Württemberg, Paul Friedrich Karl August, Prinz 

Geburtsdatum/-ort: 19.01.1785; St. Petersburg (Russland)
Sterbedatum/-ort: 16.04.1852;  Paris; begr. in der Gruft (Katholische Abteilung) der Schlosskirche Ludwigsburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: protestantisch/ katholisch
Verheiratet: 28.9.1805 Charlotte Catherine, geb. von Sachsen-Altenburg-Hildburghausen
1847 Lady Magdalena, geb. Chimenez Suthingham
Eltern: Vater: Herzog/König/Kurfürst Friedrich I. von Württemberg (6.11.1754-30.10.1816)
Mutter: Auguste Karoline, geb. von Prinzessin Braunschweig-Lüneburg (3.8.1764-27.9.1788)
Geschwister: Wilhelm I. (27.9.1781-25.6.1864)
Katharina (21.2.1783-28.11.1835)
Kinder: 7; Charlotte (Helena Pawlowna) (9.1.1807-9.1.1873), Friedrich (21.2.1808-9.5.1870), Karl (7.3.1809-28.5.1810), Pauline Friederike Marie (25.2.1810-7.7.1856), Friedrich August Eberhard (24.1.1813-12.1.1885), Pauline Chimenez (1818-1905), Karoline Voß
GND-ID: GND/122366778

Biografie: Gerald Maier (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 313-315.

