Meyer, Theodor Josef 

Geburtsdatum/-ort: 19.03.1871;  Busenbach
Sterbedatum/-ort: 08.11.1945;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher und Journalist
Kurzbiografie: 1877–1882 Volksschule in Busenbach
1883–1885 Großherzogl. Bürgerschule in Ettlingen
1885–1891 Knabenkonvikt in Freiburg
1891–1894 Theologiestudium in Würzburg bis 1893, dann in Freiburg
1895 VII. 4 Ordination zum Priester
1896–1901 Vikar in Hüfingen, Redakteur beim „Donauboten“ in Donaueschingen
1901–1933 Chefredakteur des „Badischen Beobachter“; zugleich Mitglied im erweiterten Parteivorstand d. Bad. Zentrumspartei Mitbegründer des Karlsruher Windthorstbundes
1920 Ernennung zum Geistlichen Rat ad honorem
1927 Dr. h. c. d. Theolog. Fakultät d. Univ. Freiburg
1933 Entlassung als Chefredakteur des Bad. Beobachters auf Veranlassung d. Nationalsozialisten
1945 Goldenes Priesterjubiläum
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: unverheiratet
Eltern: Vater: Karl, Volksschullehrer
Mutter: Regine geb. Wieser
Geschwister: 7
Kinder: keine
GND-ID: GND/1018906231

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 274-276

Meyer entstammte einer kath. Lehrerfamilie und besuchte nacheinander die Volksschule im heimatlichen Busenbach, die großherzogl. Bürgerschule in Ettlingen und schließlich in den Jahren 1885 bis 1891 das erzbischöfliche Knabenkonvikt in Freiburg. Nach dem anschließenden Theologiestudium in Würzburg und Freiburg betätigte sich Meyer bereits während seiner Hüfinger Vikariatszeit erfolgreich als Redakteur des „Donauboten“. Hierdurch wurde Theodor Wacker (➝ II 294) auf ihn aufmerksam, weshalb Meyer auf ausdrücklichen Wunsch des Vorsitzenden der Bad. Zentrumspartei seit dem 12. Februar 1901 das Amt des Chefredakteurs des „Bad. Beobachters“, Hauptorgan der Bad. Zentrumspartei, übernahm.
Der Bad. Beobachter war 1859 von bekenntnistreuen Katholiken erworben worden und erschien seit den 1870er Jahren im Verlag Badenia AG in Karlsruhe. Aktionäre waren ausschließlich Mitglieder der Zentrumspartei und an der Spitze des Aufsichtsrates standen über mehrere Jahrzehnte die Vorsitzenden der Partei, erst Franz Xaver Lender (➝ II 187), dann Theodor Wacker (➝ II 294). Dabei konnten die Aktionäre kaum mit Gewinnen rechnen, da mit der Herausgabe dieser Zeitung hohe Kosten für technische Investitionen beim Druck sowie für Personal, Werbung und Papier verbunden waren. Beim Amtsantritt Meyers stagnierte die Auflage bei 7500 Exemplaren. Dem neuen Chefredakteur gelang es aber, durch die Hereinnahme von Beilagen, u. a. zu Themen wie Heimatliteratur, Frau und Familie, auch zum Rundfunk, die Zeitung attraktiver zu gestalten und die Auflage auf 10 000 zu steigern. Gleichwohl blieb das Blatt unrentabel und war auf Zuschüsse des Badenia-Verlages angewiesen, die dieser durch die Herausgabe von Unterhaltungsblättern und seit 1916 des Konradsblattes erwirtschaftete.
