Dichtung und Wirklichkeit: Zum 100. Todesjahr der ersten Königin Rumäniens

Königin Elisabeth von Rumänien im Jahr 1894. Lithographie von A. J. Falcoyano. Vorlage: Landesarchiv Ba-Wü, StAS FAS Ef 82 G
Königin Elisabeth von Rumänien im Jahr 1894. Lithographie von A. J. Falcoyano. Vorlage: Landesarchiv BW, StAS FAS Ef 82 G

Die Braut, die Fürst Carol von Rumänien am 15. November 1869 zum Traualtar führte, war beinahe 26 Jahre alt, für die damalige Zeit ein recht reifes Alter. Doch beide Brautleute hatten zuvor schon einige Eheverbindungen in Aussicht gehabt. Die Braut, Elisabeth zu Wied, war sogar im Gespräch als Gemahlin für den britischen Thronfolger Edward, danach für dessen Bruder Alfred gewesen. Auch für den jungen Fürsten von Rumänien war es nicht leicht, eine standesgemäße Gattin zu finden. Denn der rumänische Thron galt als ein unsicherer, war doch Carols Vorgänger drei Jahre zuvor gestürzt worden.

Die Hochzeit fand in Neuwied, der Heimat der Braut, statt und wurde sowohl nach evangelischem wie auch katholischem Ritus zelebriert. Allerdings war dabei von einer Trauungsaffäre die Rede. Denn der Neuwieder katholische Pfarrer durfte auf Weisung seines Bischofs die Trauung nicht vollziehen, da gemäß der rumänischen Verfassung, die der aus dem katholischen Fürstenhaus Hohenzollern stammende Fürst unterzeichnet hatte, die zu erwartenden Kinder im orthodoxen Glauben erzogen werden sollten. Die katholische Trauung zelebrierte schließlich ein Militärgeistlicher.

Dem Paar wurde nur eine Tochter geboren, die im Kleinkindalter starb. Den Verlust des einzigen Kindes und die zahlreichen erlittenen Fehlgeburten verarbeitete Elisabeth zu Wied, seit 1881 Königin von Rumänien, in einer Vielzahl von Gedichten und literarischen Werken, die sie meist unter dem Pseudonym Carmen Sylva veröffentlichte. Für ihr literarisches Werk erhielt sie internationale Anerkennung, für den Aphorismenband Les pensées d’une reine 1888 sogar den Prix Botta der Académie française. Neben eigenen Werken widmete sich die Königin Übersetzungsarbeiten. Auf literarischem Gebiet verband sie eine Freundschaft zu Kaiserin Elisabeth von Österreich. Doch stellte die Königin ihre literarische Arbeit in den Dienst der rumänischen Monarchie und unterstützte damit die Ziele des Königs, das Land zu modernisieren. Ein immer wiederkehrendes Thema in ihrem Werk ist daher Pflicht. Sie zog renommierte Künstler wie Dora Hitz, August Bungert oder Pierre Loti an ihren Hof und förderte junge Talente wie George Enescu.

Nachdem Carols Neffe Ferdinand von Hohenzollern zum Kronprinzen ernannt und nach Rumänien übergesiedelt war, versuchte Elisabeth dessen Neigung zu ihrer rumänischen Ehrendame Elena Vacarescu zu fördern und veranlasste sogar die Verlobung der beiden. Allerdings war verfassungsgemäß eine Ehe des Thronfolgers mit einem Landeskind nicht statthaft, und so löste Ferdinand die Verlobung. Zwischen Königin und König kam es deshalb zum Zerwürfnis. Elisabeth verließ für drei Jahre das Land. Erst 1894, im Jahr ihrer Silberhochzeit, kehrte sie in ihr geliebtes Rumänien zurück. Mit dem Tod Carols am 10. Oktober 1914 endete die nicht immer einfache Beziehung zwischen dem nüchternen Staatsmann und der romantischen Dichterin. Elisabeth verstarb am 2. März 1916. Beide liegen in der Kathedrale in Curtea de Arge begraben.

 Birgit Meyenberg

Quelle: Archivnachrichten 52 (2016), S.12-13.

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