Die Berwart-Treppe in Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: Spindeltreppe im Schloss, Willy Pragher (Quelle: StAF W 134 Nr. 096693a)

Vom 16. bis ins frühe 19. Jahrhundert war Bad Mergentheim die Residenz der Hoch- und Deutschmeister. Der Theologe Georg Hund von Wenckheim, Hochmeister des Deutschen Ordens zwischen 1566 und 1572, begann die mittelalterliche Wasserburg in Mergentheim zur Residenz auszubauen. Seit der Zeit der Renaissance spielten Treppen im Schlossbau eine wichtige Rolle: Über ihre eigentliche Funktion hinaus waren sie ein wirkungsvolles Element, um fürstliche Schlossbewohner in Szene zu setzen. Die Wendeltreppe mit offener Spindel ist ein besonderes Beispiel dieser Baukunst. Im Jahr 1574 wurde sie vom Baumeister Blasius Berwart fertiggestellt, der ab 1571 mit den Baumaßnahmen in Mergentheim betraut war. Die Treppe wird getragen von gedrehten Säulchen und trägt an der Unterseite ein Pflanzenornament mit Ranken, Tier- und Engelsgestalten. So findet sich dort zum Beispiel ein Einhorn, als Symbol für die Reinheit Marias, oder ein Reichsadler, der für den Reichsstand des Hochmeisters des Deutschen Ordens steht. Viele weitere Vögel, Engelsköpfe, Blumen und Ornamente weisen auf weitere Aspekte des Ordensglaubens hin. Eine weitere Besonderheit ist die an der Decke angebrachte goldene Sonne, die zu sehen ist, wenn man sich unten in die Mitte der Spindel stellt und nach oben schaut. Mehr zur Berwart-Treppe und dem Baumeister Berwart erfahren Sie auf dem Portal der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden Württemberg.

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 Die Hanfbereitung bei Lahr

Die Hanfbereitung bei Lahr. Abbildung aus: Aloys Schreiber: Trachten, Volksfeste und Volksbeschäftigungen im Großherzogtum Baden in XII malerischen Darstellungen und mit historisch-topografischen Notizen, Freiburg 1823. [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK J-L L 1]

Weit mehr als die zumeist von der Obrigkeit geförderten Sonderkulturen holten im 17. und 18. Jahrhundert die Faserpflanzen Flachs und Hanf Geld nach Württemberg und Baden. Flachs wurde damals fast überall dort angebaut, wo der Wein und andere Sonderkulturen nicht gediehen und ein Zwang zur Erschließung zusätzlicher Erwerbsquellen bestand: zumeist in den Tälern des Nord- und Südschwarzwaldes, des Mainhardter und Welzheimer Waldes, der Schwäbischen Alb, an der oberen Jagst, auf den Fildern, in den Donau- und Illerniederungen und im südlichen Oberschwaben. Etwa 1-2 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche innerhalb der Grenzen des späteren Königreichs Württemberg war dem Anbau von Faserpflanzen eingeräumt, wobei der Flachs vorherrschte.

In Baden, in der Ortenau und im Breisgau verlagerte sich der Anbau von Faserpflanzen auf den Hanf, der dank einer immer stärkeren ausländischen Nachfrage bald eine dominierende Stellung einnahm. Flachs, so berichteten die Quellen, würde dort nicht oder nur schlecht geraten. Schon 1735 exportierte Baden-Durlach an erster Stelle Hanf, vor allem nach Holland. Er wurde meist zu Schiffstauen und Segeltüchern verarbeitet, da sich die Faser sehr widerstandsfähig gegenüber Salzwasser erwies und weniger Wasser aufnahm als beispielsweise Baumwolle – Baumwollsegel wurden bei Regen derartig schwer, dass die Masten brechen konnten. Auch Flachsleinen war ein schlechter Ersatz, da es bei Kontakt mit Wasser anders als Leinwand aus Hanf binnen weniger Monate verrottet. Aber auch Kleidung und Papier wurden aus Hanf hergestellt und das aus den Samen gewonnen Öl diente als Brennstoff für Lampen und Rohstoff für Farben.

