Cramer, Max Ernst Friedrich Heinrich 

Geburtsdatum/-ort: 21.02.1859;  Stockach
Sterbedatum/-ort: 14.01.1933;  Heilbronn
Beruf/Funktion:
  • Prof. am Karls-Gymnasium Heilbronn, Genealoge
Kurzbiografie: 1869-1877 Gymnasium Heilbronn mit Abiturabschluß
1877 Konkursprüfung und Student im Evangelischen Stift in Tübingen
1879 Dispensation vom Theologiestudium und Studium der Philologie
1881/82 Präzeptoratsexamen
1881 Hilfslehrer am Gymnasium Tübingen
1882 Präzeptoratsverweser an der Latein- und Realschule Hohenheim
1884 Präzeptor an der Lateinschule Calw
1885 Präzeptor an Klasse III des Lyceums Esslingen
1888/89 Professoratsexamen
1893 Oberpräzeptor an Klasse IV
1898 Prof. am Karls-Gymnasium Heilbronn, Hauptlehrer an der Oberstufe für Latein, Griechisch und Hebräisch, zugleich Bibliothekar ebda.
1919 nachdem er vor dem Krieg Mitglied der Nationalliberalen Partei war, Vorsitzender der Heilbronner Bürgerpartei, als solcher in den Gemeinderat gewählt
1924 Ruhestand als Studienrat
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 30.8.1892 (Markgröningen) Antonie Johanne Friederike, geb. Zeller (geb. 28.9.1868, gest. 8.3.1943), Tochter von Christian Zeller, Seminarrektor in Markgröningen, und Käthe Roth
Eltern: Vater: Heinrich Friedrich Ernst Max Cramer (1827-1914), Apotheker in Stockach, Agent in Heilbronn
Mutter: Marie, geb. Klett (1829-1917)
Geschwister: Georg (1855-1889), Kaufmann in Leipzig und Chicago
Emma (geb. 1856), verheiratet mit Lukas Pregizer (1850-1925), Landgerichtsdirektor in Schwäbisch Hall
Heinrich (1862-1885), Präzeptor in Aalen
Theodor (1864-1934), Buchhändler in Heilbronn, verheiratet mit Clara Faber
Kinder: Max (1894-1966), Buchhändler
Ernst (1895-1964), Rechtsanwalt
Emma (1899-1991), Fürsorgerin
Wolfgang (1901-1959), Pfarrer
Hans (1904-45), Kaufmann
Marie-Käthe (1909-1944), Apothekerin
GND-ID: GND/122852427

Biografie: Herbert Leube (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 42-44

Die Familie Cramer stammt aus dem Dorf Finsterbergen im Thüringer Wald südlich Gotha. Georg, Großvater von Cramer, starb als Oberzollinspektor in Freiburg. Der Vater Max war zunächst Apotheker in Kippenheim bei Lahr und Stockach am Bodensee, zog dann, um die höhere Schulbildung der Kinder zu ermöglichen, als Kolonialwaren- und Versicherungsagent nach Heilbronn, der Heimat seiner Frau aus der alteingesessenen Familie Klett. Cramer besuchte das Heilbronner Gymnasium und erhielt nach abgelegter Konkursprüfung in Tübingen als Student einen Freiplatz im Theologischen Stift. Dispensiert vom Theologiestudium widmete er sich seiner Neigung entsprechend der Philologie mit Schwerpunkt der alten Sprachen. Daneben beschäftigte er sich intensiv mit Sanskrit, Englisch und Geschichte. Abschluß des Studiums in Tübingen bildete 1881/82 das Präzeptoratsexamen. Nach Stationen als Präzeptoratsverweser in Hohenheim, Präzeptor in Calw und Esslingen legte er 1888/89 das Professoratsexamen ab und erhielt 1893 den Titel Oberpräzeptor.