Neben der Tätigkeit für den „Bad. Beobachter“ gehörte Meyer im Jahr 1902 zu den Gründern des Windthorstbundes in Karlsruhe. Auf Versammlungen hielt er regelmäßig das politische Referat und organisierte Rhetorikkurse für die überwiegend aus der kleinen und mittleren Beamtenschaft stammenden Mitglieder dieser kath. Vereinigung. Zu den Schülern Meyers gehörte u. a. der spätere bad. Staatspräsident und Reichsfinanzminister Heinrich Köhler (➝ IV 163), der noch in seinen Lebenserinnerungen von Meyer das Bild eines bescheidenen und umfassend gebildeten Priesterjournalisten und unvergessenen Lehrmeisters zeichnet. Erst in dessen Schule, so Köhler resümierend, habe er so richtig Artikel schreiben gelernt.
Schließlich war Meyer auch noch Mitglied im Landesvorstand der Zentrumspartei, wo er überaus eng mit Theodor Wacker und Josef Schofer (➝ III 244) zusammenarbeitete, die beide regelmäßig das von Meyer geleitete Blatt für grundlegende Stellungnahmen zu den wichtigsten politischen Tagesfragen nutzten. Dieser Umstand wie die Tatsache des Erscheinungsorts in der bad. Residenz festigte die Stellung des Blattes als Hauptorgan des bad. politischen Katholizismus.
Gerade aber in der Endphase der Weimarer Republik wurde die auch von Meyer verfochtene überaus enge Verbindung zwischen kath. Presse und Zentrumspartei zunehmend in Frage gestellt. Durch die enge Zusammenarbeit wurde die kath. Presse in die Krisen der Zentrumspartei nicht selten mit hineingezogen, etwa nach der schweren Wahlniederlage bei den Reichstagswahlen 1928, gleichzeitig blühte die politisch „farblose“ sog. „Generalanzeigerpresse“ wirtschaftlich auf. Daher vertrat der Zeitungswissenschaftler Emil Dovifat, zugleich Gründer und erster Direktor des „Deutschen Instituts für Publizistik“ in Berlin, 1929 die Ansicht, dass sich die kath. Presse in stärkerem Maße von der Zentrumspartei lösen solle; auch kath. Organe sollten zu einer selbstständigen, kritischen und unabhängigen Stellung gegenüber der Zentrumspartei und ihren zentralen öffentlichen Instanzen und Persönlichkeiten gelangen.
Meyer vertrat die diametral entgegengesetzte Position und plädierte für einen weltanschaulich wertenden Journalismus. Für ihn blieb stets die „kath. Einstellung“ der unverrückbare Maßstab, die sich „in der tiefen Durchdrungenheit von der kath. Wahrheit und im entsprechenden Handeln“ (Bad. Beobachter, 15. 3. 1931) zeige. Aus diesem Grund könnten auch nur überzeugte Katholiken bei der kath. Presse als Redakteure tätig sein. Zu der charakteristischen Verbundenheit mit der Zentrumspartei schrieb Meyer treffend, dass diese die „logische Konsequenz des kath. deutschen Denkens im Politischen“ (ebd.) darstelle. „Darum ist die kath. deutsche Tagespresse zugleich Zentrumspresse und vertritt in sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen die Politik der Zentrumspartei.“ (ebd.) Entsprechend engagiert unterstützte Meyer auf dem publizistischen Felde die oft unpopuläre Politik von Reichskanzler Brüning, während er gleichzeitig vor der Gefahr der Radikalisierung von rechts und links warnte. Der Meldung „Hitler zum Reichskanzler ernannt“ ließ Meyer noch am 31. Januar 1933 einen Kommentar unter dem Titel „Der Sprung ins Dunkle“ folgen, in dem er ernste Bedenken gegen die neue Regierung anmeldete.
Auch während des Märzwahlkampfes prangerte der „Bad. Beobachter“ immer wieder in klaren Worten die Repressionsmaßnahmen der NSDAP-DNVP-Regierung gegenüber der Zentrumspartei, ja den demokratischen Parteien überhaupt an: Aus den Zeitungs- und Versammlungsverboten, sowie der Entlassung verdienter kath. Beamter durch die neuen Machthaber könne man nur folgern, dass es um den Einfluss des kath. Volkes im öffentlichen Leben und um die Existenz der kath. Parteien gehe. Meyer sah Deutschland bereits damals „auf dem Wege […] zu einem unfreien Land“. „Recht und Verfassung müssen geschützt werden, weil sie die Lebensgrundlagen des deutschen Volkes sind“ (Bad. Beobachter, 3. 3. 1933), so lautete der Schlussappell des „Bad. Beobachters“ vor den Wahlen von 1933.
