischen Kenntnisse im direkten Studium nach der Natur vervollkommnete sowie seinen Blick für malerische Valeurs und atmosphärische Stimmungswerte schulte. Nach Abschluß der Studienzeit reifte sein Talent rasch im lebendigen, häufig auch kontrovers geführten Gedankenaustausch mit den Grötzinger Malerkollegen, und in den späten 1890er Jahren hatte sich seine persönliche, unverwechselbare Handschrift schließlich voll entfaltet. Seine Themen fand Biese in der Gegend um Karlsruhe und Grötzingen, vor allem aber im Schwarzwald, dessen waldreichen, weltabgeschiedenen Höhenzüge ihn seit seiner Übersiedlung nach St. Märgen im Jahre 1907 zu einer höchst markanten Folge von Ölstudien, Gemälden, Aquarellen und Lithographien inspirierten. Dabei zielte sein künstlerisches Prinzip auf keine detailnaturalistische Dingbeschreibung. Unter gänzlichem Verzicht auf schmückendes Beiwerk entsprach seiner Naturauffassung vielmehr die bloße Festlegung ortsspezifischer Merkmale. Diese Reduktion auf charakteristische Erscheinungsformen der Natur verdankt dem Werk seines Freundes Kampmann wesentliche Impulse. Die großflächig rhythmisierte, in vielen Fällen bildparallele Schichtung der einzelnen Landschaftsgründe verlieh seinen Kompositionen Festigkeit und innere Spannkraft (z.B. „Sommerfrieden“, „Blick aus dem Esszimmer in St. Märgen“, „Blick vom Zweriberg bei St. Märgen“, „Blick vom Zastlertal zum Feldberg“). Die sorgsam kalkulierte Bildarchitektur korrespondiert in vielen Fällen mit einem auf wenige Töne reduzierten Kolorit, dem jede bunte und laute Effekthascherei fremd war. Oft waren es die etwas müden Farben des Winters, die den Künstler zur Darstellung reizten – eine ausgeprägte Vorliebe, der er seinen Beinamen „Schnee-Biese“ verdankt. Wie bei Kampmann tritt auch bei ihm der Mensch nur vereinzelt und am Rande in Erscheinung. Die Natur ist sich selbst Genüge, sie erscheint in ihrem erhabenen Ernst unduldsam gegen die banale Geschäftigkeit figürlicher Staffagen. Die verhaltene Schwermut mancher Naturstimmung spiegelt die angegriffene Gesundheit des psychisch labilen Künstlers, der 1907 an schweren Depressionen erkrankt war.
Als Lithograph gehört Biese zu den herausragenden Vertretern des Karlsruher Künstlerbundes, einer Sezessionsbewegung, die er im Jahre 1896 mitbegründete. Seine bekanntesten Blätter, wie „Hünengrab in der Heide“, „Beschneite Höhe“, „Karlsruher Schloßpark im Schnee“, „Blütenschnee“, „Christmarkt“ oder „Tauwetter“ vermitteln eine komprimierte Vorstellung aller von ihm genutzten Möglichkeiten landschaftlichen Gestaltens: Vom urtümlich-heroisch inszenierten Naturaspekt und dem wirklichkeitsorientierten Abbild über die duftig-frische Landschaftsimpression bis zur elegischen, großflächig-eindringlichen Komposition voll poetischer Kraft.
Bieses Kenntnisse von alter Kunst, die ihn kaum interessierte, waren sehr beschränkt. Von seinen Zeitgenossen bewunderte er vor allem Hans Thoma, zeigte jedoch in seinen letzten Lebensjahren auch für das Werk Cézannes Verständnis; ebenso empfand er für die Zeichnungen Ludwig Richters und Moritz von Schwinds große Wertschätzung. Er verehrte Bismarck, war ein überzeugter Patriot, neigte in seinen politischen Überzeugungen aber nie zu extremen Positionen. Biese zeichnete ein besonnener Charakter aus, dem zügellose Emotionen völlig fremd waren.
Werke: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Lithographien in Staatl. Kunsthalle und Städt. Galerie im Prinz-Max-Palais in Karlsruhe; die überwiegende Mehrzahl seiner Arbeiten in verschiedenem Privatbesitz. Eine Folge von Lithographien und Zeichnungen entstand für den „Deutschen Spielmann“ (Heft Herbst und Winter). Neben den Beiträgen für den Karlsruher Künstlerbund (seit 1896) entwarf Biese seit 1902 für die beiden Leipziger Verlage B. G. Teubner und R. Voigtländer insgesamt 18 Farblithographien, sog. „Künstler-Steinzeichnungen“.
Nachweis: Bildnachweise: „Die Grötzinger Malerkolonie...“, Abb. 26, 27.

Literatur: Akat., Die Grötzinger Malerkolonie. Die erste Generation, Staatl. Kunsthalle Karlsruhe, 1975/76, 15, 30, 31, 39, 71-75, 131-145 (mit ausführlichen Angaben der bis 1975 erschienenen Literatur S. 72/73); Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte, hg. von G. Wietek, München 1976, 120 mit Abb. 113; Akat., Kunst in Karlsruhe 1900-1950, Staatl. Kunsthalle Karlsruhe, 1981, S. 22, 25, 148, Kat. Nr. 31, 32 mit Abb. 42; P. Bussler, Malerparadies auf Zeit, Cuxhaven 1986, pass., vor allem 74-76, mit Abb.
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