Württemberg-Mömpelgard, Georg (II.), Herzog, Graf 

Andere Namensformen:
  • Graf von Mömpelgard
Geburtsdatum/-ort: 05.10.1626; Mömpelgard
Sterbedatum/-ort: 01.06.1699; Mömpelgard; begr. in der Stiftskirche St. Maimboeuf Mömpelgard
Beruf/Funktion:
  • Herzog, Graf
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 9.03.1648, Mömpelgard Anne de Coligny (1624–1680)
Eltern: Vater: Herzog Ludwig Friedrich von Württemberg
Mutter: Anna Eleonora, geb. Gräfin von Nassau-Saarbrücken
Geschwister: 5, Henriette Luise (20.6.1623-24.8.1650)
Leopold Friedrich (30.5.1624-15.6.1662)
Christoph (25.12.1620-1.1.1621)
Heinrich (19.12.1627-Januar 1628)
Georgia Ludovica (1.11.1630-2.4.1630)
Kinder: 8, Otto Friedrich (1650–1653)
Otto Friedrich (1650–1653)
Henriette (8.1.1654-32.1.1680)
Eleonore Charlotte (20.11.1656-13.4.1743)
Konrad Ludwig (1658-1659)
Anna (30.12.1660-13.6.1733)
Elisabeth (17.3.1665-5.7.1726)
Hedwig (23.3.1667-24. oder 27.12.1715)
Leopold Eberhard (21.5.1670-25.2.1723)
Otto Friedrich (17.8.1650-9.1.1653)
Konrad Ludwig (23.5.1685-1659)
GND-ID: GND/136697992

Biografie: Jean-Marc Debard (Autor)
Aus: Lexikon Haus Württemberg, S. 183-186.

