Zur Ermordung von Gustav Landauer am 2. Mai 1919

Sensationeller Fund im Generallandesarchiv Karlsruhe

Urteil gegen einen der Mörder Gustav Landauers, den Unteroffizier Eugen Digele, vom 19. März 1920, Vorlage: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 10, Nr. 2520, Bl. 50r
Urteil gegen einen der Mörder Gustav Landauers, den Unteroffizier Eugen Digele, vom 19. März 1920, Vorlage: Landesarchiv BW, GLAK 456 F 10, Nr. 2520, Bl. 50r; zur Vergrößerung klicken

Der am 7. April 1870 in Karlsruhe geborene Schriftsteller, Anarchist und Pazifist Gustav Landauer wurde bei der gewaltsamen Niederschlagung der Münchner Räterepublik durch Regierungstruppen vor 100 Jahren am 2. Mai 1919 im Gefängnis Stadelheim brutal umgebracht. Bei der Darstellung der Ermordung Gustav Landauers stützte sich die historische Forschung bisher weitgehend auf damalige Zeitungsberichte, einen Brief Ernst Tollers an Maximilian Harden von 1920 sowie in erster Linie auf eine Denkschrift des bayerischen Justizministeriums von 1922, deren Inhalt der Publizist und Pazifist Emil Julius Gumbel in seiner 1924 herausgegebenen Denkschrift des Reichsjustizministers zu »Vier Jahre politi- scher Mord« und in der Weltbühne, Jg. 20, Nr. 7 vom 14. Februar 1924, mitteilte.

Dort wird beschrieben, wie der Ulan Eugen Digele einen von mehreren Schüssen auf den bereits schwer verletzten Landauer abgab und dem Toten dann seine Uhr stahl. Für diese Tat wurde Digele am 19. März 1920 vom Gericht des Auflösungsstabes 56 (29. Infanterie-Division) in Freiburg im Breisgau zu einer Gefängnisstrafe von fünf Wochen wegen gefährlicher Körperverletzung und Hehlerei verurteilt, von der Anklage des Totschlags jedoch freigesprochen. Die Freiburger Tageszeitung Volkswacht berichtete darüber am 22. und 23. März 1920.

Bei der Erschließung des Badischen XIV. Armeekorps konnten nun drei bislang unbekannte Strafakten zu Eugen Digele (geboren am 3. März 1893 in Schwäbisch Hall, 1. Eskadron des 1. Württembergischen Freiwilligen Regiments Abteilung Haas) aufgefunden werden, in denen minutiös über die Untersuchung des Verbrechens, die Rekonstruktion des Tathergangs und die nachfolgende Gerichtsverhandlung berichtet wird. So werden neue Details sichtbar, die der Forschung bisher verborgen geblieben waren und das Bild über Landauers Tod substanziell ergänzen.

Rainer Brüning (Text) und Manfred Hennhöfer (Erschließung)

Quelle: Archivnachrichten 58 (2019), S. 43

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