Doch mit Beginn der Industrialisierung wurde Hanf – wie übrigens viele andere Sonderkulturen auch – vom Markt verdrängt, denn damals konnte man Hanf noch nicht maschinell ernten und brechen. Hanfverarbeitung war Handarbeit, so zeigt es auch die Abbildung aus dem Jahr 1823, und daher aufwendig, mühsam und teuer. Günstigere Rohstoffe wurden entdeckt, die rationeller weiterverarbeitet werden konnten.

In den letzten Jahren kam es jedoch wieder zu einem vermehrten Anbau von Nutzhanf in Baden-Württemberg, da dieser vor allem in der Industrie und im Baugewerbe als alternatives Dämm- und Isoliermaterial zur Ressourcenschonung beitragen kann.

Mehr über den Anbau von Sonderkulturen im 18. Jahrhundert finden Sie auch im Historischen Atlas Baden-Würrtemberg. (JH)

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Archivisch für Anfänger: Hartnäckig hält sich die Vorstellung von Archiven als verliesähnlichen, staubigen und unwirtlichen Orten. Dazu beigetragen hat sicherlich die Tatsache, dass die meist rechtlich relevanten Unterlagen möglichst geschützt vor Feuer, Wasser und anderen zerstörerischen Einflüssen aufbewahrt werden mussten. Vielerorts erfüllten massive, steinerne Türme diesen Zweck. In anderen Fällen wurden hier Verbrecher inhaftiert, was den Ruf derartiger Gemäuer sicherlich nicht besserte. So ist in einer 1842 in Weimar unter dem Titel „Der Archivar und das Archivwesen“ von A. Sinnhold veröffentlichten Schrift zu lesen: „Wir finden allgemein, daß sich mit dem Worte ‚Archiv‘ der Begriff fester, undurchdringlicher Mauern, von spärlichem Licht erhellter, mit Eisenstäben fest verwahrter und mit Eisenthüren verschlossener Gewölbe verbindet. Archive stehen in demselben Rufe der Unheimlichkeit, wie Burgverliese und Verbrecherkerker, in welchen Unken, Ottern, Schlangen, Molche, Kobolde und böse Geister ihr Wesen treiben; […]. Mit scheuer Furcht geht der Unkundige in der Begränzung der Archive vorüber und nicht selten sind stöhnende Klagen, Wehruf, Geisterspuk und Getümmel in Archiven vernommen worden.“ Ein interessantes Beispiel aus der Zeit der Archivtürme befindet sich in Fürfeld, einem Teilort der Gemeinde Bad Rappenau. Zum Schloss, das 1516 in den Besitz der Freiherren von Gemmingen kam, gehören zwei Türme. Einer davon, als Hexenturm bezeichnet, diente vermutlich als Gefängnis, bevor er umgebaut und dem Schlosskomplex angegliedert wurde. Der zweite Turm wurde Mitte des 15. Jh. als Archiv errichtet und mit Sicherheitsvorkehrungen wie eisernen Türen versehen. Das Archiv, das sich in den beiden Obergeschossen des dreistöckigen Gebäude befindet, ist nur vom Schloss aus zugänglich. Das Gesamtensemble und der Archivturm entspricht mit dicken Mauern und lediglich zwei kleinen Fenstern tatsächlich dem eingangs geschilderten Typ. Weitere Beispiele für Archivtürme befinden sich in Öhringen mit dem Spital-Archiv an der Stadtmauer oder Baden-Baden im Neuen Schloss. Etwas später wandelten sich sowohl die Einrichtungen als auch die Darstellung in der Öffentlichkeit. Nun wich das Verlies unendlich erscheinenden Räumen mit deckenhohen Stand- oder Fahrregalen, in denen gedächtsnisstarke Archivwächter bei mehr oder weniger spärlicher Beleuchtung ein klägliches Dasein fristeten.

