Baedeker, Karl Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 21.08.1910; Jena
Sterbedatum/-ort: 05.06.1979;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Verleger, Herausgeber und Autor
Kurzbiografie: 1919/20 Umzug von Jena nach Freiburg i. Br.
1929 Abitur am Friedrich-Gymnasium in Freiburg
1929-1931 Buchhandelslehre in München. Intensive Beschäftigung mit Robert Musils Werken
1931/32 Aufenthalt in London
1932-1936 Studium der Philosophie, Kunstgeschichte, neueren Literaturwissenschaft und Geographie an den Universitäten München und Heidelberg; bei Karl Jaspers begonnene Dissertation wegen dessen Enthebung abgebrochen
1934-1937 Briefliche Verbindung mit Musil; Begegnung mit dem Schriftsteller 1935 in Basel
1936 Eintritt in den Karl-Baedeker-Verlag, Leipzig. Ausbildung zum Redakteur
1939-1945 Wehrdienst im Zweiten Weltkrieg, zuletzt Hauptmann der Luftwaffe
1945-1948 Wiederaufbau des Verlages in Malente-Gremsmühlen, Schleswig-Holstein, und Hamburg. Einrichtung eines „Ernst Jünger-Archivs“
1956 Übersiedlung nach Freiburg. Verlagsanschrift: Rosastraße 7
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1937 Leipzig, Eva, geb. Bessau (1913-1984)
Eltern: Vater: Karl Wilhelm Baedeker (1877-1914), Privatdozent der Physik in Jena
Mutter: Käthe Johanna Mathilde, geb. Fielitz (1888-1973)
Geschwister: Charlotte (1908-1976)
Kinder: Corinna (geb. 1939)
Florian (1943-1980)
GND-ID: GND/116035579

Biografie: Horst Mühleisen (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 4-5

