Graf von Zeppelin, Ferdinand Adolf August Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 08.07.1838;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 08.03.1917; Charlottenburg
Beruf/Funktion:
  • Luftschiffbauer
Kurzbiografie: 1855 Kadett in der Kriegsschule Ludwigsburg,
1858 Leutnant der Kavallerie
1858/1859 Beurlaubt zum Studium an der Universität Tübingen: Staatswissenschaft, Maschinenbau, Chemie
1859-1863 Offizier im Ingenieur-Korps der Württembergischen Armee
1863/1864 Aufenthalt in Amerika, beurlaubt als Beobachter des Sezessionskrieges
1866 Teilnahme am Krieg gegen Preußen als württembergischen Ordonanzoffizier
1870/1871 Teilnahme am Krieg Preußen-Deutschland gegen Frankreich; Auszeichnung in den ersten Kriegstagen als Generalstabsoffizier der Württembergischen Reiterbrigade
1873 Major
1882 Kommandeur des württembergischen 19. Ulanen-Regiments in Stuttgart
1884 Oberst
1885-1887 Württembergischer Militärbevollmächtigter in Berlin
1887-1890 Württembergischer Gesandter in Berlin und Bevollmächtigter des Königreichs Württemberg beim Bundesrat
1888 Generalmajor und General à la suite
1890 Kommandeur der preußischen 30. Kavallerie-Brigade in Saarburg
1891 Vorzeitig verabschiedet vom Militärdienst als Generalleutnant zur Disposition
1895 Patentmeldung für ein „lenkbares Luftfahrzug“; Vorlage des ersten Entwurfs eines Luftschiffs für Kaiser Wilhelm II.
1900 Aufstieg des ersten Luftschiffs (LZ 1)
1906 Aufstieg des zweiten Luftschiffs (LZ 2) und dritten Luftschiffs (LZ 3)
1908 Aufstieg des vierten Luftschiffs (LZ 4), nach Notlandung in Echterdingen bei Stuttgart durch Sturm vernichtet
1908 Gründung der Firma Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen und der Zeppelinstiftung zur Verwaltung des nationalen Luftschiff-Fonds
1908-1938 Bau von 119 Luftschiffen durch die Luftschiffbau Zeppelin GmbH
1913 Gründung der Zeppelin-Wohlfahrt GmbH, Friedrichshafen
1915 Zeppelin-Angriff auf die englische Küste und Paris
1916 Graf Zeppelin Mitglied der 1. Kammer des württembergischen Landtages
1938 Erste Fahrt des letzten gebauten Luftschiffs LZ 130 „Graf Zeppelin“
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1869 Isabella Freiin von Wolff (1846-1922)
Eltern: Vater: Friedrich Jérome Wilhelm Karl Graf von Zeppelin (1807-1886)
Mutter: Amelie Macaire d'Hoguer (1816-1852)
Geschwister: Eugenie
Eberhard (1842-1906)
Kinder: Helene (Hella) (geb. 1879), verheiratet mit Graf von Brandenstein-Zeppelin (1881-1949)
GND-ID: GND/118636545

Biografie: Willi A. Boelcke (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 334-337

Ferdinand Graf von Zeppelin auf Girsburg (Kanton Thurgau/Schweiz), Mitherr auf Hengstfeld (Jagstkreis/Württemberg), der Erbauer des lenkbaren Starrluftschiffs, war zu Anfang des 20 Jahrhunderts der volkstümlichste Mann in Deutschland.
