Die Reichsklöster im Dreißigjährigen Krieg

von Lea Schneider

Die Benediktinerabtei Weingarten um 1620 [Quelle: Landesarchiv BW, Fotosammlung des Landesdenkmalamts, HStAS EL 228 a III Nr 3120]
Die Benediktinerabtei Weingarten um 1620 [Quelle: Landesarchiv BW, Fotosammlung des Landesdenkmalamts, HStAS EL 228 a III Nr 3120]

Reichsklöster hatten einen reichsunmittelbaren Status, das heißt, dass sie direkt dem Kaiser unterstellt waren. Die Reichsprälaten gehörten zum sogenannten Fürstenrat, der wie der Kurfürstenrat und der Städterat eine Kurie des Reichstags bildete. Im Unterschied zu den mit Einzelstimmen ausgestatteten Fürsten (und entsprechend der Vertretung der reichsunmittelbaren Grafen) verfügten die Schwäbischen Reichsprälaten im Fürstenrat über eine Sammelstimme. Die Vertretung der Reichsprälaten auf dem Reichstag setzte sich daher aus dem schwäbischen Reichsprälatenkollegium, das allein aus den oberschwäbischen Reichsstiften gebildet wurde und den Zisterzienserorden Salem, die Benediktinerorden Weingarten, Elchingen und Ochsenhausen sowie die Prämonstratenserorden Rot an der Rot, Weißenau, Schussenried und Obermarchtal umfasste, und seit 1653 zusätzlich aus dem rheinischen Kollegium zusammen. Das Gewicht der Reichsprälaten innerhalb des Reichstags war jedoch nur gering. Das schwäbische Kollegium schickte zudem seit 1555 den Abt des Klosters Weingarten als Vertreter auf die Reichsdeputationen.

Einen wesentlich größeren Einfluss als auf Reichsebene hatten die Reichsklöster innerhalb des Schwäbischen Kreises, den sie vor allem für die Wahrung ihrer Interessen und Besitzverhältnisse zu nutzen suchten. Hier verfügte jedes Kloster über ein eigenes Stimmrecht. Trotz dieses Einflusses gelang es auch den Reichsprälaturen nicht, den Dreißigjährigen Krieg ohne Schäden zu überstehen.

Durch das 1629 erlassene Restitutionsedikt war es den Reichsprälaten möglich geworden, die nach der Reformation aufgelösten württembergischen Klöster mit Konventsmitgliedern wieder neu zu besetzen. Obwohl die eigentlichen kriegerischen Auseinandersetzungen im Süden erst 1632 begannen, hatten die Klöster und ihr Umland schon zuvor unter Einquartierungen, Kontributionszahlungen und Requisitionen zu leiden – das Kloster Weingarten bereits seit 1619.

Auch wenn die schwäbischen Reichsprälaten als Mitglied der Katholischen Liga auch Beitragszahlungen leisteten, blieben sie von diesen Kriegsbelastungen nicht verschont. Lediglich der Freikauf von Einquartierungen gegen eine beträchtliche Summe wurde von einigen Klöstern in Anspruch genommen. Hinzu kamen Teuerungen der Kipper- und Wipperzeit sowie Pestausbrüche.

Durch den Vorstoß der Schweden nach Süden verschärfte sich die Lage weiter. Neben Truppendurchzügen und Kontributionszahlungen mussten die Klöster wiederholt Plünderungen, Zerstörungen und Brandstiftungen erdulden – sowohl von protestantischen wie von katholischen Heeren. Viele Äbte und Mönche flohen aus ihren Heimatklöstern. Für die Benediktiner sind besonders die in der Schweiz gelegenen Klöster St. Gallen, Einsiedeln und Rheinau als Anlaufstellen anzuführen. Mönche des Klosters Weingarten suchten Zuflucht in Vorarlberg. Die Zisterzienser des Klosters Salem konnten sich und die Klosterschätze in die etwa zwei Stunden entfernten eigenen Höfe in Konstanz und vor allem Überlingen retten.

Die Klöster waren durch die Kriegsauswirkungen derart wirtschaftlich geschwächt, dass einige Konvente sogar kurzzeitig aufgelöst wurden, wie beispielsweise das Zisterzienserinnenkloster Rottenmünster im Frühjahr 1638. Auch das Kloster Salem wurde im Januar 1642 praktisch aufgelöst. Nur zwei Patres verblieben dort. Spätestens 1646 waren die Mitglieder des Salemer Konvents wieder zurückgekehrt. Doch als Schweden von dem Kloster unter Androhung von Brandschatzung 30.000 Gulden forderte, waren die Mönche erneut gezwungen, das Kloster zu verlassen. Von der Brandschatzung wurde abgesehen; aus dem Kloster war nichts zu holen. Das Kloster Schussenried hatte in dieser Hinsicht weniger Glück. Nachdem durchziehende schwedische Truppen nichts zu plündern vorfanden, wurden die Klostergebäude am 13. Januar 1647 in Brand gesteckt.