Nach zahlreichen Bewerbungen im ganzen Land wurde er 1898 auf eine Professorenstelle an der oberen Abteilung des Karls-Gymnasiums seiner Heimatstadt Heilbronn (heute Theodor-Heuss-Gymnasium) als Hauptlehrer für Latein, Griechisch und Hebräisch ernannt, die er bis zu seiner Pensionierung 1924 inne hatte. Zugleich versah er fast 20 Jahre lang ehrenamtlich die Stelle des Bibliothekars. Der von ihm geschaffene Katalog der über 10 000 Bände fassenden Bibliothek, die allerdings im Zweiten Weltkrieg vollständig vernichtet wurde, legt Zeugnis ab von der Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit, die allezeit seine Tätigkeit ausgezeichnet haben. Seine Laufbahn als Lehrer war gekennzeichnet durch Strenge, unbedingte Wahrheitsliebe, durch Pflichttreue und Einsatzbereitschaft. Er forderte von seinen Schülern gewissenhafte Sachlichkeit und exaktes Denken. Daneben blieben immer sein unerschütterlicher Humor, seine Wärme und Herzlichkeit sichtbar; so blieb er bei vielen Schülern in dankbarem Andenken – Theodor Heuss gehörte dazu.
Von seinen Standesgenossen wurde er ebenso geschätzt. Besonders jüngeren Kollegen war er ein uneigennütziger Berater und Freund. Ein Denkmal seiner Verbundenheit mit dem Lehrerstand hat er sich durch sein Werk „Württembergs Lehranstalten und Lehrer“ gesetzt, das in sieben Auflagen zum unentbehrlichen Handbuch wurde. 1907 gründete er mit anderen die „Vereinigung ehemaliger Heilbronner Obergymnasiasten“. Dafür legte er ein Verzeichnis aller aus dem Heilbronner Obergymnasium hervorgegangenen Kriegsteilnehmer 1914/18 an.
Bereits vor dem Krieg trat Cramer der Deutschen Nationalliberalen Partei bei; 1919 wurde er nach der Neugliederung des Parteiwesens Vorsitzender der konservativen Heilbronner Bürgerpartei und als solcher in den Gemeinderat gewählt. Für die Landtagswahl 1920 war er als Kandidat aufgestellt.
Das aktive Erleben einer intensiv gepflegten Familientradition führte Cramer zur Genealogie, und das Interesse an diesem Zweig der historischen Wissenschaft ließ ihn sein ganzes Leben nicht los. Bereits seit 1883 begann er Daten zu über 1000 Klett-Familien zusammenzutragen. Im Laufe der Jahrzehnte schuf er dann mit unendlichem Fleiß und sicherer Beherrschung des Stoffes, unterstützt durch ein ausgezeichnetes Gedächtnis, ein Archiv der Familienforschung, das noch heute eine unerschöpfliche Wissensquelle für Genealogen darstellt. Seinen sorgfältigen Notizen zufolge hat er die Kirchenbücher von 268 württembergischen und 47 außerwürttembergischen Gemeinden ausgewertet und daraus, ergänzt durch die Familiennachrichten der wichtigsten Tageszeitungen, Daten von über 150 000 Familien in einer Zettelkartei (leider überwiegend in Gabelsberger Kurzschrift) erfasst. Daraus stellte er 94 Bände mit Genealogien schwäbischer Familien zusammen. Ganz logisch bearbeitete er bei all seinen Forschungen – damals nicht selbstverständlich – weibliche und männliche Familien in gleicher Weise und konzentrierte sich nie allein auf den Mannesstamm. In vorbildlicher Uneigennützigkeit gab er jederzeit aus dem immensen Fundus seiner Sammlungen Rat und Auskunft. Einen Schwerpunkt bildeten Pfarrerfamilien. Sein Enkel Max Adolf Cramer konnte daraus bei der Erarbeitung der Daten und Herausgabe der württembergischen Pfarrerbücher großen Nutzen ziehen. Die von Cramer im Verlauf von 40 Jahren im Druck herausgegebenen Familiengeschichten beleuchten nur einen kleinen Ausschnitt seiner genealogischen Arbeiten. Ein Namenregister, das er 1922 zu den 150 von Faber gesammelten Genealogien zu württembergischen Familienstiftungen, auch der damals noch ungedruckten, anlegte, machte diese erst richtig brauchbar.