Die Städte Friedrichshafen, Konstanz, Worms, München, Lindau, Baden-Baden und Ulm verliehen ihm die Würde des Ehrenbürgers, Fakultäten der Universitäten Tübingen und Leipzig den Dr. h. c. und die Technische Hochschule Dresden den Dr. Ing. e. h. Graf Zeppelin (württembergischer Grafenstand von 1806), Nachkomme eines alten, im südlichen Mecklenburg begüterten Adelsgeschlechts (Zeppelin) und einer Genfer Refugiéfamilie, wurde im säkularisierten Dominikaner-Kloster in Konstanz (das heutige Inselhotel) geboren. David Macaire, sein Großvater, Industrieller und ein um die Entwicklung des Bodenseegebiets verdienstvoller Mann, betrieb dort eine Kattunfabrik. Er überschrieb auch dem Schwiegersohn, dem einstigen fürstlich-hohenzollernschen Hofmarschall Friedrich Graf von Zeppelin, das Schloß Girsburg. Auf dem elterlichen Landgut verbrachte Graf Zeppelin seine Kindheit. Den Elementarunterricht und die Anfänge der Gymnasialbildung erhielt er von Hauslehrern. Zwei Jahre vor seinem Eintritt als Kadett in die Kriegsschule in Ludwigsburg, die er mit braven Durchschnittsnoten absolvierte, hatte er in Cannstatt die Realschule besucht. Als junger württembergischer Leutnant war er ein Jahr zum Studium an der Universität Tübingen beurlaubt. Er war stolz, Offizier zu sein, versuchte sich aber immer wieder der Monotonie des Dienstalltags zu entziehen, wobei ihm seine ausgezeichneten familiären Beziehungen mehrfach dienlich waren. Für das Abenteuer einer Teilnahme am nordamerikanischen Sezessionskrieg als Erfahrungen sammelnder Schlachtenbummler erhielt er 1863/64 Urlaub, erlebte ihn auf Seiten der Nordstaaten, nahm zudem in Kanada an einem Fesselballonaufstieg teil und gewann so den ersten Eindruck von der militärischen Verwendbarkeit der Luftschifffahrt. Schon bald nach seiner Heirat mit der baltischen Baronesse Isabella von Wolff im Jahre 1869 hatte Graf Zeppelin im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 Gelegenheit, durch einen verwegenen Patrouillenritt zu erstem Kriegsruhm zu gelangen.
Den entscheidenden Anstoß für sein künftiges Denken und Streben aber erhielt Graf Zeppelin durch einen prophetischen Vortrag des Generalpostmeister Heinrich von Stephan aus dem Jahre 1873 zum Thema „Weltpost und Luftschiffahrt“. Darin sagte Stephan Grundzüge der künftigen Verkehrsentwicklung auf dem Gebiet der Luftschiffahrt mittels lenkbarer, von Maschinen getriebener Ballone voraus. Seit dieser Zeit arbeitete Zeppelin ungeachtet seiner raschen und erfolgreichen Karriere an Konzepten und Entwürfen für ein lenkbares, starres Luftschiff. Von den zahlreichen skeptischen Stimmen, die die Luftschiffahrt als Hirngespinst, als Windbeutelei, abtaten, ließ er sich nicht beirren. Als französische Luftschiffer mit Lenkschiffen, die von einem Siemens-Elektromotor angetrieben wurden, bereits erste Teilerfolge erzielten, erklärte der oberste Technik-Sachverständige in Baden, Prof. Meidinger, Direktor der Landesgewerbehalle in Karlsruhe, kategorisch: „Luftschiffahrt in dem Sinne, wie sie gewöhnlich aufgefaßt wird, als ein Verkehrsmittel, welches entfernte Orte durch die freie Luft miteinander in Verbindung bringt, ist unserer festen Überzeugung nach ein dauernd unlösbares Problem“.
Unter Hinweis auf die französischen Aktivitäten und überzeugt von der „Notwendigkeit der Lenkballone“ verfaßte Zeppelin 1887, seit einigen Jahren Oberst und Württembergischer Militärbevollmächtigter in Berlin, eine erste geheime Denkschrift zum Problem der Luftschiffahrt und sandte sie an König Karl von Württemberg. Die Schwachstellen der bisherigen Luftschiffe wurden von ihm richtig herausgearbeitet. Als er nach kurzer Tätigkeit im diplomatischen Dienst als württembergischer Gesandter in Berlin und als Brigade-Kommandeur infolge von Meinungsverschiedenheiten mit der vorgesetzten Militärbehörde die Mitteilung erhielt, daß an seine weitere Beförderung nicht zu denken sei, ließ er sich im Jahre 1891, nunmehr im Alter von 52 Jahren, als Generalleutnant aus dem aktiven Militärdienst entlassen, um sich – obwohl kein Ingenieur – ausschließlich seiner Lieblingsbeschäftigung, der Entwicklung von Luftschiffen zu widmen. Zeppelin engagierte den jungen Zivil-Ingenieur Theodor Kober für seine Arbeiten und Konstruktionspläne und ließ nach Zurückziehung einer ersten Patentmeldung von 1891 im Jahre 1895 eine zweite überarbeitete und ergänzte Patentschrift unter der Bezeichnung „Lenkbarer Luftfahrzug mit mehreren hintereinander angeordneten Tragkörpern“ beim Reichspatentamt einreichen. Die Idee des länglichen Ballons übernahm er, machte ihn aber starr und schaltete mehrere Ballons hintereinander. Im Jahre 1898 erfolgte die Patenterteilung. Inzwischen war auch den Bemühungen des Grafen Zeppelin um die Finanzierung des Luftschiffbaus, trotz der ablehnenden Haltung militärischer Stellen, Erfolg beschieden. Er fand die Unterstützung des Vereins Deutscher Ingenieure. 1898 wurde die „Gesellschaft zur Förderung der Luftschiffahrt“ gegründet und in Stuttgart eingetragen. Das aufgebrachte Kapital von 800.000 Mark wurde zur Hälfte vom Grafen Zeppelin eingezahlt. In einer eigens dafür errichteten schwimmenden Luftschiffhalle wurde auf dem Bodensee bei Manzell das erste, mit Aluminium verstrebte und Wasserstoffgas gefüllte Starrluftschiff erbaut. Drei Probefahrten mit LZ 1 im Jahre 1890, die allerdings nach einiger Zeit abgebrochen werden mußten, bewiesen die Richtigkeit der zeppelinschen Ideen, überzeugten aber nicht die weiteren Finanzspritzen verweigernden Aktionäre der Fördergesellschaft. Die Fördergesellschaft wurde liquidiert, das Schiff mußte abgewrackt werden.