Am Ende des Krieges waren die Klöster ausgeplündert, verschuldet und vielfach beschädigt. Auch das klösterliche Umland mit seiner Bevölkerung hatte stark gelitten. Nach dem Friedensschluss 1648 sahen sich die meisten Konvente genötigt, Besitzungen zu veräußern, um ihre Schulden zu tilgen und den Wiederaufbau der Klosteranlagen leisten zu können. Der Westfälische Friedensschluss hob das Restitutionsedikt wieder auf und legte das Jahr 1624 zum Maßstab aller – und somit auch der klösterlichen – Besitzverhältnisse fest.

Adam Adami, der als Gesandter zu den Friedensverhandlungen geschickt worden war und die klösterlichen Interessen vertreten sollte, konnte nicht viel für die Klöster erreichen. Auch der Protest des Prälatenkollegiums gegen die Beschlüsse blieb ohne Erfolg. Die nach 1629 von den Reichsprälaturen wiederbesiedelten Klöster mussten nun endgültig wieder geräumt werden.

Die Bibliothek des Klosters Weingarten stellt als Profiteur des Krieges einen Ausnahmefall dar: Im Juni 1630 kaufte Weingarten die Konstanzer Dombibliothek auf. Dadurch gelangten etwas mehr als 900 Schriften, darunter Italafragmente aus dem 5. Jahrhundert, nach Weingarten. Eine weitere Vergrößerung der Klosterbibliothek erfolgte nach dem Westfälischen Frieden: Die Weingartner Mönche übernahmen in Folge des Restitutionsediktes 1630 die Neubesetzung des Klosters Blaubeuren, welches 1562 in eine evangelische Klosterschule verwandelt worden war. Nach dem Friedensschluss 1648 mussten die Mönche nach Weingarten zurückkehren und nahmen einen Teil der Blaubeurer Bibliothek einfach in ihr Heimatkloster mit.

Trotzdem ging der Dreißigjährige Krieg nicht ohne Verluste für den Bibliotheksbestand vorüber. Bei der Flucht der Mönche vor den Schweden im Juli 1643 nach Bregenz wurde ein Teil der Bibliothek mitgenommen. Der Tross wurde aber von schwedischen Truppen in Langenau überfallen und die Bücher geraubt. Trotz dieses Verlustes erlebte die Bibliothek des Klosters Weingarten im Gegensatz zu anderen Klosterbibliotheken während des Krieges und in der Folgezeit eine Bereicherung, zumal der Bestand 1654 durch eine Stiftung erneut erweitert wurde.

Literatur in Auswahl

  • Beck, Otto, Die Reichsabtei Heggbach. Kloster – Konvent – Ordensleben. Ein Beitrag zur Geschichte der Zisterzienserinnen, Sigmaringen 1980.
  • Beck, Paul/Rueß, Bernhard, Beiträge zur Geschichte Schussenrieds, Bad Buchau 1981.
  • Dillmann, Erika/Schulz, Hans-Jürgen, Salem. Geschichte und Gegenwart, Salem 1989.
  • Hadry, Sarah, Reichsprälatenkollegium, publiziert am 13.11.2008; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Reichsprälatenkollegium (aufgerufen am 10.10.2019).
  • Hoppenstedt, Felicitas, Salem im Dreißigjährigen Krieg. Tagebuchblätter eines Paters, in: Oberländer Chronik 65 (1952), S. 3.
  • Kaspar, Siegfried, Kloster Weingarten im Dreißigjährigen Krieg, Köln 1960.
  • Reichenmiller, Margareta, Das ehemalige Reichsstift und Zisterziensernonnenkloster Rottenmünster. Studien zur Grundherrschaft, Gerichts- und Landesherrschaft, Stuttgart 1964.
  • Salem. 850 Jahre Reichsabtei und Schloss, hg. von Reinhard Schneider, Konstanz 1984.
  • Schreiner, Klaus, Benediktinisches Mönchtum in der Geschichte Südwestdeutschlands, in: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg, bearb. von Franz Quarthal, St. Ottilien 1987, S. 23-114.
  • Spahr, Gebhard, Weingarten 1056-1956. Festschrift zur 900-Jahr-Feier des Klosters 1056-1956, Weingarten 1956.

Zitierhinweis: Lea Schneider, Die Reichsklöster im Dreißigjährigen Krieg, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 08.11.2023.

 

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