Bereits im Februar 1933 wurde der „Bad. Beobachter“ mit einem dreitägigen Verbot belegt, nachdem Meyer den Missbrauch des Rundfunks durch Hitler als Reichskanzler für rein parteipolitische Demagogie kritisiert hatte. Im März kam es schließlich zu einer gewaltsamen Demonstration von Hitleranhängern vor dem Verlagsgebäude der „Badenia“, wobei es Meyer und dem Badenia-Verlagsdirektor Vollmar jedoch gelang, die Demonstranten daran zu hindern, in das Verlagsgebäude einzudringen und die Druckereieinrichtung zu zerstören. In der sich danach schrittweise vollziehenden Gleichschaltung der Presse wurde der Druck auf den Badenia-Verlag, Meyer als Hauptschriftleiter zu entlassen, zunehmend größer. Er schied schließlich am 31. September 1933 aus der Redaktion aus; sein Abschiedswort kennzeichnet noch einmal das Wesen Meyers: „Niemals habe ich […] in der Zeitung Unwahres behauptet oder wissentlich an Unwahrem festgehalten, vielmehr war mir immer Feigheit gegenüber der Wahrheit so verächtlich wie es die Feigheit überhaupt verdient.“ (75 Jahre Badenia, S. 27)
Nach dem erzwungenen Ausscheiden Meyers aus der Redaktion erschien der Bad. Beobachter noch knapp zwei Jahre lang als kath. Tageszeitung, bis er Ende 1935 auf Grund der „Anordnung des Präsidenten der Reichspressekammer zur Wahrung der Unabhängigkeit des Zeitungsverlagswesens“, die das weitere Erscheinen konfessionell geprägter Zeitungen untersagte, eingestellt werden musste.
Meyer selbst widmete sich in der Zeit der NS-Diktatur der Seelsorge im Karlsruher St.-Vinzentius-Haus und konnte noch wenige Wochen vor seinem Tod sein goldenes Priesterjubiläum feiern. Aus diesem Anlass würdigte die Kirchenbehörde nochmals seine Verdienste um die öffentliche Verteidigung der kath. Interessen und seine „treukirchliche Gesinnung“.
Quellen: EAF, Personalakte Theodor Meyer; „Bad. Beobachter“ 1901–1933.
Werke: Rückblick Bad. Beobachter u. A. G. Badenia, in: Illustrierter bad. Beobachter, Sonderausg. d. Badenia A. G. vom 2.4.1927, 4–6; Die kath. Presse in d. Erzdiözese Freiburg, in: Wilhelm Burger (Hg.), Das Erzbistum Freiburg in Vergangenheit u. Gegenwart, 1927, 230–237; Die Aufgabe d. kath. Presse, in: Bad. Beobachter vom 15.3.1931.
Nachweis: Bildnachweise: 75 Jahre Badenia, 1949, 21 (vgl. Literatur).

Literatur: Emil Dovifat, Aus d. Vergangenheit – für die Zukunft, in: Karl Anton Schulte (Hg.), Nationale Arbeit; 1929, 480–484. Hermann Ginter, Theodor Josef Meyer, in: FDA 70, 1950, 246 f.; 75 Jahre Badenia, 1949; Heinrich Köhler, Lebenserinnerungen 1878–1949, hg. v. Josef Becker, 1964, 35–38; Ernst Otto Bräunche, „Ein gewiss zeitgemäßes Unternehmen.“ 125 Jahre Badenia Verlag, 1999.
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