In Vortragsreisen warb der Graf jahrelang um neue Geldgeber und versprach ein großes „Nutzgeschäft“. Vor der Deutschen Kolonialgesellschaft erklärte er Anfang 1901: „Flugschiffe, wie wir sie jetzt im Auge haben, sollen aber mindestens mehrtägige Reisen ausführen können“. Es waren für den Grafen Zeppelin Jahre der Enttäuschung. Mit Hilfe der Einnahmen aus einer vom König von Württemberg bewilligten Lotterie, einem vom Reichskanzler aus seinem Dispositionsfonds beigesteuerten Betrag und Eigenmitteln konnte Graf Zeppelin nach Jahren den Bau von LZ 2 und LZ 3 in Angriff nehmen. Erst mit LZ 3, das im Herbst 1906 mehrere erfolgreiche Fahrten unternahm, fand Graf Zeppelin volle öffentliche Anerkennung. Der Deutsche Reichstag bewilligte 2,15 Millionen Mark für den Bau von LZ 4 unter der Bedingung, daß dieses „innerhalb einer ununterbrochenen 24-stündigen Fahrt eine Weglänge von mindestens 700 km zurücklegt, einen vorher bestimmten Punkt erreicht und an den Ausgangspunkt der Fahrt zurückkehrt“. Nach vorangegangener großer Schweizer Fahrt brach LZ 4 im August 1908 unter Führung von Graf Zeppelin zur 24-Stunden-Fahrt auf, die in der Zeppelin-Katastrophe von Echterdingen abrupt endete. Eine Woge nationaler Anteilnahme verwandelte jedoch das Unglück in neues Glück. Binnen kurzer Zeit kam durch eine nationale Geldsammlung ein Spendenbetrag für den nationalen Luftschiff-Fond in Höhe von 6,25 Millionen Mark zusammen. Damals gab der alte Graf Zeppelin, inzwischen vielbejubelter Volksheld, den Realschülern von Konstanz den weisen Rat: „Nicht so sehr darauf kommt es an, daß der Einzelne sich hervorhebt, als darauf, daß wir alle uns auf ein höheres Niveau heben“.
