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Frauensache

Protest des Kleinaspacher Pfarr- und Schultheißenamts gegen die Annahme und Beeidigung der geschworenen Frau Hedwig Hornung als Hebamme im Kleinaspacher Ämtlein bei [Groß-]Bottwar, Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 213 Bü 4669

Ein elementarer Bestandteil des Frauenlebens waren schon immer Geburten. Mit der Tätigkeit als Hebamme hatten viele Frauen bereits vor der Einführung von klassischen Frauenberufen Gelegenheit, eine Bezahlung und sogar eine Ausbildung zu bekommen - unabhängig von den Ehemännern und auch für solche aus einfacheren Verhältnissen. Hinweise dazu finden sich in kirchlichen Unterlagen. Die Pfarrgemeinden führten nicht nur Familienregister, sondern erfüllten auch soziale Aufgaben und legten dies schriftlich nieder.   

Aus Kirchenbüchern, Kirchenkonventsprotokollen und Visitationsberichten sind Einzelheiten in verschiedenem Umfang zu entnehmen. Dass das Amt, denn um ein solches handelte es sich, wichtig war, belegt die Tatsache, dass es in den Kirchenbüchern zusätzlich zum Namen der Hebamme aufgeführt ist. Dazu kam die Amtszeit, die sich über mehrere Jahrzehnte erstrecken konnte und die Anzahl der begleiteten Geburten. Neben diesen eher sachlichen Angaben sind in Kirchenkonventsprotokollen und Visitationsberichten Details über Organisation und Praxis enthalten. So standen der Hebammen eines oder mehrere „Geschworene Weiber“ zur Seite. Diese wurden von den Frauen in gebärfähigem Alter gewählt und sorgten dafür, dass die Hebamme nicht die alleinige Verantwortung aber auch nicht die alleinige Gewalt innehatte. Der Stellenwert der Hebammen lässt sich überdies daran erkennen, dass ihre Bezahlung, auch Wartgeld genannt, geregelt war. Dafür musste die Hebamme nicht nur für die Geburt, sondern auch in der Zeit unmittelbar davor und während der Pflege im Wochenbett zur Verfügung stehen. Ferner, da ebenfalls schriftlich festgehalten, wurde auf die Ausbildung geachtet. Es gab den traditionellen Weg des Lernens und Hospitierens bei einer erfahrenen Frau. Erst danach durfte die neue Hebamme selbst anpacken. Zuweilen wird die Unterweisung durch männliches Personal, etwa Chirurgen, empfohlen. Auch wurde von kirchlicher Seite vermerkt, wenn die Hebamme eine amtliche Prüfung vor einem Arzt abgelegt oder ein ärztliches Auswahlverfahren stattgefunden hatte. Überliefert sind Eide, die die Hebamme auf Gott oder die Bibel schwören musste. Zu ihren Pflichten gehörte es, die Geburten, auch uneheliche und totgeborene Kinder, zu melden. Verschiedentlich finden sich Hinweise, dass die Hebammen angehalten wurden Aberglauben zu unterbinden. Daneben wurden in den kirchlichen Unterlagen Konflikte oder fehlerhafte Verhältnisse vermerkt. Dazu zählen die mangelnde Akzeptanz bestimmter Hebammen und die Suche nach Ersatz oder das Nichtvorhandensein des geforderten einwandfreien Leumunds, etwa in Form einer alkoholabhängigen Hebamme. Mit zunehmender staatlicher Organisation wuchs die Professionalisierung des Hebammenwesens, zu der die Einführung zentraler Hebammenschulen und, wie im Königreich Württemberg, eine Dienstanweisung gehörte.

Tipps zum Weiterlesen mit interessanten Quellendarstellungen:

Der obige Text entstand auf Grundlage des Beitrags  von Uwe Heizmann „hat empfangen 1500 Kinder“ – Quellen zu Hebammen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert im Blog Württembergische Kirchengeschichte online (externer Link).

Ergänzende Informationen stammen aus "Storch, Storch, du guter, bring mir au en Bruder! Storch, Storch, du bester, bring mir au a Schwester!" von Judith Maier, online verfügbar in den Heimatkundlichen Blättern für den Kreis Biberach, 20 (1997) Nr. 1, S. 30 – 38 (PDF, externer Link)

http://www.gfh-biberach.de/Hefte/BC-Heimatkundliche-Bl%C3%A4tter-f%C3%BCr-den-Kreis-Biberach/J20H1S30.pdf

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