Inzwischen ist auch das überholt. Moderne Archive sehen sich einerseits mit den wachsenden Datenfluten des digitalen Zeitalters konfrontiert und stehen andererseits als Dienstleister mit multifunktionalen Aufgaben für Wissenschaft, Forschung und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Dabei folgt die Archivarbeit im engeren Sinn nach wie vor allgemeingültigen Vorgaben. Wer einmal hinter die Kulissen schauen und wissen möchte, wie die Arbeit in einem Archiv abläuft, kann das nicht nur bei den Führungsangeboten, die in den Einrichtungen regelmäßig angeboten werden, sondern auch in der Broschüre „Archivisch für Anfänger - 25 Fachbegriffe einfach erklärt“. Das Archivglossar wurde vom Stadtarchiv Koblenz, dem Landeshauptarchiv Rheinland-Pfalz und dem Bundesarchiv erstellt und steht online unter https://bit.ly/3DJlpHV zur Verfügung. Mehr zum Archiv in Fürfeld finden Sie in den Archivnachrichten 48/2014 auf Seite 49 https://bit.ly/3fsfwW2.

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Wir nehmen das Thema beim Wort und machen einen Ausflug über alle Landesgrenzen nach Wien. Die Abbildung von 1780 zeigt die damals als „Schlag-Brücke“ bezeichnete Verbindung von der Leopoldstadt über den heutigen Donaukanal in die Wiener Kernstadt. Die Leopoldstadt, benannt nach Kaiser Leopold I. (1640-1705),  ist bekannt für den Prater, ein ehemaliges herrschaftliches Jagdgebiet, das in der zweiten Hälfte des 18. Jh. als Volksgarten öffentlich zugänglich wurde. Auf dem Bild sind ein Teil der Wiener Stadtbefestigung und der Stephansdom zu erkennen. Auf der anderen Seite befand sich ursprünglich der Unterer Werd, ein Weideland, der die Herden des bis aus Ungarn importierten Schlachtviehs aufnahm. Die Tiere wurden direkt im Bereich der Brücke zerlegt, da sich in der Nähe beim Roten Turm der Fleischmarkt von Wien befand. Darauf bezog sich auch der ursprüngliche Name des Übergangs als „Schlacht-Brücke“. Der Untere Werd blieb für lange Zeit ein von Donauarmen durchzogenes Schwemmland.

Eine andere Bedeutung bekam das Gebiet, als es während der Ersten Wiener Türkenbelagerung 1529 von der osmanischen Armee besetzt wurde. Nach deren Niederlage ließen sich Bürger, die ihre Häuser an der Wiener Stadtmauer verloren hatten, am jenseitigen Ufer nieder. Während der Zweiten Wiener Türkenbelagerung von 1683 ereilte die nun dichter besiedelte Leopoldstadt das gleiche Schicksal. Im 19. Jh. wurde der eingemeindete Bezirk zum bevorzugten Wohngebiet der jüdischen Bevölkerung. Seit der ersten Hälfte des 17. Jh. waren hier Juden ansässig gewesen aber immer wieder vertrieben worden. Zur Zeit der Entstehung des Bilds war die Brücke die einzige Verbindung über die Donau in diesem Bereich. Zu sehen sind neben dem bunten städtischen Treiben die beiden Fahrspuren zur Regelung des Verkehrs und die separaten Fußgängerwege. Später wurde die Brücke in Ferdinandsbrücke umbenannt, heute heißt sie Schwedenbrücke.