Die Spendenmittel ermöglichten 1908 in Friedrichshafen die Gründung der Luftschiffbau GmbH mit einem Kapital von anfangs 3 Millionen Mark. Graf Zeppelin wurde zugleich zum Bauherrn einer Luftschiffindustrie. Dennoch stellte die Zeppelin-Unternehmensgruppe, zu der seit 1909 auch das erste Luftverkehrsunternehmen der Welt, die Deutsche Luftschiffahrt AG unter Hugo Eckener sowie die Luftfahrzeug-Motorenbau GmbH unter Karl Maybach gehörte, bis 1912 noch kein in seiner Rentabilität gesichertes Unternehmen dar. Dazu verhalfen erst Mitte 1913 größere militärische Auftragspolster. Gleichzeitig gab Graf Zeppelin die Planung eines Großluftschiffes in Auftrag, mit dem er 1916 als Sendbote des Friedens nach Amerika fliegen wollte. Luftschiffe hatten als Verkehrsmittel nach Meinung des Grafen Zeppelin eine Doppelfunktion. Sie sollten „ein weiteres Bindeglied zwischen den Völkern werden“ und „zur siegreichen Führung“ eines Krieges wesentlich beitragen. Die militärische Bedeutung der Luftschiffe wurde von ihm überschätzt. Auch seine persönliche Absage an die hohe Politik und den erneuten Eintritt in den diplomatischen Dienst verhinderten weder, das Zeppeline und die verbreitete deutsche Luftschiff-Euphorie bereits vor dem Ersten Weltkrieg zu einem belastenden Faktor der deutschen Außenpolitik wurden, noch hielten sie den Grafen davon zurück, im Verlaufe des Ersten Weltkriegs auf der Woge des alldeutschen Chauvinismus den uneingeschränkten Luftschiffkrieg zu fordern. Obwohl im Kriege die technische Leistungsfähigkeit der Luftschiffe beträchtlich gesteigert wurde, 87 Zeppeline im Kriege gebaut wurden, war ihr militärischer Wert sehr begrenzt und wegen ihres verlustreichen Einsatzes höchst problematisch. Das bleibende historische Verdienst des Grafen Zeppelin beschränkte sich aber nicht darin, allen Widerständen zum Trotz als Erbauer und „Bauherr“ die Verwirklichung des lenkbaren Starrluftschiffs in die Tat umgesetzt zu haben – was allerdings ohne die genialen Konstruktur aller Luftschiffe von LZ 2 bis LZ 130 und Zeppelins treuesten Gefolgsmann Ludwig Dürr (1878-1956) nicht erreichbar gewesen wäre. Die geniale Organisationsgabe des Grafen Zeppelin, dem es letztlich um die Verbesserung und Beschleunigung des Verkehrs durch Eroberung des Luftraums ging, gab vielen und vielem die Chance, großen Erfinderpersönlichkeiten, erfolgreichen Managern, der Entwicklung neuer Hochtechnologie und Friedrichshafen vor allem die der Industriealisierung, wobei die Zeppelin-Unternehmensgruppe (zeitweilig etwa 20 Tochtergesellschaften) die Funktion eines bis heute nachwirkenden Entwicklungsmotors ausübte. Der unerwartete Tod des Grafen Zeppelin an den Folgen einer Darmoperation am 8. März 1917 riß ihn aus seinen Planungen für eine zukünftige Verwendung seiner Luftschiffe als Weltverkehrsmittel.
Werke: Graf Zeppelin Ritt in Feindesland. Aus den Feldzugserinnerungen e. Reservisten. Wolfenbüttel 1904; Erinnerungen aus dem amerik. Kriegsjahr 1863, in: Cotta Zs., 1913; Erfahrungen beim Bau von Luftschiffen. Vortrag, geh, auf d. 49. Hauptversammlung d. Vereins dt. Ingenieure zu Dresden am 29.6.1908. Berlin 1908; Die Eroberung d. Luft. E. Vortrag, geh. im Saale der Sing-Akademie zu Berlin am 25.1.1908. Stuttgart 1908; Die Luftschiffahrt. Dem heutigen Stande d. Wissenschaft entsprechend dargestellt. U. a. von Graf Zeppelin 6. Aufl. Stuttgart 1911.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in fast allen Schriften über den Graf Zeppelin; Zeppelin-Museum Friedrichshafen; privates Zeppelin-Museum Meersburg.

Literatur: (Auswahl): Robert Moser, Auch ein schwäbisches Pfarrerleben. Teil 2 Heft 1 o. O. 1876; Ludwig Dürr, Fünfundzwanzig Jahre Zeppelin-Luftschiffbau. Berlin 1924; Ludwig Fischer (Schriftl.), Graf Zeppelin. Sein Leben – sein Werk. München 1929; Hans Rosenkranz, F. Graf v. Zeppelin Die Gesch. e. abenteuerlichen Lebens. Berlin 1931; Alfred Colsman, Luftschiff voraus. Arbeit u. Erleben am Werke Zeppelins Stuttgart, Berlin 1933; Leonhardt Adelt, Graf Zeppelin in: Die großen Dt. NDB IV. Bd. Berlin 1936; Hugo Eckener, Graf Zeppelin. Stuttgart 1938; Hans von Schiller, Zeppelin. Weggbereiter des Weltluftberkehrs. Bad Godesberg 1966; Rolf Italiaander, F. Graf von Zeppelin. Konstanz 1980; Zeppelin. Ein bedeutendes Kapitel aus der Geschichte der Luftfahrt. Hgg. Von der Zeppelin-Metallwerke GmbH Friedrichshafen. Friedrichshafen 51983; Willi A. Boelcke, Friedrichshafens industrieller Aufstieg, in: ZWLG 47. Jg. 1988. – Weitere Literaturangaben in LbBW Bd. 2-4, 6-10.
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