Seine Kindheit verbrachte der Bruder des späteren Königs Wilhelm I. und Großvater von König Wilhelm II. zunächst in Rußland, wo sein Vater für Kaiserin Katharina im Range eines russischen Generalleutnants als Generalgouverneur von Russisch-Finnland Dienst tat. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1787 zog Paul mit dem Vater zunächst in die Schweiz (Monrepos bei Lausanne) und dann nach Bodenheim bei Mainz. Erst 1790 kam er nach Württemberg, weil der Vater nun seinen Wohnsitz in Ludwigsburg nahm und bald darauf Erbprinz von Württemberg wurde. In den Jahren 1796 bis 1799 mußte die Familie wegen der Kriege mit Frankreich mehrmals das Land verlassen.
Von 1799–1803 wurde der Prinz durch Hofmeister und Lehrer an verschiedenen Orten (Erlangen, Ludwigsburg, Stuttgart, Tübingen) ausgebildet. Schon 1799 erhielt er das erste Oberstenpatent. In seinen Studien befaßte sich Paul hauptsächlich mit der Militärwissenschaft, aber auch mit Politik, Philosophie und Geschichte.
Am 28. September 1805 fand in Ludwigsburg nach vorhergehender Verlobung die Heirat des Prinzen mit Prinzessin Charlotte, Tochter des Herzogs Friedrich von Sachsen-Hildburghausen bzw. Sachsen-Altenburg, statt. Die mehrere Tage dauernden Hochzeitsfeierlichkeiten (28.–30. September) in Ludwigsburg wurden abrupt vom Einmarsch der Franzosen unter Napoleon ins Kurfürstentum Württemberg unterbrochen.
Im Jahr 1806 kaufte Paul ein Haus in Cannstatt, wo er sich mit seiner Familie niederließ. Noch im selben Jahr – vor dem Ausbruch des Krieges gegen Preußen – verließ er heimlich Württemberg und begab sich in das Lager des Herzogs von Braunschweig, um auf preußischer Seite gegen Frankreich zu kämpfen. Sein Vater, König Friedrich, der auf französischer Seite in den Krieg zog, verlangte vom preußischen König Friedrich Wilhelm, der sich in die Familienangelegenheiten nicht einmischen wollte, vergeblich die Rückkehr des Prinzen. Erst 1808 kehrte Paul wieder nach Württemberg zurück und söhnte sich mit dem Vater aus. Bald darauf kam es aber zu neuen Spannungen zwischen Vater und Sohn. So war Paul im Jahr 1812 nicht dazu bereit, mit Napoleon gegen Rußland zu ziehen. Im selben Jahr wurde er Ritter des Schwarzen Adlerordens. Während des Waffenstillstandes im Jahr 1813 trat er – gegen den Willen seines Vaters – in russische Dienste ein und machte die Freiheitskriege mit (u.a. 1814 als Befehlshaber der anhalt-thüringischen Division beim 3. deutschen Armeekorps unter Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar). Nach dem Friedensschluß nahm er als kaiserlich russischer Generalleutnant seinen Abschied, kehrte aber trotz mehrfacher Aufforderungen seines Vaters nicht nach Württemberg zurück. Seit 1814 hielt er sich an verschiedenen Orten auf (u.a. St. Petersburg, London, Mergentheim, Schaffhausen, Zürich, Paris). 1815 wurde von Kaiser Franz ein Gesuch des Prinzen, in österreichischen Dienst zu treten, abgelehnt. Im selben Jahr mißlang ein weiterer Versuch, ihn zur Rückkehr nach Württemberg zu bewegen.
Auch nach dem Tod des Vaters im Jahr 1816 bestanden die Spannungen zwischen dem Prinzen und der regierenden Linie des württembergischen Hauses fort. So überwarf sich Paul in den Jahren 1817–1819 mit seinem Bruder König Wilhelm I. wegen der Hausgesetze, den Apanagenverhältnissen und wegen seiner Eingriffe in die württembergischen Verfassungskämpfe. Eine Appellation des Prinzen an den Bundestag, sich für ihn gegen König Wilhelm einzusetzen, wurde von diesem abgelehnt.
In der Zwischenzeit kam es auch immer mehr zu persönlichen Spannungen zwischen Prinz Paul und seiner Frau, so daß sich Paul 1818 ohne formelle Scheidung von seiner Gemahlin trennte, mit der er vier Kinder hatte. Seine Frau lebte fortan in ihrer Heimat Hildburghausen. Ein formeller Antrag des Prinzen auf Ehescheidung im Jahr 1823 wurde von König Wilhelm abgewiesen. Seine Kinder blieben am königlichen Hof in Ludwigsburg. Paul selbst ging an seinem neuen Wohnort Paris, den er bis zu seinem Tod beibehielt, eine Beziehung mit der aus Spanien stammenden katholischen englischen Lady Chimenez Suthingham (alias Lady Witthingham?) ein, mit der er sich nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1847 morganatisch vermählte. Aus dieser Verbindung stammte wohl die Tochter Pauline Chimenez (* 1818 in Paris, † 1905 in Paris), die am 12. April 1841 unter dem Namen „Helfenstein“ in den württembergischen Grafenstand erhoben wurde und im selben Jahr den späteren außerordentlichen französischen Gesandten und bevollmächtigten Minister in Florenz Gaston Comte de Montessuy heiratete. Um die Verheiratung einer weiteren unehlich geborenen Tochter mit Namen Karoline Voß bemühte sich Paul in den Jahren 1828/29.
In Paris, wo Prinz Paul seit 1817 in einem Hotel am Place de Vendôme seinen Wohnsitz hatte, verkehrte er u.a. am Hofe der Bourbonen, der Orléans und bei den ihm verwandtschaftlich besonders nahestehenden Napoleoniden. Daß sein Ansehen nicht gering war, zeigt sich darin, daß er 1830 auf der Liste der für den griechischen Thron vorgeschlagenen Kandidaten stand. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Prinzen scheinen dagegen nicht zum besten bestellt gewesen zu sein, da er in den Jahren 1821–1826 durch zahlreiche Schuldforderungen bedrängt wurde (u.a. vom Pariser Bankier Anselm Salomon von Rothschild).
Die Streitigkeiten des Prinzen mit seinem königlichen Bruder und dem württembergischen Staat gingen auch in späteren Jahren weiter. In den Jahren 1841–1843 beklagte sich Paul mehrmals bei den Landständen wegen Benachteiligung durch König Wilhelm. Außerdem führte er 1849–1851 mehrere Prozesse gegen die württembergische Staatsfinanzverwaltung, die er auf Weiterbezahlung der sogenannten Donativgelder und wegen Schmälerung des sogenannten Apanageholzes verklagte.
In seinen späteren Lebensjahren wandte er sich unter dem Einfluß seiner Tochter Pauline de Montessuy, ihrer Mutter und eines Jesuitenpaters der katholischen Konfession zu. Seine Konversion am 30. Januar 1852, wenige Monate vor seinem Tod durch eine Hirnentzündung am 16. April 1852, wurde zunächst geheimgehalten und seiner protestantischen Verwandtschaft erst am Sterbebett mitgeteilt. Paul hatte in seinem Testament seine beiden Töchter aus erster Ehe als Haupterben eingesetzt. Die Rechtmäßigkeit der Konversion des Prinzen zum katholischen Glauben wurde v.a. von seinem Schwiegersohn Herzog Wilhelm von Nassau bezweifelt, der förmlich Protest gegen die Gültigkeit des Konfessionswechsels erhob. Die Sache sorgte in Württemberg insofern kurze Zeit für Aufregung, als man dort der Ansicht war, daß das Erbrecht seiner Söhne und eine mögliche Anwartschaft dieser auf die württembergische Krone durch den Religionswechsel ihres Vaters beeinträchtigt worden sei, was sich aber juristisch als nicht stichhaltig erwies.
Quellen: HStA Stuttgart, Bestände E 55, G 275; Repertorium G-Bestand, Bd. VI/2, S. 266–312.
Altshausen, Archiv des Hauses Württemberg, Bestand G 275, Hofbestände 1 (40/33) (K.I.8.p).
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997; Bildnachweise: Landesmuseum Württemberg

Literatur: Paul Beck, Die Konversion des Herzogs Paul Fried. Karl Aug. von Württemberg, in: Diöcesan Archiv von Schwaben 24 (1906), Nr. 8, S. 126–128.
Philipp Frhr. von Brüsselle-Schaubeck, Die Vermählung des Herzogs Paul von Württemberg im Jahr 1807, in: Neues Tagblatt (Stuttgart) 1907, Nr. 290, S. 8.
Heinrich Ihme (Bearb.), Südwestdeutsche Persönlichkeiten. Ein Wegweiser zu Bibliographien und biographischen Sammelwerken, Teil 2, Stuttgart 1988, S. 989.
Neuer Nekrolog der Deutschen 30 (1852), S. 256–261.
Schreiben des Prinzen Paul an die Bundesversammlung zu Frankfurt 19.4.1819 und Antwort derselben 19. April d. J, in: Schwäbischer Merkur 1819, S. 633f.
Schreiben des Prinzen Paul von Württemberg an den K. Geh. Rath und Antwort desselben, in: Schwäbischer Merkur 1817, Beilage zu Nr. 102 vom 15.5.1817 (= Bd. 1, Nr. 1558).
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