Forsteinrichtungswerke

Von Kai Naumann

Forsteinrichtung Stuppach 1960-1969, Bestandbeschreibung und Karte, (Quelle: Landesarchiv BW, StAL FL 605/6 II Bü 278)
Forsteinrichtung Stuppach 1960-1969, Bestandbeschreibung und Karte, (Quelle: Landesarchiv BW, StAL FL 605/6 II Bü 278)

Definition der Quellengattung

Als Forsteinrichtung wird die in der Regel alle zehn Jahre erfolgende Planung im Forstbetrieb bezeichnet. Dazu werden im Wald Holzvorrat und Zuwachs nach Beständen und Baumarten ermittelt. Auf der Basis dieser Daten werden die Holzernte und andere künftige Maßregeln festgelegt, was eine nachhaltige Forstwirtschaft ermöglicht. Hierfür stellen die meisten europäischen Staaten seit Beginn des 19. Jahrhunderts normierte Verfahren bereit, die meist aus gebundenen Aktenheften und Karten bestehen. Seit neuestem findet die Forsteinrichtung in Datenbankverfahren statt.

Synonyme sind Taxation, Forsttaxation, Forstabschätzung.

Historische Entwicklung

Titelblatt der Instruktion zur Abschätzung und Einrichtung der Waldungen im Großherzogtum Baden, (Vorlage: Verordnungs-Blatt für die Forst-Polizei-Verwaltung Nr. 10, März 1836)
Titelblatt der Instruktion zur Abschätzung und Einrichtung der Waldungen im Großherzogtum Baden, (Vorlage: Verordnungs-Blatt für die Forst-Polizei-Verwaltung Nr. 10, März 1836)

Die Regulierung der Forstwirtschaft im staatlichen Auftrag war ein Ergebnis der „Holznotdebatte“ des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Die damals vorhandene Holzproduktion in Mitteleuropa galt als zu gering, weshalb den Förstern die Aufgabe zukam, in einer sehr langfristigen Folge von Zehnjahresplänen den Holzbestand zu vermehren. In diesem Rahmen wuchs auch das Adjektiv „nachhaltig“ in seine heutige Bedeutung hinein. Für die Planung wurden eigens Formulare gedruckt, die die künftigen Produktionsmengen über 100 Jahre und länger berücksichtigen sollten. Wegweisend war dabei unter anderem das Badische Forstgesetz von 1833 sowie die daraus folgende „Instruktion zur Abschätzung und Einrichtung der Waldungen im Großherzogthum Baden“.

Aufbau und Inhalt

Forsteinrichtungswerke bestehen aus textlichen Beschreibungen, aus Tabellenformularen und teils aus Karten. Im handschriftlichen Zeitalter sind oft Konzeptfassungen und Reinschriften überliefert. Kern des Forsteinrichtungswerks ist ein Inventar der Waldflächen und eine Planung für die Pflege des Bestands, die Holzentnahme und die Aufforstung. Oft findet sich auch eine textliche Beschreibung des betreffenden Bezirks und seiner Distrikte. Die Forsteinrichtungswerke sind oft als gebundene Bücher oder Hefte angelegt. Seit neuestem findet die Forsteinrichtung in Datenbankverfahren mit Hilfe von (Verweis) Geodaten statt.

Überlieferungslage und ggf. (vor)archivische Bearbeitungsschritte

Forsteinrichtungswerke werden in der Forstverwaltung langfristig gebraucht. Vereinzelt können sich daher auch ältere Forsteinrichtungswerke noch in der Obhut der Forstbehörden befinden. Die Überlieferung zu einem konkreten Waldstück ist leichter zu finden, wenn die Bezirkseinteilung der Forstämter zur betreffenden Zeit bekannt ist. In allen Staatsarchiven Baden-Württembergs findet man Forsteinrichtungswerke, so z.B. im Bestand StA Ludwigsburg FL 605/6 II, in den Beständen der Staatlichen Forstämter StA Freiburg G 895 – G 965; in den Beständen des GLA Karlsruhe, z.B. im Forstamt Adelsheim GLAK 392 Adelsheim etc.

Quellenkritik und Auswertungsmöglichkeiten

Besonders Forsteinrichtungswerke des frühen 19. Jahrhunderts geben auf den einleitenden Seiten Auskunft über Besitz- und Rechtsverhältnisse der größeren Grundbesitzer, was die Lokalgeschichte eines Ortes erhellen kann. In seltenen Fällen können den Einrichtungsunterlagen auch Aktenstücke und Urkunden vor 1800 beiliegen. Die kleinteiligen Beschreibungen der verschiedenen Waldstücke, aber auch die wechselnden Prioritäten der Förster sind für Umwelt- und Landschaftshistoriker von Interesse. Beschreibungen von Nebennutzungen wie Reisigentnahme, Gewinnung von Gerbrinde, Ernte von Pech (Baumharz) oder Seidenraupenzucht bieten Einblick in frühere Gewerbezweige. Die Einrichtungsunterlagen sind oft ergänzt durch kleinräumige Karten mit Einzeichnungen.

Hinweise zur Benutzung

Die Forsteinrichtungswerke sind frei von personenbezogenen Angaben und können 30 Jahre nach ihrer Entstehung genutzt werden. Abkürzungen im Tabellenwerk sind häufig und müssen unter Umständen über zeitlich passende Dienstanweisungen aufgelöst werden.

Literatur

  • Dienstanweisung über Forsteinrichtung in den Domänen-, Gemeinde- und Körperschaftswaldungen des Großherzogtums Baden: Forsteinrichtungsordnung FEO, o.O. [Karlsruhe] 1912.
  • Hölzl, Richard, Umkämpfte Wälder. Die Geschichte einer ökologischen Reform in Deutschland 1760-1860, Frankfurt a.M. 2010.
  • Instruktion zur Abschätzung und Einrichtung der Waldungen im Großherzogtum Baden, in: Verordnungs-Blatt für die Forst-Polizei-Verwaltung Nr. 10 (März 1836).
  • Vorschriften für die Abschätzung und Einrichtung der Staatsforste in Württemberg, Stuttgart 1850.

Zitierhinweis:  Kai Naumann, Forsteinrichtungswerke, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: [...], Stand: 10.3.2017.

 

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