Schwobthaler, Robert Isidor 

Geburtsdatum/-ort: 13.04.1876;  Endingen am Kaiserstuhl
Sterbedatum/-ort: 05.12.1934; Paris, beigesetzt in Endingen
Beruf/Funktion:
  • Filmproduzent
Kurzbiografie: bis 1890 Volksschule in Endingen; danach Lehre bei Spedition Mengler in Freiburg
ca. 1893-1895 Speditionskaufmann in London
ca. 1895-1898 Weinhandelskaufmann in Riposto, Sizilien, zwei Jahre, dann Florenz und Bruchsal
ca. 1898 In Paris Vertreter eines Stahlunternehmens für Frankreich und Italien
1901 Eröffnung eines Lichtspielhauses und Beginn der Produktion von Lehr- und Expeditionsfilmen, Firma Raleigh&Robert, The Continental Warwick Tradition Co. Ltd.
ca. 1910 Übersiedlung nach Freiburg und Mitarbeit bei B. Gotthart, Express Films Co.
1913 Kriegsberichterstatter im 2. Balkankrieg
1914-1918 Soldat für Filmaufnahmen, West-/Ostfront, auch Luftbilder
1915 Geschäftsführer der Express Films Co.
1919 Übersiedlung nach Berlin
1921 Mit Gotthart Freiburger Passionsspiele; Film: Der Galiläer
1924 Eintrag im Handelsregister Freiburg: Verlegung der Express Films Co. nach Berlin
um 1930 Übersiedlung nach Paris
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: (Berlin) Lo, geb. Borck
Eltern: Vater: Robert (1846-1909), Landwirt, Kaufmann, Bankvorstand
Mutter: Wilhelmine, geb. Wagner (1841-1964)
Geschwister: eine Schwester (1873-1964)
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012770621