Cramer war 1901 Mitbegründer des Familienkundlichen Vereins Roland in Dresden und 1920 des Vereins für württembergische Familienkunde, dessen Ehrenmitglied er wurde. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn mit Karl Kiefer, dem Begründer und Herausgeber der Frankfurter Blätter für Familiengeschichte.
Neben Beruf und Genealogie war Cramer ein großer Freund der Geselligkeit und des Gesangs, so war er Mitglied des Gabelsberger Stenographenvereins (1878), des Calwer und Esslinger Liederkranzes (1885), des Deutschen Radfahrerbundes (1892), des Stuttgarter Liederkranzes (1892) und des Schwäbischen Albvereins (1897). Reisen zu Sängerfesten führten bis nach Berlin und Mailand.
In einem Nachruf wurde Cramer der „geborene Systematiker des sammelnden und ordnenden Fleißes“ genannt. Seine Sammlungen befinden sich heute im Archiv der Werner-Zeller-Stiftung für gesellschaftsbezogene Familienforschung in Leonberg. Seine Tochter Emma brachte ihr Vermögen in Erinnerung an ihren Vater in eine Stiftung ein, die genealogische und verwandte Forschungen im weiteren Sinne unterstützen soll.
Quellen: PA im StAL; Archiv Werner-Zeller-Stiftung Leonberg.
Werke: (nach Deutsches Geschlechterbuch 146, 168, u. a.): Württembergs Lehranstalten und Lehrer 1886, 7. Aufl. 1925; Stammbaum der Familie Klett, 1889, 2. Aufl. 1926; Familie Duttenhofer, Stammbaum und Voreltern, 1901; Der Dichter Mörike, ein Nachkomme Luthers?, in: Wellers Archiv für Stamm- und Wappenkunde 2 (1901/2); Heilbronner Familien, in: Wiss. Beil. zum Jahresbericht des Karlsgymnasiums Heilbronn 1903, 1-60; Die Bibliotheken der höheren Lehranstalten, in: Korr.blatt für die höheren Schulen Württembergs, 1906; Bücherverzeichnis der Lehrer-Bibliothek des Karlsgymnasiums Heilbronn, in: Beil. zu den Jahresberichten 1908 und 1911 (10.000 Bde., im Zweiten Weltkrieg zerstört); Stammbaum und Ahnentafel der Familie Cramer, in: Frankfurter Blätter für Familiengeschichte 5 (1912), 24-27 und 158; 32-stellige Ahnentafel der Familie Zeller, in: ebda. 5 (1912), 181; Ahnentafel der Kinder von Johann Valentin Andreä, ebda. 5 (1912), 182; Die Heimat der Familie Uhland mit Ahnentafel, ebda. 6 (1913), 1-4; 32-stellige Ahnentafel der Familie Faber, ebda. 6 (1913), 5; 32-stellige Ahnentafel der Familie Werner, ebda. 6 (1913), 14; Ahnentafel der Familie Pregizer, ebda. 6 (1913), 42; 32-stellige Ahnentafel der Familie Lechler, ebda. 6 (1913), 186; 32-stellige Ahnentafel der Familie Buttersack, ebda. 7 (1914), 62, 86-94 (mit Karl Kiefer); Namenregister zu den Württ. Familienstiftungen von Ferd. Fr. Faber, 1922; Zellerbuch, Stammbaum der Familie Zeller aus Martinszell, 1927; Faberbuch, Familie Faber aus Höfingen, 1929.
Nachweis: Bildnachweise: 50 Jahre Familienforschung in Südwestdeutschland (vgl. Lit.), 16.

Literatur: Bl. Württ. Familienkunde 5 (1933), 77; Familiengeschichtliche Blätter 31 (1933), 97; 50 Jahre Familienforschung in Südwestdeutschland, FS Verein für Familien- und Wappenkunde in Württemberg und Baden, 1971, 16; Nachrichten des Martinszeller Verbands 21 (1993), 14-18 (Max Adolf Cramer); zur Familiengeschichte: Deutsches Geschlechterbuch 146 (1968), 149-182 (Emma Cramer); Gerhard Zeller, Nachfahren der Familie Zeller aus Martinszell, 1995, 206-217.
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