Württemberg, Sophie Dorothee, Zarin 

Andere Namensformen:
  • geb. von Württemberg
Geburtsdatum/-ort: 23.10.1759; Stettin
Sterbedatum/-ort: 05.11.1828; Pawlowsk (Russland); begr. in der Kathedrale St. Peter und Paul in St. Petersburg (Russland)
Weitere Angaben zur Person: Religion: protestantisch/ orthodox
Verheiratet: 7.10.1776 Großfürst Paul von Russland
Eltern: Vater: Herzog Friedrich Eugen von Württemberg (21.1.1732-22.12.1797)
Mutter: Friederike Sophie Dorothea, geb. von Brandenburg-Schwedt (18.12.1736-9.3.1798)
Geschwister: Friedrich II./I. (6.11.1754-30.10.1816)
Ludwig (Louis) (30.8.1756-20.9.1817)
Eugen (I.) Friedrich Heinrich (21.11.1758-20.6.1822)
Wilhelm (27.12.1761-10.8.1830)
Ferdinand (21.10.1763-20.1.1834)
Friederike Elisabeth Amalie Auguste (27.7.1765-24.11.1785)
Elisabeth Wilhelmine Luise (21.4.1767-18.2.1790)
Wilhelmine (3.6.1768-22.10.1768)
Carl Friedrich Heinrich (3.5.1770-22.8.1791)
Alexander (I.) (24.4.1771-4.7.1833)
Heinrich Friedrich Karl (3.7.1772-28.7.1838)
Kinder: 10; 4 Söhne, 6 Töchter
GND-ID: GND/11933075X

Biografie: Hans-Martin Maurer (Autor)
Aus: lLexikon Haus Württemberg, S. 295-296

Sophie Dorothee wuchs in Treptow in Pommern, wo der Vater als preußischer General seinen Sitz hatte, und ab 1769 in Mömpelgard auf und erhielt zusammen mit ihren elf Geschwistern eine sorgfältige Erziehung. Johann Georg Schlosser, ein Freund Goethes, der Württemberger Cleß, der Schriftsteller und Mathematiker Georg Jonathan Holland und der ehemalige preußische Offizier Friedrich von Maucler waren neben Frau von Borck an der Ausbildung beteiligt. Eine enge Freundschaft verband Sophie Dorothee mit Henriette Luise, der späteren Baronin von Oberkirch, die in ihren Memoiren ausführlich darüber berichtet. Im April 1776 verlobte sich Sophie Dorothee mit dem Erbprinzen Ludwig von Hessen-Darmstadt, doch bald darauf kam es auf Wunsch der Zarin Katharina und Friedrichs II. von Preußen zur Verbindung mit dem russischen Thronfolger Großfürst Paul. Am 23. Juli 1776 fand in Berlin das Verlöbnis statt und, nachdem die Prinzessin zur orthodoxen Kirche übergetreten war und den Namen Maria Feodorowna erhalten hatte, am 7. Oktober in St. Petersburg die Vermählung. Zwischen 1777 und 1798 gebar Maria vier Söhne und sechs Töchter, darunter die späteren Zaren Alexander I. und Nikolaus I. Das Thronfolgerpaar, das von der Zarin von jeder Regierungsbeteiligung und von jeglichen öffentlichen Aufträgen ferngehalten wurde, wohnte zunächst im Schloß Gatschina und später in Pawlowsk.
Hier erbaute der schottische Architekt Cameron 1780 bis 1782 das Schloß, das, großenteils nach Vorstellungen Marias, eine reiche Innenausstattung in klassizistischem Stil erhielt. Beim Schloß entstand, wieder unter lebhafter Beteiligung Marias, die erste englische Parkanlage in Rußland, in der vieles an die Mömpelgarder Heimat erinnerte. 1781/82 unternahmen Paul und Maria eine Art Bildungsreise nach Österreich, Italien, Frankreich, in die Niederlande, nach Mömpelgard und Württemberg, wo Herzog Carl Eugen zu ihren Ehren glänzende Feste veranstaltete. Als Paul nach dem Tod Katharinas (1796) Zar wurde, übte er, wohl krankhaft veranlagt, ein zunehmend willkürliches und despotisches Regiment aus, das aber schon nach fünf Jahren, am 24. März 1801, mit einem Staatsstreich endete, bei dem er den Tod fand. Nachfolger wurde der älteste Sohn Marias, Zar Alexander I. Maria behielt indessen als Zarinmutter ihren hohen Rang und großen höfischen Einfluß, doch hielt sie sich in politischen Fragen zurück. Schon Paul hatte ihr die oberste Leitung der weiblichen Bildungsinstitute und der Findelhäuser übertragen, die sie auch unter dem Nachfolger zeitlebens ausübte. Sie gründete weitere Bildungseinrichtungen für Mädchen und zahlreiche Wohltätigkeitsanstalten für Kranke, Witwen und Waisen, und sie sorgte mit Eifer für deren materielle Ausstattung und ordnungsgemäße Betreuung. Aus der von ihr eingesetzten zentralen Verwaltung dieser Institute ging später das „Ressort der Anstalten der Zarin Maria“ hervor, das, im Laufe der Zeit immer mehr erweitert, bis zum Ende der russischen Monarchie große soziale und kulturelle Bedeutung behielt. Maria hat ihre Töchter in deutsche Fürstenhäuser und in das niederländische Königshaus verheiratet und auch sonst an der Anbahnung europäischer Familienverbindungen mitgewirkt – ein Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung deutsch-russischer Beziehungen. Im Jahre 1818 besuchte sie ihre Töchter in Stuttgart, Brüssel und Weimar. Sie stiftete dem württembergischen Wohltätigkeitsverein eine jährliche Rente von 2.000 Rubel – die auch nach ihrem Tod, bis ins 20. Jahrhundert hinein, ausgezahlt wurde.
Quellen: HStA Stuttgart, Bestand G 252.
St. Petersburger Zeitung vom 2. (14.) Mai 1897.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997; Bildnachweise: Haus Württemberg

Literatur: Ingeborg Fleischhauer, Die Deutschen im Zarenreich. Zwei Jahrhunderte deutsch-russischer Kulturgemeinschaft, Stuttgart 1986.
Martha Lindemann, Die Heiraten der Romanows und der deutschen Fürstenhäuser, Berlin 1935, S. 56–96.
Jakob Merkle, Jugendjahre der Kaiserin Maria Feodorowna von Rußland, Stuttgart 1892.
Ders., Segensreiche Wirksamkeit durch vier Generationen, Stuttgart 1893.
Princesse Lise Trubetzkoi (Hrsg.), Correspondance de Sa Majesté l’impèratrice Marie Feodorowna avec Mademoiselle de Nélidoff, sa demoiselle d’honneur 1797–1801, Paris 1896.
Heinrich Weizsäcker, Maria Feodorowna, die russische Kaiserin aus dem Hause Württemberg, in: WVJH 42 (1936), S. 286–300.
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