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 5 (2005), 257-259

„Herr Schwobthaler und ich stellten vor dem Krieg während zwölf Jahren nur belehrende Filme her, welche in allen Kulturstaaten der Erde ihren Absatz fanden. Herr Schwobthaler hatte seine Fabrik in Paris, und ich war Leiter der Express Films Co. hier [in Freiburg], welche wiederum an die Pariser Firma ihre Erzeugnisse lieferte.“ So resümierte B. Gotthart 1921 das gemeinsame Engagement im Filmgeschäft und dachte dabei vor allem an die Dokumentarfilme für die aktuelle Berichterstattung „Der Tag im Film“ ab 1910. Schwobthaler verbreitete von Paris aus die Filme, die das Freiburger Team produziert hatte und kooperierte seinerseits mit einer Firma in England, die den dortigen Markt belieferte. An einer der spektakulärsten Produktionen hatte Schwobthaler nicht nur unternehmerischen, sondern auch praktischen Anteil: 1913 drehte er, assistiert vom jungen Freiburger Kameramann Sepp Allgeier, einen aktuellen Filmbericht über die Kampfhandlungen gegen Bulgarien an den Kriegsschauplätzen des 2. Balkankriegs. Sein Auftraggeber war König Konstantin von Griechenland, der mit einer preußischen Prinzessin verheiratet war. Schwobthaler fand damals die Zeit, seinen Verwandten in Endingen eine bunte Postkarte aus Thessaloniki zu schicken, das bis 1912 türkisch war.
Schwobthaler, der einzige Sohn eines wohlhabenden alteingesessenen Endinger Bürgers, beherrschte mehrere Fremdsprachen, die er sich aus eigener Initiative angeeignet hatte. Der Vater betrieb trotz ansehnlichen Grundbesitzes ein Kolonialwarengeschäft, wo er auch Winzerbedarf anbot. Außerdem hatte er einen Bankverein gegründet und geleitet, aus dem später die örtliche Volksbank hervorging. Diese nebenamtliche Tätigkeit wird verschiedentlich irreführend mit „Bankdirektor“ wiedergegeben. Schwobthaler war eine kraftvolle sportliche Erscheinung, beherrschte elegante Umgangsformen und verkörperte Weltläufigkeit. Letzteres werteten Zeitgenossen als Indiz für jüdische Abstammung; der Vorname Isidor tat ein Übriges. Mit dieser Reaktion war Schwobthaler nicht etwa im Dritten Reich konfrontiert, sondern in Frankreich Ende der 19. Jahrhunderts, wo sich eben die Dreyfus-Affäre zugetragen hatte. Um Ressentiments aus dem Weg zu gehen, ließ er sich von seinen Angestellten als „Monsieur Robert“ anreden, und auch im Firmennamen vermied er seinen vollen Namen: „Raleigh&Robert“ hieß das Unternehmen, das Filme produzierte, präsentierte und vertrieb. Sein englischer Kompagnon hatte schon vor 1900 praktische Erfahrungen im Umgang mit Kameras gesammelt. Ein Gruppenbild von 1906 mit der 14köpfigen Belegschaft vor dem Firmenemblem zeigt Schwobthaler als weißhaarigen älteren Herrn. Ab 1910 hielt sich Schwobthaler oft, möglicherweise sogar ständig in Freiburg auf, um hier aktiv an der Filmproduktion seines Freundes B. Gotthart teilzunehmen. Vermutlich investierte er schon damals in die Expreß-Filmgesellschaft, die 1915 im Handelsregister auf seinen Namen umgetragen wurde. Im Freiburger Adressbuch von 1916 erscheint er als deren Direktor. Er wohnte als Junggeselle mit seiner verwitweten Mutter am Karlsplatz.
Im I. Weltkrieg spielte Schwobthaler im Lichtbildwesen eine beachtliche Rolle. Den raschen Einstieg auf hoher Ebene verdankte er der persönlichen Bekanntschaft mit General Gaede und natürlich seiner Erfahrung als Kriegsberichterstatter von 1913. Als Schwerpunkte seiner Einsätze im Krieg werden die Vogesen und die Stellungen bei Verdun genannt. Bei Luftaufnahmen soll er gefährliche Situationen erlebt haben. Nach dem Krieg zog er nach Berlin, wo er die Express Films Co. weiterführte. 1921 ist dort als Firmensitz die Friedrichstraße belegt. Die offizielle Ummeldung der Firma erfolgte erst 1924. Ein Briefkopf von 1931 lautet auf „R. Schwobthaler, Cinedition, Gneisenaustraße 99, Berlin“. In den 1920er Jahren heiratete er Lo Borck, die nach der Erinnerung der Familie in Endingen Schauspielerin war. Auch hier ergibt sich demnach eine Parallele zur Biographie seines Freundes Gotthart, der um die gleiche Zeit eine Sängerin heiratete. Eine andere Gemeinsamkeit der Jugendjahre war die Vorliebe für das Hochradfahren.
Um 1930 zog Schwobthaler erneut nach Paris, wo er vier Jahre danach an einem Schlaganfall starb. Er wurde in Endingen im Grab seiner Eltern unter großer Anteilnahme der Bürgerschaft beigesetzt; denn trotz der lebenslangen Abwesenheit hatte er stets zu seiner Vaterstadt Kontakt gehalten.
Quellen: StadtA Freiburg: D. StA. VIII, 104 u. 114; C 4/X/20/6. Handelsregister beim Amtsgericht Freiburg; Teilnachlass (ein Stammbaum, Postkarten (1905-1919) u. ein Foto der Belegschaft von Raleigh&Robert v. 1906) im Besitz von Franz-Josef Neymeyer, Großneffe v. Schwobthaler, Endingen; Freiburger Adressbücher 1916-1918.
Werke: (Auswahl) Filme „Die Bürgschaft v. Schiller“, Raleigh&Robert, 1909; „Der Galiläer“, Passionsfilm, Express Films Co, 1921.
Nachweis: Bildnachweise: Im Nachlass bei Neymeyer, Endingen, u. bei Hosemann (vgl. Quellen u. Lit.).

Literatur: I. Schwobthalers Lebensweg. In: Kaiserstühler Nachrichten Nr. 150 vom 15. 12. 1934; Sepp Allgeier, Die Jagd nach dem Bild. 1931; Heinrich Fraenkel, Unsterblicher Film, 1956; Klaus W. Hosemann, Seinerzeit bahnbrechend – heute vergessen. Filmschaffen in Freiburg, in: Freiburger Almanach 1991.
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