Nach Schul- und Studienjahren, in denen Baedeker auch sportliche Leistungen erbracht hatte (1929 Besteigung des Matterhorns und Ski-Wettkämpfe), trat er 1936 in den Verlag ein, den sein Onkel Hans Baedeker (1874-1959) in Leipzig leitete. Baedekers Urgroßvater Karl (1801-1859) hatte 1827 das Unternehmen in Koblenz gegründet, das 1872 dessen Sohn Fritz (1844-1925) nach Sachsen verlegt hatte. Baedeker arbeitete an den Neuauflagen der Reisehandbücher „Großbritannien“ und „Schweiz“ mit. Außerdem regte er an, einen Autoführer für das Deutsche Reich herauszugeben, der 1938 erschien. Vorausschauend hatte Baedeker erkannt, daß das Auto die Reisegewohnheit verändert. Die Länder, über die er schrieb, erkundete er persönlich mit dem Motorrad oder Auto; so 1937 Jugoslawien, im folgenden Jahr Kroatien und Slowenien. 1939 plante er eine Reise nach Mazedonien, die aber der Ausbruch des Krieges verhinderte.
Im Zweiten Weltkrieg war Baedeker zuletzt Hauptmann der Luftwaffe. 1943 forderte ihn die Amtsgruppe für Wehrmachtpropaganda auf, „Das Generalgouvernement“ herauszugeben, ein Handbuch über jenen Teil Polens, der seit Oktober 1939 unter deutscher Verwaltung stand. Auch sollte er die Einleitung schreiben. Aber Baedeker lehnte ab. Im selben Jahr, am 3. Dezember, wurden das Verlagshaus in Leipzig, das Archiv und die kartographische Abteilung zerstört.
Schwierig und mühsam gestaltete sich der Neubeginn nach 1945. Baedekers Onkel Hans blieb in der Ostzone und veröffentlichte 1948 einen Reiseführer über Leipzig, der erste Versuch, die Veränderungen einer zerstörten Stadt in einem Handbuch darzustellen. Diese Edition war sein letztes Werk.
Baedeker lebte mit seiner Familie in Malente-Gremsmühlen im Hause seines Schwiegervaters Dr. Willy Bessau. Mit dem Willen, die Tradition des Verlages fortzuführen, baute er das Unternehmen wieder auf. Er, der jetzt in der vierten Generation Verleger geworden war, hielt daran fest, daß sich zwar Könige und Regierungen irren, aber Baedeker nie („Kings and governments may err / But never Mr. Baedeker.“). So hatte es einst in einem angelsächsischen Musical geheißen. Baedeker schrieb ein Reisehandbuch über Schleswig-Holstein, das 1949 erschien. Er hatte seine Kenntnisse erwandert. In rascher Folge veröffentlichte Baedeker Städteführer: Hamburg, Frankfurt am Main und München. In diesen Jahren gründete er das „Ernst Jünger-Archiv“, um die weltweite Wirkung dieses Autors dokumentarisch zu erfassen. Seit 1972 befinden sich diese Materialien im Deutschen Literaturarchiv Marbach am Neckar.
Baedeker kannte nicht nur Jünger, sondern auch Robert Musil, und mit Rudolf Kassner, dem Kulturphilosophen und Essayisten, wechselte er Briefe und nahm an der Herausgabe von dessen Schriften Anteil. Und Jahre zuvor hatte Baedeker Musils Werke gelesen. Er war fasziniert. Lange währte die briefliche Verbindung. 1935 lernten sie sich persönlich kennen. Immer blieb „Der Mann ohne Eigenschaften“ für Baedeker „das Buch der Bücher“, wie er rückblickend schrieb.
1956 übersiedelte der Verlag von Malente nach Freiburg. Sechs Redakteure und sieben freie Mitarbeiter erarbeiteten bis 1977 über 100 Reiseführer, 14 Länderbände, 11 regionale Handbücher und 62 Stadtführer. Eng war Baedekers Zusammenarbeit mit Mairs Geographischem Verlag in Stuttgart.
Quellen: Mitteilungen der Tochter, Frau Corinna Schmidt-Thomé, Freiburg-Kappel Oktober/November 1989
Werke: Robert Musil und ein junger Mann seiner Zeit, in: Robert Musil. Studien zu seinem Werk. Im Auftrage der Vereinigung Robert-Musil-Archiv Klagenfurt hg. von Karl Dinklage zusammen mit Elisabeth Albertsen und Karl Corino. Reinbek bei Hamburg 1970, 330-344 (mit Abdruck von 13 Briefen Musils an Baedeker von Juni 1934 bis Januar 1937); „Objektiv und Subjektiv oder: Freiburg wie es nicht im Baedeker steht“, in: Freiburger Almanach 23, 1972, 91-96
Nachweis: Bildnachweise: Zeichnung, in: Herbert Warren Wind, 42<br />Fotos in Familienbesitz

Literatur: Gerhard Nebel, Ernst Jünger. Abenteuer des Geistes. Wuppertal 1949, 379; Karl O. Paetel, Ernst Jünger. Weg und Wirkung. Eine Einführung. Stuttgart 1949, 212; Hans Lülfing, in: NDB 1, 1955, 515-517; Hans-Peter Schwarz, Der konservative Anarchist. Politik und Zeitkritik Ernst Jüngers. Freiburg i. Br. 1962; Herbert Warren Wind, Profiles. The House of Baedeker, in: The New Yorker, 22. September 1975, 42-93, bes. 78-93; Friedrich A. Wagner, Welterfahrung im Handbuch. Zum Tode Karl Baedekers, in: FAZ, Nr. 135, 13.06.1979, 27; Hans Peter des Coudres/Horst Mühleisen, Bibliographie der Werke Ernst Jüngers. Stuttgart 1985; Alex W. Hinrichsen, Baedeker-Katalog. Verzeichnis aller Baedeker-Reiseführer von 1832-1987 mit einem Abriß der Verlagsgeschichte ... Holzminden 1988
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