In seinen Jugendjahren teilte Georg das Schicksal seines älteren Halbbruders Leopold Friedrich: Nach dem Tode des Vaters 1631 mußte die Mutter angesichts der Bedrohungen und Wirren des Dreißigjährigen Krieges mit den Kindern mehrfach Mömpelgard verlassen, und die Familie verbrachte viele Jahre außerhalb des Landes. Georg und Leopold Friedrich hielten sich besonders lange in Frankreich auf, wo sie auch einen Teil ihrer Erziehung genossen. Erst als Leopold Friedrich 1645 als Kommandant der französischen Schutztruppen nach Mömpelgard zurückkehren durfte, verbesserte sich die Situation wieder. 1648 heiratete Georg die französische Gräfin Anna von Coligny – eine Mésalliance, da die Braut nicht aus einem regierenden Hause stammte. Die Ehe der beiden leicht reizbaren Partner, die sich zunächst in Horburg niederließen, gestaltete sich in den folgenden Jahren immer schlechter, auch durch die zunehmende Geisteskrankheit Annas und verschiedene konfessionelle Positionen bedingt. Der lutherische Herzog zwang an Weihnachten 1662 seine calvinistische Frau sogar, zum Luthertum zu konvertieren, was die Situation natürlich nicht verbesserte. Georg hat die ehelichen Streitigkeiten im unveröffentlichten „Dialogue du ménage d’un seigneur“ beschrieben – daß er seine Frau aber aufrichtig liebte, geht aus seinem ebenfalls noch unveröffentlichten Tagebuch (1662–1672) hervor. Georg war ein ausgesprochen gebildeter Mann, er sprach und schrieb Deutsch, Französisch und Latein, wobei er eine besondere Vorliebe für Tacitus hatte. Er beschäftigte sich mit der Philosophie von Descartes und suchte den Umgang mit Gelehrten und Literaten (aber auch mit Kardinal Mazarin in Paris oder Königin Christine von Schweden). Obwohl Georg neben seiner Korrespondenz mit dem Pietisten Philipp Jakob Spener auch den Kontakt zu calvinistischen Theologen wie Pierre Du Moulin, Moyse Amyraut und John Durie hielt, blieb er ein überzeugter Lutheraner und nahm überhaupt seine religiösen Pflichten sehr ernst, teilweise auch in übersteigerter Art und Weise. So soll er täglich 60 Kapitel in der Bibel gelesen, 12 Gebete gesprochen und 12 Choräle gesungen haben. Er wies Pfarrer zurecht, wenn sie das Wort Gottes schlecht auslegten und hinterließ zwei gedruckte theologische Werke: „Traité de la Bible Close et d’Elie qui doit l’ouvrir“ (o.O. [Mömpelgard] 1667) und „Comment l’on doit comprendre la Bible“ (Mömpelgard 1671), außerdem weitere unveröffentlichte Manuskripte theologischen und philosophischen Inhalts. Dabei war Georg mitunter auch ein eigensinniger, mißtrauischer und cholerischer Fürst, ja beinahe ein Sonderling, mit teilweise seltsamen, überspannten Ideen, die seiner Bildung durchaus widersprachen. So vernachlässigte er beispielsweise die Erziehung seines eigenen Sohnes völlig, mit der Begründung, ein Thronfolger brauche nichts zu lernen, da die Vorsehung, die ihn zum Herrscheramt bestimmt habe, den fehlenden Untericht schon zu ersetzen wisse.
Als sein älterer Halbbruder Leopold Friedrich 1662 ohne Nachkommen starb, trat Georg II. die Nachfolge in Mömpelgard an. Seine Regierungszeit kann zum Ende hin allerdings nur als sehr unglücklich bezeichnet werden, obwohl sie recht positiv begann. Georg widmete sich von 1662 bis 1676 dem Wiederaufbau des Landes, das immer noch unter den Folgen des Dreißigjährigen Krieges litt. Er bemühte sich, die Bevölkerungszahl weiter anzuheben und war im Gegensatz zu seinem Bruder zu Einsparungen bereit, um den Haushalt zu sanieren. Seine Religionspolitik zielte darauf ab, das Luthertum wieder zu festigen, seine Bildungspolitik führte zum Wiederaufbau der zerstörten Pfarrschulen des Fürstentums, und im Jahre 1670 realisierte er das Projekt Friedrichs I., ein Akademisches Collegium in Mömpelgard zu eröffnen, das mit Professoren und Studenten bis 1676 wie eine kleine Universität arbeitete.
Doch das Unheil kam erneut von außen. Im Krieg Frankreichs mit den Niederlanden und dem Reich setzte Georg auf Neutralität, was Ludwig XIV. aber nicht davon abhielt, Mömpelgard im November 1676 zu besetzen und erheblich zu verwüsten. Georg II. floh nach Basel, wo er zwei Jahre lang blieb. Erst im Februar 1679 erhielt Georg mit dem Vertrag von Nymwegen seine Ländereien zurück, doch dauerte es noch bis August, bis die Franzosen das Land (mit Ausnahme von Blamont und Héricourt) räumten. Georg kehrte nach Mömpelgard zurück, wurde aber schon 1680 erneut mit Ludwig XIV. konfrontiert und zwar diesmal mit seiner Reunionspolitik, in deren Folge das Parlament von Besançon die Grafschaft Mömpelgard zum burgundischen (d.h. französischen) Lehen erklärte. Als Georg die vom französischen König geforderte Anerkennung der Oberhoheit verweigerte, weil Mömpelgard Reichslehen war und der Herzog die Eide, die er bereits dem Kaiser geleistet hatte, prinzipiell nicht brechen wollte, wurde Mömpelgard abermals von Frankreich besetzt. Georg floh im Oktober 1680 zunächst nach Reichenweier, wurde von Ludwig XIV. aber auch von dort verjagt. So ging er mit seiner Familie erneut ins Exil, das er die meiste Zeit über bei seinem Schwiegersohn Sylvius Friedrich und seiner Tochter Eleonora Charlotte in Schlesien verbrachte. Es wurde ein langes Exil, denn Georg blieb standhaft und erkannte die französischen Ansprüche niemals an. Dies tat nun aber, um die drohende Annexion durch Frankreich abzuwenden und für Georgs Sohn Leopold Eberhard das Erbe zu sichern, der Administrator Württembergs, Herzog Friedrich Carl, auf Bitten des Mömpelgarder Magistrates. Nach der Anerkennung der französischen Oberhoheit durch Württemberg – gegen die Herzog Georg heftig protestierte – konnte nun Mömpelgard unter strenger französischer Kontrolle (und bei Vorenthaltung der Nebenlande) für den noch minderjährigen Leopold Eberhard von Stuttgart aus vormundschaftlich regiert werden. Mit dem Wiederaufflammen des Krieges endete jedoch auch diese Episode und Ludwig XIV. okkupierte das Land erneut, bis der Frieden von Rijswijk von 1697 die französische Oberhoheit beendete und die alten Verhältnisse wiederherstellte. Für die burgundischen Lehen allerdings und die elsässischen Besitzungen wurden noch keine endgültigen Regelungen getroffen und Württemberg mußte auch die Katholisierungsmaßnahmen, die die Besatzer eingeleitet hatten, anerkennen. Nun endlich konnte Georg II. am 7. Februar 1698 nach Mömpelgard zurückkehren, starb dort aber nach einem Leben voller Flucht und Exil völlig desillusioniert bereits im darauffolgenden Jahr im Alter von dreiundsiebzig Jahren. Nachfolger wurde sein Sohn Leopold Eberhard.
Nachweis: Das Haus Württemberg: ein biographisches Lexikon / hrsg. von Sönke Lorenz ... In Zusammenarbeit mit Christoph Eberlein ... und dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Stuttgart; Berlin; Köln 1997; Bildnachweise: Württembergische Landesbibliothek

Literatur: Michel Billerey, Un prince théologien: Le Comte Georges de Montbéliard (1626–1699), in: Positions Luthériennes 21 (1973), S. 34–42.
Werner Fleischhauer, Vier Kunstsammler aus dem Hause Württemberg im 17. Jahrhundert, in: Robert Uhland (Hrsg.), 900 Jahre Haus Württemberg, Stuttgart u.a. 1984, S. 574–592, hier S. 577 ff.
Gerhard Raff, Hie gut Wirtemberg allewege Bd. 2, Degerloch 1993, S. 549–581.
Paul Edmond Tuefferd, Biographie du Prince George et d’Anne de Coligny, sa femme, in: Revue d’Alsace 36/NS 14 (1885), S. 380–391.
ADB 8 (1878), S. 709 f.
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