Die Ansicht gehört zu einer Sammlung von Kartenmaterial, die die badischen Markgrafen zu militärischen und privaten Zwecken angelegt hatten und die heute im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrt wird. Ein Teil davon deckt Gebiete ab, die in den militärischen Auseinandersetzungen mit den Osamanen im 18. Jh. für den Kaiser erobert wurden. Unter den Oberbefehlshabern befand sich auch der berühmte „Türkenlouis“, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden–Baden (1655-1707). Über Karten, Pläne und Bildmaterial manifestierte sich die Sicht auf die eroberten Gebiete insbesondere entlang der Donau als neuer, zu Europa gehörender Herrschaftsraum. Für die 2017 erstmals gezeigte Wanderausstellung „Fließende Räume - Karten des Donauraums 1650–1800“ wurden einige der Karten digitalisiert, darunter viele Stadtansichten. Der Online-Bestand ist unter https://bit.ly/3ssSlOx einsehbar.

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Aussicht vom Haigst

Der letzte Aussichtspunkt der Wanderung liegt auf dem Haigst. Heute ist der Ausblick ein wenig anders als auf dieser Aufnahme aus dem Jahr 1927[Copyright: Landesmedienzentrum Baden-Württemberg]

Städte entdeckt man am besten zu Fuß. Der Blaustrümpflerweg in Stuttgart, der durch die Stadtteile Heslach und Degerloch führt, bietet die Möglichkeit Stuttgart von seiner schönsten Seite kennenzulernen und Orte zu entdecken, die jenseits der üblichen Attraktionen liegen. Seinen Namen verdankt der Weg einer Sage, nach welcher die Heslacher im Jahr 1519 den vertriebenen württembergischen Herzog Ulrich verraten haben. Nach seiner Rückkehr habe dieser befohlen, alle Heslacher müssten sonntags zur Kirche fortan blaue Strümpfe tragen. Seither haben die Heslacher den Spitznamen "Blaustrümpfler".
Der etwa 7,5 Kilometer lange Rundwanderweg beginnt am Stuttgarter Marienplatz und führt zunächst zur Karlshöhe. Der Bergrücken der Karlshöhe mit seinen Gärten und öffentlichen Grünanlagen liegt zwischen Stuttgart-Süd und Stuttgart-West. Von hier hat man eine schöne Aussicht und kann auf den Stuttgarter Talkessel mit seinen Weinbergen blicken. Die Parkanlage auf der Karlshöhe wurde im 19. Jahrhundert vom Stuttgarter Verschönerungsverein angelegt. Zur Landesgartenschau baute der Stuttgarter Architekt Rolf Gutbrod 1961 eine "Unterstehhalle" mit Milchbar und Terrasse, die später zum Kulturdenkmal wurde. Heute findet sich hier ein Biergarten. Weiter führt der Weg über die Hasenbergsteige. Auch hier gibt es einen Aussichtspunkt, der auf dem Dach eines Wasserbehälters angelegt wurde und von dem man auf den Stuttgarter Westen blicken kann. Über die Ziegelklinge, eine Wohnsiedlung im Bauhausstil beziehungsweise im Stil der Neuen Sachlichkeit, die auch bereits Thema unseres Blogs war, führt der Blaustrümpflerweg zur Stuttgarter Seilbahn. Eine kurze Fahrt später ist man auch schon am Waldfriedhof, der 1913 kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach den Plänen des Stuttgarter Stadtbaudirektors Albert Pantle angelegt wurde. Vorbei am Degerlocher Dornheidefriedhof geht es zum Haigst, der vor allem als Wohngebiet in exklusiver Hanglage bekannt ist und von dem man die beste Aussicht auf die Stuttgarter Innenstadt hat. Eine Fahrt mit der Zacke, der Stuttgarter Zahnradbahn, führt wieder zum Ausgangspunkt der Wanderung. Eine Karte und weitere Informationen zum Blaustrümpflerweg finden Sie hier. Perfekter Begleiter für die Wanderung auf dem Blaustrümpflerweg ist natürlich unsere Landeskunde-App Landauf, Landapp. (JH)
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