Prager Friede (1635)

von Amelie Bieg

Ausschnitt aus einem Panorama der Stadt Prag von 1606, hg. vom Prager städtischen Museum, um 1890 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS M 703 R2N1]
Ausschnitt aus einem Panorama der Stadt Prag von 1606, hg. vom Prager städtischen Museum, um 1890 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS M 703 R2N1]

Der Prager Friede wurde am 30. Mai 1635 zwischen Kaiser Ferdinand II. und dem sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. geschlossen, als nach der Schlacht bei Nördlingen die schwedische Vormachtstellung im Reich zugunsten des Kaisers gebrochen worden war. „Der Sieg bei Nördlingen erlaubte ihm endlich, aus jener Position der Stärke heraus zu verhandeln, die notwendig war, um Zugeständnisse zu vermeiden, die als Schwäche erscheinen würden“ [1].

Aufgrund des Wiedererstarkens des Kaisers sah sich Kursachsen zu Verhandlungen mit diesem genötigt. Das Resultat, die Pirnaer Noteln vom November 1634, wurde zur Basis der Bestimmungen des Prager Friedens von 1635. Kaiser Ferdinand II. verfolgte damit mehrere Ziele: „Zum einen sollte das Reich im Innern durch eine konfessions- und verfassungspolitische Verständigung eine funktionsfähige Ordnung zurückerhalten, zum anderen sollte der Frieden die militärischen Voraussetzungen schaffen, um die fremden Kronen Schweden und Frankreich, nötigenfalls mit Gewalt, zum Rückzug aus dem Reich zu bewegen.“ [2]

Der Prager Friede verbot alle Bündnisse und Vereinigungen der Reichsstände, wie die Katholische Liga oder den Heilbronner Bund. Einzig der Kurverein und die Reichskreise sollten bestehen bleiben – ein Umstand, der auf das Ziel einer gemeinsamen Führung des Reiches durch Kaiser und Kurfürsten hinweist. Detaillierte militärische Bestimmungen sahen eine Reichsarmee von 78.000-80.000 Mann unter der Führung des Kaisers vor, die in zwei Heeresteile unter Erzherzog Ferdinand und Kurfürst Johann Georg aufgeteilt werden sollte. Damit wurde das Reich in zwei militärische Einflussgebiete aufgeteilt: Der Süden sollte unter kaiserlich-bayerische, der Norden dagegen unter kursächsische Zuständigkeit gestellt werden. Auch die bestehenden Konfessionsstreitigkeiten, wie der Umgang mit den nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 säkularisierten Kirchengütern, wurden geregelt. Hierfür wurde eine auf vierzig Jahre befristete Normaljahresregelung mit dem Stichtag 12. November 1627 getroffen, sodass diejenigen Verhältnisse, welche zu diesem Zeitpunkt gegeben waren, wiederhergestellt werden mussten. Damit war das Restitutionsedikt von 1629 hinfällig. Von dieser Regelung ausgenommen waren Böhmen und die habsburgischen Erblande. Die Idee einer Normaljahres- und Ausnahmeregelung für Habsburg wurde im Westfälischen Frieden 1648 wieder aufgegriffen. Die Reformierten im Reich wurden im Prager Frieden dagegen nicht berücksichtigt.

Der Prager Friede forderte die übrigen Reichsstände zum Beitritt auf und versprach ihnen in diesem Fall Amnestie. Nahezu alle katholischen (mit Ausnahme von Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg) und zahlreiche protestantische Reichsstände, wie beispielsweise Brandenburg, nutzten diese Möglichkeit. Jedoch waren auch Reichsstände (wie Herzog Eberhard III. von Württemberg, Markgraf Friedrich V. von Baden-Durlach oder Georg Friedrich von Hohenlohe-Neuenstein-Weikersheim) aufgrund ihrer Kollaboration mit Schweden von der Amnestie auf Betreiben Kaiser Ferdinands II. ausgenommen. Hessen-Kassel verweigerte unter anderem aufgrund des Ausschlusses der Reformierten vom Frieden seinen Anschluss und wurde nach militärischen Auseinandersetzungen mit den kaiserlichen Truppen mit der Reichsacht belegt.

Durch den Ausschluss zahlreicher Reichsstände vom Prager Frieden wurde die Absicht, diesen zur Grundlage eines allgemeinen Friedens zu machen, konterkariert. Das Vorhaben des Kaisers und Kursachsens, diesen Friedensschluss als Grundlage für einen Frieden mit Schweden und Frankreich zu nutzen, stieß allerdings auf deren Ablehnung. Damit scheiterte das Ziel Kaiser Ferdinands II. – und nach dessen Tod im Februar 1637 auch Kaiser Ferdinands III. – einer Vertreibung der ausländischen Heere aus dem Reich infolge einer Einigung der Reichsstände. Das Scheitern des Prager Friedens machte deutlich, dass ein allgemeiner Friedensschluss nur durch die Einbeziehung der ausländischen Mächte möglich war.

Anmerkungen

[1] Wilson: Der Dreißigjährige Krieg, S. 668
[2] Kampmann: Europa und das Reich, S. 111

Literatur in Auswahl:

  • Arndt, Johannes, Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648 (Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 18642), Ditzingen 42018, hier S. 124-127.
  • Kampmann, Christoph Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts, Stuttgart 2008, hier S. 103-127.
  • Neuburger, Andreas, Konfessionskonflikt und Kriegsbeendigung im Schwäbischen Reichskreis. Württemberg und die katholischen Reichsstände im Südwesten vom Prager Frieden bis zum Westfälischen Frieden (1635-1651) (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landekunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, Bd. 181), Stuttgart 2001, S. 38-46.
  • Quaasdorf, Friedrich, Der Prager Friede von 1635 im Spiegel der zeitgenössischen Publizistik, in: Historisches Jahrbuch 135 (2015), S. 255-306.
  • Wilson, Peter H., Der Dreißigjährige Krieg. Eine europäische Tragödie, Darmstadt 2017, S. 668-680.

 

Zitierhinweis: Amelie Bieg, Prager Friede, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 25.08.2022

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