Württemberg-Mömpelgard, Henriette, Gräfin 

Andere Namensformen:
  • geb. von Mömpelgard
Geburtsdatum/-ort: zwischen 1384 und 1391; Mömpelgard
Sterbedatum/-ort: 14.02.1444; Mömpelgard; begr. in der Stiftskirche St. Maimboeuf in Mömpelgard
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: Graf Eberhard IV. der Jüngere von Württemberg (um 1388-2.7.1419)
Eltern: Vater: Heinrich von Orbe, Graf von Montbéliard-Montfaucon
Mutter: Maria, geb. Gräfin von Châtillon
Kinder: 3; Anna (1408-2. oder 16.4.1471), Ludwig I. (vor dem 31.10.1412-23./24.9.1450), Ulrich V. (1413-1.9.1480)
GND-ID: GND/118549278

Biografie: Bernd Breyvogel (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 77-79

Am 13. November 1397 schloß Graf Eberhard III. einen Heiratsvertrag für seinen Sohn Eberhard IV. ab, der die ebenfalls noch minderjährige Henriette ehelichen sollte. Da das Mömpelgarder Grafenhaus im Mannesstamme ausgestorben und Henriette als älteste Tochter Haupterbin war, kamen durch diese Verbindung die Grafschaft Mömpelgard und einige dazugehörende Herrschaften an Württemberg – die größte Erwerbung, die die Herrschaft in seiner Geschichte auf dem Heiratswege machen konnte. Die Heirat fand spätestens 1407 statt. Aus der Ehe, die zumindest in der Spätphase nicht glücklich war, gingen Anna, Ludwig I. und Ulrich V. hervor.
Da Ludwig und Ulrich bei dem frühen Tode ihres Vaters 1419 noch minderjährig waren, wurde eine Vormundschaftsregierung eingerichtet, die aus der Mutter – was im deutschen Recht ungewohnt war – und bis zu zweiunddreißig württembergischen Räten bestand. Jetzt erst übernahm Henriette auch die Regierung in Mömpelgard, die zuvor von der Herrschaft Württemberg geführt worden war. Die Vormundschaft beanspruchte auch Herzog Karl von Lothringen mit Hinweis auf seine angeblich nächste Verwandtschaft, er konnte aber von Henriette und den Räten abgewiesen werden.
Das politische Alltagsgeschäft wurde von Henriette und den Räten gemeinsam erledigt, wobei die Gräfin und die Räte auch jeweils allein handeln konnten. So zeichnet sich eine gewisse Aufgabenteilung ab, Henriette scheint z.B. das Kirchenwesen allein geführt zu haben, während etwa für den Lehensbereich ein eigener Lehensträger bestallt wurde. Auch in der Sulzer Fehde gegen die Herren von Geroldseck spielte Henriette gegenüber den Räten offenbar eine weniger bedeutende Rolle.
Das gute Verhältnis zur Pfalz zeigt sich in der schon 1419 getroffenen Eheabrede für Ludwig und Mechthild, der Tochter des Pfalzgrafen Ludwig III. Ende 1421 zog sich Henriette aus der Regierung zurück. Zuvor regelte sie ihre persönliche Witwenausstattung: Der Pfalzgraf verglich sich im Namen Henriettes mit den Räten, mit denen sie darüber in einen auch später noch fortdauernden Streit geraten war, dergestalt, daß sie zusätzlich zu Tübingen einen weiteren Sitz und Einkünfte in Nürtingen haben sollte. Der Pfalzgraf war es auch, der – sehr wahrscheinlich im Einvernehmen mit Henriette – ungefähr gleichzeitig Statthalter installierte, die als neue Führung der Vormundschaftsregierung, in welcher er auch danach noch eine wichtige Rolle spielte, fungierten. Die wenigen Erwerbungen 1419–21 geschahen ohne Beteiligung Henriettes. Die vor allem in populären Darstellungen häufig erwähnte persönliche Beteiligung Henriettes an der Belagerung und Einnahme der Burg Hohenzollern ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil sie nach ihrem Rücktritt stattgefunden hat. Henriette war aber auch nach der Regierungsübernahme 1426 durch ihren ältesten Sohn Ludwig in Württemberg noch politisch tätig, gerade im Bereich des Klosterwesens: So erhielt sie 1431 von König Sigismund den Auftrag, das Kloster Königsbronn zu schirmen, noch im selben Jahr sollte sie auf Bitten des Dominikaner-Provinzials von Deutschland über die neue Ordnung des Klosters Weiler wachen, und im Jahr darauf ließ sie zwischen Maulbronn und dem Frauenkloster Rechentshofen wegen dessen Reform vermitteln.
Auch in weltlichen Dingen trat Henriette öfter als Schiedsrichterin in Schwaben auf, etwa 1431 in einer Auseinandersetzung zwischen Georg von Enne und einigen Reichsstädten oder 1433 in einem Streit zwischen Württemberg und Georg von Urbach.
Henriettes bevorzugter Aufenthaltsort nach ihrem Rücktritt war Nürtingen, aber sie hielt sich auch öfter in Mömpelgard auf, wo sie ja weiterhin Regentin war. Auch hier befaßte sie sich mit der Klosterreform, in diesem Fall mit der des Mömpelgarder Stifts St. Maimboeuf. Für den weltlichen Bereich wichtig war die Abschaffung des Leibfalls in Mömpelgard und den zugehörigen Herrschaften Etobon und Belieu (1431).
Während die Teilungen Württembergs 1441 und Anfang 1442 noch mit Henriettes Zustimmung geschehen waren, entwickelte sich 1442 ein Streit mit ihren Söhnen um das Erbe Annas, der sie zusätzlichen Besitz sowohl auf württembergischem als auch auf Mömpelgard zugehörigem Gebiet vermachen wollte. Nachdem sie von Ludwig und Ulrich sogar eine Weile in Nürtingen festgesetzt worden war, kam am 13. August 1442 ein Vergleich zustande, in dem Henriette die geplante Bevorzugung Annas zurücknahm.
Quellen: Quellen:
HStA Stuttgart, Bestände A 602, A 266/267.
Württ. Landesbibliothek Stuttgart, Actes, Pieces et Proces De … Christophe Duc de Wirtenberg … Contre … Françoise de Longuy … & … Girard de Rye.
W.F.L. Scheffer, Ausführliche chronologische Darstellung alles Merkwürdigen aus der Geschichte der Grafen und Grafschaft Mömpelgard, Stuttgart 1785-1788/1823.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997

Literatur: Hans Binder, Vom Schloßberg und vom Nürtinger Schloß und von einer außergewöhnlichen Frau, die einst in diesem Schloß residierte, Sonderdruck der Volksbank Nürtingen 1988.
Ulrich Müller, Die politischen Beziehungen zwischen der Kurpfalz und der Grafschaft Württemberg im 15. Jahrhundert, Dissertation Tübingen 1970.
Pierre Pégeot, La vie économique et sociale à Montbéliard aux XIVe et XVe siècles, 2 Teile, in: Mémoires de la Société d’ Émulation de Montbéliard 69/70 (1971/73).
Pierre Edmond Tuefferd, Histoire des Comtes souverains de Montbéliard, in: Mémoires de la Société d’Émulation de Montbéliard 11 (1877).
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